Daniela Bleymehl im Interview: Von Befreiungsschlägen und WM-Vibes
07. September 2023
Als sechsfache Langdistanz-Siegerin ist Daniela Bleymehl seit Jahren fester Bestandteil der Triathlon-Elite: Wo sie an den Start geht, ist mit ihr zu rechnen. So auch beim Ironman 70.3 Zell am See-Kaprun am Sonntag – der für sie mit einem Sieg endete. Ein Gespräch über Achterbahnfahrten, Nizza und die Zukunft des Sports aus Athletinnen-Perspektive. (Bilder: Sibylle Mazzoni; Text: Lena)
Wenn am kommenden Sonntag die Triathlonwelt anlässlich der Weltmeisterschaft Richtung Nizza blickt, dann tut das auch Daniela Bleymehl – diesmal allerdings von zu Hause aus. Statt selbst im WM-Tunnel zu sein, kann die 35-Jährige quasi „relaxt“ das Rennen der Herren verfolgen. Denn ihr eigenes Saison-Highlight steht mit der Ironman Weltmeisterschaft der Damen in Hawaii in wenigen Wochen erst noch bevor. Eine neue Situation für die seit mehr als zehn Jahren aktive Profi-Triathletin und ihre Mitstreiterinnen: Wie ihre Perspektive auf die sich eben darum drehende Diskussion der zwei WMs wohl ist?
Die Perspektive auf die eigene Rolle im Triathlonzirkus hat sich im Laufe der Saison indes gleich mehrmals verändert. Eine wahre Achterbahnfahrt liegt hinter Bleymehl – von einem holprigen Start, über das erschütternde DNF beim Heimrennen in Frankfurt, das die Szene zutiefst bewegte, bis hin zu einem vorläufigen Top-Ergebnis am letzten Sonntag in Zell am See-Kaprun. Ja, es war wirklich alles dabei. Das ganze Jahr war bisher somit ein (mentaler) Kraftakt. Und wer das weiß, weiß auch, was der Sieg auf der anspruchsvollen Strecke durchs Salzburger Land für die Athletin und ihr Team an diesem 3. September 2023 bedeutet hat. Umso spannender also, einfach mal nachzufragen – und mit der Zweifach-Mama über Hochs, Tiefs und die Szene-Themen zu sprechen.
Ich muss gestehen, dass mir der Spagat zwischen Familie und Beruf noch nie so schwergefallen ist wie in diesem Jahr.
Pushing Limits: Hinter dir liegt eine bewegte Saison. Die Bilder vom Rennen in Zell am See-Kaprun lassen umso mehr darauf hindeuten, dass der Sieg am Sonntag auch eine Art Befreiungsschlag war – richtiger Eindruck?
Daniela Bleymehl: Ja, das stimmt. Ich konnte endlich wieder einmal das abrufen, was ich kann – und zwar mit einem guten Gefühl. Die Saison lief bisher alles andere als, ich es geplant oder mir vorgestellt hatte. Das hat mich zwischendurch sehr verunsichert und auch viel mentale Kraft gekostet. Ein Sieg ist natürlich immer besonders schön – am Sonntag hat aber vor allem seit langer Zeit einmal wieder mein Gefühl im Rennen gestimmt und darüber freue ich mich am meisten.
Pushing Limits: Wie wichtig war das Rennen (auch in sportlicher Hinsicht) für die nun beginnende finale Phase vor dem Saison-Highlight Hawaii?
Daniela Bleymehl: Losgelöst vom Ergebnis – und gerade sportlich – war es eine wichtige Bestätigung, dass wir auf dem richtigen Weg sind und in den letzten Wochen und Monaten im Training scheinbar Vieles richtig gemacht haben. Das Training, speziell für die Langdistanz, kann manchmal sehr zäh und kräfteraubend sein. Und ich muss gestehen, dass mir der Spagat zwischen Familie und Beruf noch nie so schwergefallen ist wie in diesem Jahr. Wenn es dann so gar nicht rund laufen will, kommen auch hin und wieder Zweifel auf – die eben erst wieder einen echten Befreiungsschlag brauchen, um zu verschwinden.
Pushing Limits: Was nimmst du aus den vergangenen Monaten an Positivem mit?
Daniela Bleymehl: Auch wenn es klingt wie eine Floskel: Nach jedem Tief kommt immer irgendwann auch wieder ein Hoch. Und auch, wenn das manchmal länger auf sich warten lässt, als es einem lieb ist: Es lohnt sich immer, dranzubleiben und auf seinen Weg zu vertrauen. Am Ende wird man für seine Disziplin, Konsistenz und die Geduld mit sich selbst belohnt werden.
Ich denke nicht, dass dieser Schritt, den Austragungsort zu trennen, unserem Sport guttut.
Pushing Limits: Am Sonntag wird die Ironman WM erstmals in Nizza ausgetragen – zumindest die der Herren. Im Vorfeld ist darüber viel diskutiert worden. Wie blickst du als Profi-Athletin auf das Rennen? Oder anders gefragt: Wie blickst du darauf angesichts der Tatsache, dass auf ebendiesem Kurs im kommenden Jahr das Rennen der Damen ausgetragen wird?
Daniela Bleymehl: Die Entscheidung, die Startfelder und den Austragungsort zu trennen, habe ich von Anfang an sehr kritisch gesehen und denke nicht, dass dieser Schritt unserem Sport guttut. Sportlich gesehen, bin ich jedoch sehr gespannt und freue mich, das Rennen am Wochenende verfolgen zu können. So lässt sich nicht nur die Vorfreude auf nächstes Jahr steigern, sondern vielleicht auch das eine oder andere von den Herren abschauen.
Pushing Limits: Welche Stimmung erwartest du beim WM-Rennen in wenigen Wochen auf Hawaii? Wird es ein „anderes“ Hawaii-Erlebnis? Und: Ist die Trennung der beiden WMs etwas, das dich als Profi-Athletin beschäftigt?
Daniela Bleymehl: Ich bin wirklich gespannt, wie die Stimmung sein wird und hoffe sehr, dass trotzdem ähnlich viele Fans und Zuschauer anreisen werden. Natürlich braucht es wie überall immer Veränderung und Weiterentwicklung. In der Retrospektive betrachtet fand ich es beispielsweise sehr positiv, den Frauen ihren eigenen Renntag zu geben, so wie es 2022 der Fall war. Die Entscheidung, das Rennen an zwei verschiedenen Standorten auszutragen, sehe ich jedoch nach wie vor, wie bereits gesagt, sehr kritisch. Das Besondere an unserer Sportart ist schließlich immer der gemeinsame Start von Profi- und Amateurathleten gewesen und auch für Betreuer, Sponsoren, Medien und so weiter war das, meiner Meinung nach, kein guter Schritt. Ich hoffe sehr, dass IRONMAN das zukünftig wieder ändern wird.
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