Ironman Hamburg: Ein Tag im Juni
05. Juni 2023
Ein mega Profifeld, bestes Wetter, 3.000 Altersklassen-Athletinnen und -Athleten: Der Race-Day beim Ironman Hamburg versprach, ein guter zu werden – und endete mit Sprachlosigkeit. Unser Beileid gilt den Angehörigen des verstorbenen Motorradfahrers, unsere Gedanken und Genesungswünsche den Verletzten. Ein Sortierversuch.
Mit einem Rumms lasse ich nicht nur meinen Rucksack, sondern auch mich auf das Hotelbett im Zentrum Hamburgs fallen. Fassungs- und sprachlos. Fakt ist: Ich kann nicht glauben, was da eben passiert ist. Und ich weiß zugleich, dass es überhaupt nicht darauf ankommt, was ausgerechnet ich glaube. Alles viel zu nichtig – das heute, das war größer. Und der Gedanke, dass der heutige Tag der erste ist, der für eine Familie, einen Freundes-, Kollegen- oder Sonstwas-Kreis ohne einen geliebten Menschen zu Ende geht, lässt mich einfach nicht los. Denn so langsam realisiere ich: Verdammt, das hätte jeder von uns sein können!
Jeder Teilnehmer, jeder freiwillige Helfer, jeder Journalist, jeder Medienschaffende. Und das alles nur wegen Triathlon. Bloß wegen der Jagd nach dem perfekten Bild, dem Bruchteil einer Sekunde. Ich muss aufschreiben, was da heute passiert ist. Für Klarheit. Für die Zukunft. Für den Job. Für die Seele. Aber, ja, auch für den Sport, in dem es – so viel steht nach den letzten Stunden im Renngeschehen fest – diesmal nicht einfach so weitergehen kann und darf. Denn wenn wir das alles nicht aussprechen, aufschreiben, whatever, dann bleibt letztlich doch alles beim Alten. So wie viel zu oft schon.
Chronologie des Renntags
4:30 Uhr. Mit einem unsanften Gebimmel weckt mich mein Smartphone. Zu kurz war die Nacht – und zu groß ist zu dieser unmenschlichen Zeit die Vorfreude auf den bevorstehenden Tag. ‚Puh, gut, dass ich heute keine Langdistanz machen muss‘, denke ich und muss schmunzeln. Wer heute startet, ist schließlich schon seit ein, zwei Stunden wach, verdammt aufgeregt und unendlich nervös. Der Tag der Tage, er hat begonnen – und ich mag den Gedanken daran, dass damit für tausende Menschen heute ein langgehegter Traum in Erfüllung gehen wird. Triathlon-Race-Days, ich lieb‘ sie einfach! Duschen, Zeug packen, los. Rein in diese besondere Atmosphäre eines Rennmorgens …
5:30 Uhr. Angekommen am Jungfernstieg vor herrlicher Metropolenkulisse, ist es genau diese Mixtur aus Anspannung, Vorfreude, Heldenhaftigkeit, die mich empfängt. Like! Ich bin überzeugt: Der Tag wird gut, ich hab‘ Bock. Während einige Agegrouper die Gelegenheit nutzen und sich im plörrigen Alsterwasser einschwimmen, lugt die Morgensonne langsam über die Häuser und spiegelt sich in der Wasseroberfläche. Glitzer überall – und namhafte Profis beim Schwimmeinstieg: Jan Frodeno, Florian Angert, Franz Löschke … einer nach dem anderen formiert sich zum Wasserstart. Ein (zugegebenermaßen leiser) Startschuss und schon sind wir mittendrin in diesem Race-Day. Das Rennen läuft, die Content-Maschine auch. Alles nach Plan.
