Lena Meißner im Interview: Olympia am Horizont
22. Juni 2023
Okay, okay, die Triathlonwelt blickt an diesem Wochenende auf den Challenge Roth – aber: Der Langdistanz-Klassiker im Frankenland ist nicht alles, was im Race-Kalender steht. Auch der Olympia-Kader muss oder darf ran: Lena Meißner geht beim WTCS-Rennen in Montreal an den Start. Was schwappt so rüber vom Roth-Hype auf die Kurzdistanz? Und ist Olympia nach wie vor das Maß aller Dinge? (Bilder: Tom Schlegel)
Ganz klar: Paris ist am Horizont schon zu erkennen. Das gilt zumindest für diejenigen, die sich auf der Kurzdistanz mit der Weltspitze im Triathlon messen wollen. Also auch für Lena Meißner. Die 25-Jährige ist – das darf man so sagen – eine der Hoffnungsträgerinnen der deutschen Triathlonwelt. Mit Frische und Fokus setzte sie bereits in der letzten Saison ein Ausrufezeichen. Und dann kam zum Start in die knackige Wettkampfsaison 2023 doch wieder alles anders.
Eine langwierige Verletzung sorgte für eine Vollbremsung. Nervig, aber zugleich auch wichtig, wie sich im Gespräch zeigt: Denn an der Herausforderung, einen Gang herunterzuschalten und Kompromisse machen zu müssen, ist die Kader-Athletin gewachsen. Und das tut letztendlich auch der Kurzdistanz-Szene in Triathlon-Deutschland gut.
Höchste Zeit für einen Blick auf Lenas Weg und ihre Pläne für die nächsten Wochen – inklusive des „Comeback“-Races in der WTCS in Montreal. Ein Rennen, das sie als Test sieht, „was so geht“. Denn Olympia in Paris 2024 wirft seine Schatten bereits voraus …
Pushing Limits: Fun-Fact: Wir haben uns zum ersten Mal vor gut einem Jahr bei den Arena Games in München gesehen – genau an dem Tag, an dem du deinen Instagram-Account angelegt hast. Viel passiert seitdem …
Lena Meißner: Ja, der Saisonstart 2023 lief eigentlich rundum gut nach dem fünften Platz beim WTCS-Rennen in Abu Dhabi – bis ich mir dann Anfang April eine Knieverletzung zugezogen habe. Die hat mich dann auch länger beschäftigt, als ich selbst gedacht hätte: Rund acht Wochen konnte ich nicht laufen – und damit durchaus länger, als wir ursprünglich angenommen haben. Glücklicherweise konnte ich währenddessen aber Schwimmen und Radfahren uneingeschränkt trainieren. Auch Crosstraining stand viel auf dem Plan, ebenso Aquajoggen, um trotzdem auf meine Wochen-Trainingsstunden zu kommen. Und seit gut zwei Wochen darf ich jetzt wieder laufen. Mittlerweile bin ich bei gut 45 Minuten, allerdings nur jeden zweiten Tag, sodass ich weiterhin auf Crosstraining angewiesen bin …
… und dennoch steht am kommenden Wochenende das WTCS Rennen in Montreal an. Mit welchem Gefühl gehst du angesichts der letzten Wochen an den Start? Schließlich ist das Ganze durchaus eine mentale Herausforderung.
Lena Meißner: Natürlich geht es darum, zu sehen, ob mein Knie der Rennbelastung Stand halten kann. Aber ich habe eben auch überhaupt keinen Stress mit den Punkten oder ein optimales Ergebnis liefern zu müssen. Für mich ist es einfach schön, wieder dabei sein zu können.
Weder für mich noch für mein Umfeld waren die letzten Wochen einfach.
Die Saison ist in vollem Gange: WTCS-Rennen, Finals, WM in Hamburg, Testevent in Paris – bis Mitte September stehen einige Wettkämpfe an. Und dann ausgerechnet zum Start in diese entscheidende Phase eine Verletzung zu erwischen, ist umso ernüchternder. Damit musstest du einen Umgang finden. Was nimmst du aus den letzten Wochen für dich mit?
