Best of Bocki #61 – Ciao Off-Season!
02. November 2020
Et jeht wieder loss! Am Samstag bin ich im Morgengrauen in die neue Trainingsphase gestartet. Der Plan: Den ganzen Tag Radfahren! Dafür hatte ich mir eine 200 Kilometer lange Route rund um den Ruhrpott gebastelt. Ein Erlebnisbericht.
Ohoh! Mein Vorrderrad gerät ins Schlingern. Nur einen Bruchteil später nehme ich eine kleine Rutschpartie über nasses Laub und Asphalt. Klingt vielleicht strange, aber diese eine Sekunde, in der man realisiert, dass es gleich knallt, finde ich irgendwie hammer. Fühlt sich immer an wie ein kleiner Adrenalinvollrausch. Nur danach ist halt meistens echt Scheiße. Nichtsdestotrotz endet hier die 200 Kilometer Tour höchst unspektakulär nach 172 Kilometern irgendwo zwischen Witten und Essen.
Danach das klassische Prozedere. Zu allererst schnell checken, ob das Rad irgendwas abbekommen hat: Puh, Glück gehabt. Nix dran! Ich schüttle mir die Blätter von den Klamotten und stelle nichts schlimmeres fest als ein paar der üblichen Schürfwunden. Schulter, Hüfte, Handfläche. Werden wieder nervige Nächte, denke ich mir beim Gedanken daran, wenn Shorts und Shirts an den siffigen Stellen pappen.
Und das Schlimmste steht mir auch erst noch bevor: Pflaster abziehen, an denen Haare kleben!
Zugegeben. Der Anruf bei Tamara – mit recht gedämpfter Stimme – hätte schlimmeres vermuten lassen können. In sowas bin ich richtig gut. In sowas sind alle Männer richtig gut. Ihr kennt das. Jedenfalls war die Tour hier für mich zu Ende, da ich kein Freund davon bin, nach einem Sturz weiterzufahren. Unabhängig davon wie gut das subjektive Gefühl auch sein mag. Man weiß nie.
Einmal um den Pott!
Zurück auf Anfang. Samstagmorgen, kurz nach halb acht in der Früh. Ich freue mich auf einen ganzen Tag auf dem Rad! Wann war noch gleich die letzte lange Tour? Es ist eine halbe Ewigkeit her. Den letzten 100er habe ich im Trainingslager auf Mallorca verhaftet – im März 2019. Wie gesagt, es wird definitiv wieder Zeit für mehr Sport und Training!
Entsprechend motiviert starte ich die ersten Kilometer gen Duisburg. Flach, windstill. Und im Unterlenker. Unnötig, aber geil. Zum Glück habe ich keine Wattmessung am Gravelbike, die Zahlen wären sicherlich verheißungsvoll. Ich erreiche Dinslaken und haue mir erstmal ein Käsebrötchen rein.
Weiter geht’s. Kurz Oberhausen angeschnitten und dann wird es richtig schäbbig. Gladbeck, Recklinghausen bis hinter Herne. Entweder habe ich richtig Pech mit der Routenführung oder es ist hier wirklich häßlich. Ich denke oft an die Worte von Patrick Dirksmeier, den wir kürzlich in Bochum besucht hatten: Woanders is‘ auch scheiße.
Ich fahre mittlerweile kein Unterlenker mehr, da mein Rücken das offensichtlich nicht mehr gewohnt ist. So ein Schwächling. Merke plötzlich, wie meine Finger extrem warm werden und anfangen zu pochen. Kurz darauf fühlen sich meine Oberschenkel an, als würden zwei rostige Messer drin stecken. Natürlich folgt genau jetzt ein kleiner Anstieg. Bin etwas dizzy, aber auch beruhight als ich beim Blick auf den Garmin feststelle, dass es nur noch vier Kilometer bis zum geplanten Stop bei Kilometer 100 sind.
Aber denkste. Wie oft hat man sich schon vorgenommen bei Kilometer XY eine Pause einzulegen, um etwas zu snacken und aufzutanken? Und wie oft hat das schon exakt funktioniert? Ich erreiche die 100er Marke inmitten irgendeines Ackers mitten im Ruhrpott. Zwischen Weinen und Lachen muss ich weiter. Zwanzig Minuten dauert es, bis ich endlich eine Bäckerei finde. Es sind die längsten zwanzig Minuten meines Lebens.