7:45 Uhr. Geiler Spot! Nach den ersten Race-Momenten am Wasser und an der Wechselzone zieht es mich vor das Kunsthaus am Klosterwall. Hier herrscht reger Betrieb – wie im Bienenstock. Die Athleten fahren aus der Stadt heraus und hier später auch wieder in die Stadt rein. Dazu warmes Morgenlicht, Sonne, Schatten, Perspektiven. Hier kann man auf jeden Fall bleiben, warten, Impressionen sammeln, Race-Vibes aufsaugen. Immer mehr Supporter finden den Weg an die Strecke und ich beobachte die Szenerie, bevor ich mir (endlich!) den ersten Kaffee des Tages im Hotel um die Ecke hole. Ein erster Blick auf den Ironman-Livestream ist da auch noch drin. Aber der Plan war, mich vom Rennen und maximal vom Ticker leiten und durch die Stadt flowen zu lassen. Also, statt am Bildschirm das Ganze lieber live und in Farbe zu verfolgen. Keinen Bock auf Smartphone-Buckel, ich will in die Gesichter der Athleten sehen. Realität statt Virtualität.
8:40 Uhr. Das Rennen läuft in diesem Moment seit 2 Stunden, 25 Minuten und 18 Sekunden. Er ändert alles.
9:20 Uhr. Krass, wie auseinandergezogen das Feld ist. Die erste Profigruppe um Frodo, Hogenhaug und Angert kam eben schon zurück, bog scharf links ab, fuhr in den Wallfahrtstunnel ein – und war wenige Minuten nach der Wende an der Wechselzone wieder da. Aber wo ist der Rest? 15 Minuten dahinter? Seltsam – das zieht sich doch normalerweise nicht so. Verrücktes Rennen!
9:30 Uhr. „Eigentlich müsste man abbrechen!“, „Wenn die jetzt die Strecke ändern …“, „Das ist doch viel zu unfair, wenn die Profis jetzt absteigen und um den Unfall herumschieben müssen!“ – wie jetzt: Unfall? Aufgeregt schauen immer mehr Menschen auf ihr Smartphone; ich schnappe zusammenhangslose Wortfetzen auf. Bocki, der sich ebenfalls am Klosterwall platziert hat, klärt mich auf. Okay, okay, ein Unfall also. Ja, das dauert halt. Bis zum offiziellen Statement von Ironman sowieso – und vorher brauchen wir da auch nichts zu schreiben oder zu machen. Ist vermutlich dann ein relevantes Side-Happening, für den Race-Bericht sowieso.
10:15 Uhr. Kurze Absprache mit Nick, beide blicken wir immer wieder aufs Handy, scrollen durch die News. „Leute, der Motorradfahrer ist tot.“
10:17 Uhr. Sprachlosigkeit. Tunnel-Blick. Alle wie gelähmt.
Ab diesem Moment verliert sich die Spur eines ganz normalen Race-Days. Wie automatisiert streune ich durch die Stadt, fahre die typischen Punkte wie die Wechselzone und die Cheering-Zones auf der Laufstrecke an. Aber die Luft ist raus. Rien ne va plus – und alles in mir sträubt sich gegen das „Weitermachen wie sonst auch“.
Egal, wen ich treffe: Alle wirken wie angeschossen, angeknockt. Und so langsam wird mir bewusst: Scheiße, das hätte jeder von uns sein können. Nick, Niclas, Simon, Tom … ich selbst saß vor zwei Wochen hinten auf einem Motorrad und bin auf der Jagd nach den perfekten Race-Storys durchs Allgäu gedüst. Und verdammt, es hätte auch jeder Agegrouper sein können.
After-Race-Gedanken: Kein Tag wie jeder andere
Rennabbruch oder nicht? Profi-Ausstieg oder nicht? Hinsetzen und sofort die ganze Wut/Hilflosigkeit in Blogform bringen oder nicht? Weiter Athletinnen und Athleten, die hier gerade echt was leisten, ihre Träume leben, alles geben, anfeuern oder nicht? Laut jubeln, Kuhschellen-Schwingen oder nicht? Ich weiß es nicht, der Tag verläuft sich in einer Mischung aus Automatismen, Routinen und Niedergeschlagenheit. Über dem ganzen Rennen hängt ein seltsamer Schleier – und ein schwarzer Nebel der Schwerfälligkeit legt sich über die Hamburger City.