Lena Meißner: Weder für mich noch für mein Umfeld waren die letzten Wochen einfach. Ich konnte oder wollte die lange Verletzungspause anfangs einfach nicht akzeptieren. Irgendwann musste ich dann bewusst mein Denken ändern und für mich einen Umgang damit finden, es nicht ändern zu können. Und ja, ich bin irgendwie stolz auf mich, nicht aufgegeben zu haben und beim Training durch Aquajogging & Co. Kompromisse zu machen. Den positiven Blick auf und in die Zukunft wiederzufinden, war diesmal entscheidend.
Wir haben mit dem Challenge Roth ein Wahnsinns-Triathlon-Wochenende vor der Brust – und parallel zieht eben auch der Kurzdistanz-Zirkus weiter. Was wünschst du dir in puncto Aufmerksamkeit für die Kurzdistanz in Zukunft? Intern bei uns steht inzwischen der Slogan „Make Kurzdistanz great again.“ – kannst du das so unterschreiben?
Lena Meißner: (Lacht) Grundsätzlich finde ich die Entwicklung, die der Triathlon in Deutschland in den letzten Jahren verzeichnet hat, großartig. Wir haben top besetzte Events zu bieten – und das sorgt auch für uns Athlet:innen für einen Push. Sowohl auf der Kurz-, aber auch der Langdistanz haben wir sehr starke Sportler:innen zu bieten. Der Reiz der Kurzdistanz liegt eben in diesem „Mann gegen Mann“- und „Frauen gegen Frau“-Modus. Die Rennen sind extrem actionreich und entsprechend für Zuschauer attraktiv.
Auf den kürzeren Distanzen ist es sicherlich Olympia, das nach wie vor den höchsten Stellenwert hat – oder?
Lena Meißner: In Tokio war ich als Ersatzathletin bei Olympia dabei. Danach lief es allerdings nicht optimal für mich – und ein weiteres Mal Olympia erleben zu können, schien sehr unwahrscheinlich. Dafür waren die anderen Athletinnen einfach zu gut. Als ich dann Ende letzten Jahres noch einmal zeigen konnte, wofür ich trainiert habe, kam dann die Zuversicht zurück. Und ich bin sehr froh, diesmal im Kader zu sein.
Aber warum hast du dich so verunsichern lassen? Hattest du zunächst Angst, bei dem Level nicht mithalten zu können?
Lena Meißner: Ich konnte meine Form in den Rennen damals einfach nicht bestätigen. Und bei Olympia geht es nun einmal um die Besten der Besten. Gerade durch Social Media habe ich mich durchaus verunsichern lassen. Aber als ich bei Rennen dann gesehen habe, durchaus vorne mit dabei sein zu können und dass die anderen auch nur mit Wasser kochen, kam die Motivation zurück.
Hawaii – nach wie vor der ultimative Triathlon-Mythos?
Daran konntest du in puncto Selbstbewusstsein wachsen. Aber inwiefern hat das auch dein Verhältnis zum Sport geändert?
Lena Meißner: Ich bin viel lockerer geworden – und heute schenke ich dem Weg, den mein Trainer und ich gehen, noch mehr Vertrauen. Ich kann auf den Punkt fit sein und Spaß am Sport haben. Und die Form kommt, wie so häufig, dann auch wie von ganz allein.
Ist das Leben als Profisportlerin nach wie vor erstrebenswert für dich?
Lena Meißner: Mein Leben ist nicht nur durch den Sport bestimmt. Auch meine Beziehung, mein „normales“ Leben als Studentin war – gerade in der Zeit der Verletzung – extrem wichtig und entscheidend. Mich persönlich macht es glücklich, all das gleichermaßen zu haben.
Ich bin viel lockerer geworden – und heute schenke ich dem Weg, den mein Trainer und ich gehen, noch mehr Vertrauen.
Im Triathlon haben wir die Besonderheit, eine Sportart, aber zwei komplett verschiedene Strömungen mit eigenen Zielbildern zu haben. Spielt Hawaii für dich überhaupt eine Rolle für die Zukunft?
Lena Meißner: Auf der Langdistanz kommt es mehr auf die feinen Stellschrauben an, auf der Kurzdistanz mehr auf Taktisches – und ja: Im Triathlon haben wir quasi zwei Ausprägungen des Sports mit eigenen Regeln in einem. Jetzt erstmal zählt es für mich, mich auf der einen davon in die erweiterte Weltspitze heranzukämpfen. Alles andere zeigt dann die Zukunft …
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