Ganz im Ernst: Was ist ein Café auf Mallorca oder der Bäcker in Antigua auf Fuerteventura gegen einen Supermarkt-Parkplatz in Dortmund-Husen?
Die Welt ist wieder in Ordnung, nachdem ich die Pause beendet habe. Plötzlich wird’s schön im Pott. Lecko mio, ist das schön! An Unna vorbei geht es zurück nach Dortmund, über das beeindruckende Phoenix-Gelände Richtung Heimat. Meine Beine sind längst durch. Aber ich genieße jede Kurbelumdrehung. Verdammt, ich hab’s vermisst!
In Witten wird es plötzlich noch schöner. Ein Herbsttag wie er im Buche steht. Erinnerungen flammen auf, als ich die Strecke wiedererkenne: Hier habe ich 2008 mal ein Rennen im NRW-Nachwuchscup gewonnen und war stolz wie Bolle. Was wohl die ganzen alten Wittener-Jungs mittlerweile treiben? Domi, Jens, Basti, waren lustige Zeiten im Landeskader damals.
Dass im Kader auch Pott gesprochen wurde, kann ich nur durch eine Überlieferung bestätigen. Die Jungs erlebten in einem Trainingslager wohl mal eine Ansage des Trainerteams, das mitten in der Nacht die Athleten zur Ruhe bewegen wollte: „Kehr, Klimasch (war glaube ich der Name des adressierten Athletens)! Halt endlich die Fresse!“ Hier ist sagt man halt, was gesagt werden muss.
Ich cruise am Kemnader See vorbei und freue mich, dass es nur noch 45 Kilometer bis nach Hause sind. Mein Arsch tut mittlerweile sehr weh. Bleibe kurz stehen und schicke eine WhatsApp-Nachricht nach Hause: Wird wohl etwas später. Ursprünglich wurde mir von der Regierung nur bis 16 Uhr Freigang erteilt. Mit all den überlebenswichtigen Pausen und bereits rund 1.000 Höhenmetern auf der Uhr, war diese Uhrzeit längst zur Utopie geworden. Gerne wäre ich schneller geballert, aber ging nicht mehr.
Zuversichtlich setze ich die Fahrt vor. Ich brauche dringend ein Red Bull. Allein der Gedanke verleiht mir Flügel. Nur mit Mühe und Not bekomme ich die Tachonadel noch über 20 km/h, ich komme mir unangenehm langsam vor als ein Mountainbiker an mir vorbeifährt – ohne E-Motor. Kurz bevor die Stimmung kippt, flutscht mir das Vorderrad weg und ich bin an dem Punkt angekommen, wie dieser Blog angefangen hat.
Die Geschichte ist also erzählt. Ich habe der Off-Season Ciao! gesagt, hatte einen hammer Tag auf dem Rad und bin endlich mal wieder motiviert, um ins Training einzusteigen. Gestern gab es noch ein kleines 8 Kilometer-Läufchen und die erste Athletik-Session, die es diesen Monat während unserer Challenge täglich geben wird.
Ich halte euch auf dem Laufenden! Montag ist übrigens immer Ruhetag…
Weiterführende
- Die komplette Tour „Ruhrpott rum“ auf Garmin Connect
- Trainingspläne, Rezepte, Analysen: Komm in den Club!Anzeige
Bock auf strukturiertes Training rund um Schwimmen, Radfahren, Laufen und Triathlon? Auf der Suche nach Rezepten für sportgerechte Ernährung und nach Auswertungstools, die dich wirklich weiterbringen? Dann sagen wir: Willkommen im Pushing Limits Club! Ob Triathlon oder (Rad-)Marathon, ob Einsteiger:in oder Fortgeschritene:r, ob PB oder Party-Pace: Join the club und nutze alle Funktionen die ersten 14 Tage kostenlos!
Hier geht’s direkt zum Pushing Limits Club!
Der Club als App immer griffbereit auf Deinem Smartphone:
Top Tour-Bericht! Ich hoffe die Wunden sind alle mittlerweile verheilt. Habe schon die ganze Zeit eine nette Tour durch´s Ruhrgebiet gesucht.
Und mit Start in Angermund geht das ja glatt 1-zu-1 .
Btw. ich komme geb. aus Gladbeck…….da gibt es auch echt schöne Strecken. Is´ wie immer: Musse halt kennen! 😉
Cheers Chrisse
Danke für den tollen Bericht und die nachhaltige Motivation für mein Training beste Grüße