Good vibes? Kann hier in der Community irgendwie niemand mehr in der Intensität leben, wie wir es eigentlich tun. Uns allen ist klar: Das ist irgendwie größer, grundsätzlicher. Eine Frage der Haltung und der Entwicklung des Sports, die mittlerweile so facettenreich ist, dass es für jedes „Das wäre richtig!“-Argument mindestens ein „Das wäre falsch!“-Argument gibt.
Nach den ersten Profis im Ziel schlage ich den Weg in Richtung Hotel ein – siehe Einstieg. Ich schreibe ein paar Worte, lösche sie wieder, telefoniere mit meiner Mutter, kann sie beruhigen: „Nein, keine Sorge, ich saß da nicht drauf. Alles gut.“ Die Zeit vergeht und mich zieht es am frühen Abend noch einmal raus. An die Finishline.
Hin zu glücklichen Agegroupern, die nicht nur die Ziellinie, sondern ihr persönliches Ziel erreichen. Sie wissen gerade vermutlich weder, dass ihr Rennen auf der Kippe stand, noch dass der Jubel an der Strecke ohne den Unfall vielleicht anders gewesen wäre. Sie sind voller Stolz und sichtlich beseelt, sich das obligatorische „You are an Ironman!“ abholen zu können – weil sie heute eine Wahnsinns-Leistung abgeliefert haben. Jeder einzelne von ihnen.
Aber all das kann über eines nicht hinwegtäuschen: Was an diesem Tag im Juni beim Ironman Hamburg passiert ist, ist größer als der Sport. Und diesmal darf es eines eben nicht heißen „Weiter, immer weiter“. Diesmal ist es anders.
- „Ein Sortierversuch“: So hatte ich den Blog hier angekündigt – und so sehe ich ihn auch. Nicht mehr, nicht weniger. Schuldige auszumachen, Forderungen auszusprechen, Konzepte vorzulegen, wie es künftig laufen sollte … für all das ist es gerade noch zu früh. Dafür sind noch zu viele Fragen ungeklärt. Das ist jedenfalls mein Gefühl.
- Aber wie habt ihr die Situation erlebt – an der Race-Strecke stehend oder vor dem Livestream sitzend? Was sind eure Gedanken dazu? Was wünscht ihr euch für die Zukunft des Sports? Und wie machen wir weiter, ohne einfach so weitermachen zu können?
- Lasst gerne einen Kommentar da, wenn euch danach ist …
- Von Herzen,
Lena
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Grundsätzlich gebe ich euch Recht. Aber was sich ändern muss, ist diese verdammte Gier nach Bildern. Denn das war es am So., was zu diesem Drama geführt hat. Ich saß selbst auf einem Motorrad und war vor dem Unfall entsetzt über das Handeln dort. Aber ein Abbruch wäre nicht gut gewesen und hätte neue Probleme geschaffen. Die Umleitung war durch die Polizei relativ schnell mit Personal bestückt und bereit. Einige Athleten fuhren danach sichtlich nachdenklich. Ein Abbruch hätte zu dem Zeitpunkt eine Rückführung in die WZ ausgelöst. Fast nicht machbar. Auch den verunfallten Fahrer trifft eine große Schuld und Verantwortung. Er war als einziger vor Ort in der Lage, diese Handlung zu unterlassen, tat es aber nicht. Entgegen den Vorgaben. Warum, werden wir nie erfahren. Auch das ist eine bittere Wahrheit,; die Gier nach einmaligen Bildern. Was dann passieren kann, kennen wir seit Diana Spencers Tod. Aber geändert hat sich offensichtlich nicht viel. Das Unglück war auch absehbar, aber keiner konnte in die Umstände vor Ort eingreifen, ohne wissentlich Menschenleben offen zu riskieren . Auch eine Wahrheit. Wie geht man damit um, dass sich hier nicht an Absprachen gehalten wird, man aber hier nicht mehr eingreifen kann. Das kann man nur für die Zukunft, leider.
Zunächst mal sollte sich nach diesem grandiosen Beispiel an Krisenkommunikation die IM Führungsrige ändern. Und zwar in GER wie auch in USA. Wenn ein Herr Schiek ersthaft nach diesem Kommunikationsdebakel glaubt, er kann sich wie ein 7-Jähriger hinder dem Rücken einer WTC verstecken, MUSS umso mehr sofort eliminiert werden.
Was in der Debatte vollkommen fehlt und desaströs sowie empörend ist, war der Umgang in der Live Berichterstattung von Ironman. Kein Wort wurde darüber verloren. Es wurde immer wieder betont was für ein grandioser, toller Tag es doch wäre.
Sämtliche negative Kommentare die auf den Unfall hinwiesen wurden aktiv gelöscht. Man konnte zusehen wie innerhalb weniger Sekunden diese im Livestream verschwanden. Kommentare auf Facebook, Instagram genauso.
Das war beschämend und macht wütend und enttäuscht!
Vielen Dank für deine Eindrücke!
Neben den tragischen Unfall und bin ich immer noch sehr enttäuscht vom Verhalten von Ironman, insb. wie deren Live-Stream abgelaufen ist. Die Kommentatoren haben gelacht und von einem großartigen Tag gesprochen. Es gibt keine Bilder von der Radstrecke wegen technischen Problemen, da war ein Unfall hat nur ein Motorrad getroffen. Bis zum Ende Witze gemacht und am Ende die Kommentarfunktionen abgeschaltet, dass keiner mehr was schreiben kann. Wenn ich heute noch daran denke, dann wird es mir schlecht. Wie rücksichtslos kann dieser Veranstalter nur sein – kein Respekt vor den Opfern. Ich würde mich freuen, wenn ihr eure Reichweite nutzt, um Ironman unter Druck zu setzen.
Hallo Lena, ist es möglich mir deine Email Adresse, für eine Kontaktaufnahme zu dir, bezüglich eines von dir verwendeten Fotos zu geben?
Mit freundlichen
Salim Abdellaoui
Salim.Abdellaoui@web.de
Wasserwacht Freckenhorst
Was da passiert ist, ist schrecklich.
Das Chaos mit den Motorrädern sehe ich schon seit den letzten Jahren immer schlimmer (siehe auch letztes Jahr Andy Dreitz) ,aber nicht nur bei den Profis und den großen Veranstaltungen, sondern auch bei den kleinen Regionalen.
Ich selber hatte letztes Jahr zwei gefährliche Situationen mit Wettkampfrichtern auf dem Krad.
Da wir alle als Athleten Geld für die Veranstaltungen bezahlen, um racen zu dürfen, ist für mich jeglicher Veranstalter zu einem Großteil mit Verantwortlich. Die Leute sollte alle genug Erfahrung haben!
Aber nein, ein Sebi der sonst meist mitten drinnen ist, erkennt die Gefahr vorab als Kommentator.
Das Profirennen hätte abgebrochen werden müssen und der Fairnes halber sollten alle endlich mal Rückrad zeigen und im Nachhinein hinschmeisen.
Seit dem Witz mit Hawai sollten ALLE mal über Ironman nachdenken. Es gibt auch andere Verantalter.
Sorry für die harten Worte, aber auch ich bin erschüttert und zugleich stink sauer.
PS: Es werden verdammte Kriege mit Drohen geführt. Wäre es nicht an der Zeit die Überwachung und Bildübertragung damit zuführen?
Mir geht das Geschehen immer noch nicht aus dem Kopf. Live im Stream zu sehen wie ein Mensch ums Leben kommt. Ein Fehler oder Leichtsinn endete tödlich. An dieser Stelle sind Schuldzuweisungen auch erst mal zweitrangig. Ich kann nur die TV Bilder beurteilen.
Ich denke mir ständig, es hätte mich, einen Freund oder Bekannten treffen können. Von heute auf morgen kann es vorbei sein. Wir machen den Sport weil wir ihn lieben. Doch nun wurde klar wie gefährlich es auch sein kann. Mich lassen die Bilder aktuell nicht los.
Am Meisten enttäuscht bin ich vom IM Livestream. Die Gründe wurden ja mehrfach angesprochen. Aktuell fehlt mir die Lust auf Ironman, da sie ihr eigenes Bild das die letzten Monate geprägt wurde, nämlich das Profit und Kommerz über allem stehen, seit gestern untermauert wurde. Ironman ist nicht mehr Triathlon, nicht mein Triathlon wie ich es mir wünsche. Profit, Kommerz und Vermarktung stehen über allem. Selbst ein Menschenleben wird dem untergeordnet….
Natürlich hat Ironman alle Kommentare zum Unfall gelöscht und alles unterbunden, was möglich war, es gab ja alle 5 Minuten Werbung im Stream und das bringt Kohle. Alles nur Kommerz, zudem witzelnde, fröhliche Kommentatoren, unfassbar. Kein ordentlicher Triathlet sollte je noch bei diesem Label buchen. Allerunterste Schublade.
Mir fehlen nach wie vor die Worte. Du hast sie in dem Text gefunden. Hervorragend zusammengefasst und geschrieben, Lena.
Ich bin hin und hergerissen… auf der einen Seite wäre ein Rennabbruch gerechtfertigt gewesen, auf der anderen Seite wäre es in einem totalen Chaos geendet. (Auf die Ursachen des Unfalls kann ich nicht eingehen, da ich nicht dabei war). Am Unglück hätte es sowieso nichts mehr geändert, deshalb war die Fortführung „wohl“ die beste Lösung. Was aber wieder einmal zu Tage getreten ist, ist die unglaubliche Arroganz von Ironman. Profit vor Pietät! Werbeeinblendungen und Werbepausen ohne Ende, nur damit die an die Werbepartner verkaufte Werbezeit eingehalten werden kann. Vorgegaukelte Stimmung, alles SUPER-Toll. Ein ganz einfacher schwarzer Streifen mit dem Hinweis auf den Todesfall während der Übertragung hätte schon genügt, jeder hätte es verstanden und es wäre ein Zeichen der Anteilnahme gewesen. Aber sind wir realistisch… ein paar Tage, eventuell Wochen, dann ist wieder alle ok. Teilnehmer:innen werfen Ironman Geld hin, nur damit sie sich als Ironman bezeichnen dürfen…. und Ironman liefert, für jährlich höhere Kosten bekommst du jährlich schlechteres Service… aber egal YOUR ARE AN IRONMAN
Ein schwarzer Tag für den Triathlonsport und auch für die Sportstadt Hamburg. Ein Ereignis was nicht einfach zu vergessen seien wird. Ich persönlich war hin und hergerissen zwischen Rennabbruch und weiter laufen lassen. Es gibt viele Argumente dafür und dagegen.
Am meisten aufgeregt habe ich mich aber über das Verhalten von Ironman. Es war absolut richtig von der Sportschau und allen anderen Personen/Berichterstatter/Magazinen dort abzubrechen. Ironman hingegen verhält sich komplett anders. Die Berichterstattung läuft nicht nur weiter, sondern es wird über den Tod eines Menschen hinweggeblickt. Die Kommentatoren im Live Stream sagen nicht einen Satz zu dem Unfall und das schlimmste ist, dass Kommentare gelöscht werden, damit dass ganze nicht publik wird. Kommentare zu löschen und die Kommentarfunktion zu unterdrücken, nachdem man mit löschen nicht hinterherkommt ist gegen jedes Recht. Ich würde mir wünschen das der Umgang mit dieser Situation von Ironman öffentlich viel größer gemacht wird. Ironman muss dafür gerade stehen. Sie unterdrücken den Tod eines Menschen um keinen Image schaden zu erleiden um weiter Profit zu erzielen. Ich würde mir auch von euch dazu noch mind einen Post wünschen, so kann es mit Ironman nicht weiter gehen und das muss in der Öffentlichkeit ankommen.
Ich weiß nicht, ob ich als Teilnehmer, das Rennen vorzeitig beendet hätte, nachdem ich die Unfallstelle passiert hätte. Ich hoffe ja, aber ich weiß es wirklich nicht. Ich weiß aber ganz sicher, daß ich mir mehr Menschlichkeit und Innehalten gewünscht hätte. Ich hätte mir gewünscht, daß die Profis angehalten hätten, nachdem vor Ihren Augen ein schlimmer Unfall passiert ist. Ich hätte mir gewünscht, daß im Ziel kein Partymusik läuft, ich hätte mir gewünscht, daß dieses ganze „You are an Ironman“-Gepose heute mal ausfällt. Einige haben soetwas getan, z.B. ARD und trimag, die Ihre Übertragung abgebrochen haben, einige aber auch nicht…
Hat schon mal jemand hier seine Urlaubs- oder Geschäftsreise abgebrochen, weil auf der Autobahn vor ihm soeben jemand tödlich verunglückt ist? …oder ist das „ganz eas anderes“ ?
Gedanken zu Frodos Verhalten (und der anderen Profis) welches vielfach kritisiert wurde:
Im Wettkampf ist man im Tunnel. Auch ich habe Stürze live miterlebt und dachte jedes Mal zunächst „schnell aus der Gefahrenzone, bevor es einen Massencrash gibt“ – außer es ist kein anderer Helfer da. Bezüglich Unterstützung des Verunfallten denkt man da an die Orga (Helfer, Begleitfahrzeuge, Zuschauer, etc.) die ja sichtbar direkt anwesend waren. Ein Athlet (auch wenn er Frodeno heißt) hätte da nicht besser helfen können.
Gedanken zu einem möglichen Rennabbruch:
Von einer Vor-Ort Quelle habe ich erfahren, dass im Kraichgau ca. 30 (!) Athleten ins Krankenhaus Bruchsal eingeliefert wurden. Bedeutet das jetzt 30x wäre ein zeitweiliger Stopp des Rennens bis das Schicksal des Verunfallten bekannt ist oder Rennabbruch gerechtfertigt gewesen? Das zusätzliche Drama von Hamburg liegt allerdings darin, dass es im LiveStream zu sehen war und uns damit alle (Zuschauer, Supporter) ungewollt zu (traumatisierten) Unfallzeugen gemacht hat, was viele (Moderatoren, Profis, Zuschauer) kurz zuvor hatten kommen sehen.
Der Unfall ist das eine, der Umgang damit seitens Ironman das andere.
Und da kann es nur eine Lösung geben:
Ein Vorläufiger Bruch mit der Organisation, bis es genug Gründe gibt wieder auf sie zuzugehen.
Ich würde mir wünschen, dass Veranstalter von sich aus dem Label Ironman Lebewohl sagen und entweder zu Challenge wechseln, die die Gefahr bereits erkannt hatten, oder es ohne großes Label im Hintergrund versuchen.
Kommentare löschen, vom „great sunny day in Hamburg“ zu reden, wenn gerade ein Mensch tödlich verunglückt ist und das womöglich auf Versäumnisse des Veranstalters zurückzuführen ist, das geht einfach nicht.
Für mich persönlich ist klar, dass ich bei keinem Ironman mehr starten werden.
Das Verhalten war einfach dermaßen ekelhaft und widerwärtig.
Das einzige was positiv war, war dass der Athlet es überlebt hat. Ich hoffe er erholt sich zumindest physisch komplett.
Man macht ja auch deshalb bei einem Wettkampf mit, damit man auf abgesperrter Strecke unterwegs ist.
Ein Freund von mir wurde als Profi bei einem Rennen auch schon Mal von einem Auto abgeräumt, dass eine Polizisten (!) kreuzen ließ.
Die Organ muss sich um so viel kümmern, aber die Basics, nämlich die sichere Strecke muss einfach vorgehen.
Insofern war es wahrscheinlich gut, dass das letzte Ironman Rennen für das ich gemeldet war, von den Behörden untersagt wurde. 3 Tage vorher. Gruß am Dresden
Die Prioritäten bei IM sind einfach nicht Mal im Ansatz richtig.
Ich habe das Gefühl das vor allem in den Kommentaren ziemlich schnell entgültige Schlüsse und Schuldzuweisungen gegenüber dem Veranstalter gezogen bzw. Formuliert werden. Allerdings muss man sich auch Mal vor Augen führen warum da so viele Motorräder sind. Das hat erstmal nicht unbedingt was mit Ironman sondern mit dem öffentlichen Interesses zu tun. Und wer generiert dieses? Das sind WIR als Konsumenten. Bei niedrigerem öffentlichen Interesse, siehe Hamburg in den letzten Jahren, sind dort deutlich weniger Motorräder und deutlich weniger Gefahrenpotential.
Wir als Konsumenten beschweren uns über schlechte Livestreams und schlechte Race Coverage (Challenge Gran Canaria oder Ironman Live Streams wo immer nur der Führende gezeigt wird). Wir suchten alle Bilder und Pro bezogene Coverage mit eigenen Medienschaffenden.
Dadurch generieren WIR ein wirtschaftliches Interesse an den ganzen Veranstaltungen und erzeugen den Hype den die Medien und Veranstalter dann ausnutzen (das machen übrigens fast alle Wirtschaftsunternehmen genau so).
Demnach sollten wir uns eingestehen, dass auch wir als Triathleten und Konsumenten Teil des Problems sind und nicht den einfachen Weg wählen und die Schuld vorschnell zum Veranstalter zu schieben.
Diese Diskussion sehen wir auch zum Beispiel im Radsport wo immer schwerere und gefährlichere Etappen bei den Grand Tours gefahren werden. Auch dort werden Videos zu Stürzen deutlich mehr geklickt als normale Zusammenfassungen.
Das hier ist ein Gesellschaftliches Problem unter dem Brennglas, eben weil alles auf Kamera war.
Ich will hier sicher nicht Ironman in Schutz nehmen. Ich will nur sagen, dass es viel zu einfach wäre hier alle Schuld dort abzuladen und es durchaus auch Sinn machen kann sich selbst und das eigene Verhalten Mal ernsthaft zu reflektieren.
Hallo Flo, ganz deiner Meinung. Letztlich ist es Konsens unter den meisten Beteiligten einschließlich der Teilnehmer, dass sich nicht 2000 Leute von einem Unfall mit einem Toten und zwei Verletzten den Spaß für den sie lange trainiert und viel Geld ausgegeben haben, verderben lassen sollen. Das sagt zwar niemand so deutlich, im Kern steckt diese Aussage aber in vielen verschwurbelten Stellungnahmen einschließlich der mehr als hanebüchenen Begründung, wonach ein Rennabbruch zu gefährlich gewesen wäre. (Was soll daran gefährlich sein, die Teilnehmer geordnet in die Wechselzone zu geleiten?) .So gesehen ist IM und das Verhalten von IM nicht mehr und nicht weniger als ein Spiegel der Szene und nicht etwa das Reich des Bösen, dass die ach so heile und moralisch korrekte Triathlonwelt ins Verderben zieht. Den Vorwurf der Scheinheiligkeit müssen sich in diesem Zusammenhang auch die Profis gefallen lassen, die einerseits die große Anzahl der Motorräder mit Krokodilstränen beklagen (Drafting, Gefährdung etc.) andererseits aber die Präsenz eines eigenen Motorrads in die Antrittsverträge hineinverhandeln. Diese Einordnung hat natürlich nichts damit zu tun, dass die Sicherheitskonzepte für künftige Rennen überdacht und verbessert werden müssen, um eine Wiederholung des Szenarios möglichst zu verhindern.
Dem Kommemtar von Flo ist nicht viel hinzuzufügen, persönlich fände ich einen Abbruch völlig sinnfrei, da es regelmäßig zu schweren Unfällen im Rahmen von Triathlonveranstaltungen kommt, allein in Roth sind ein halbes Dutzend Menschen ertrunken. Da war es eben nur nicht zu sehen und deshalb nicht so präsent…