Nach dem Triathlon-Highlight: Hallo, Motivation?!
03. August 2022
Da trainiert man monatelang auf einen Wettkampf hin, liefert ab – und statt anhaltender Euphorie ist da auf einmal nichts als Leere. Warum das so ist, ob das ein Problem darstellt und was sich tun lässt, wenn man „ins Loch“ fällt, erklärt Sportpsychologe Dr. Heiko Ziemainz.
„Ich falle in keine tiefen Motivationslöcher mehr“, sagt der dreimalige Ironman-Weltmeister Jan Frodeno. Sein Kollege Sebastian Kienle, 2014 WM-König auf Kona, kennt Krisen dagegen sehr wohl, erzählte erst kürzlich im Interview mit der „Welt“: „Mir war klar, dass ich für mich selbst irgendwoher so einen kleinen Boost holen muss, um den Sport noch einmal mit letzter Konsequenz zu verfolgen.“ Und vielleicht hat sie der eine oder andere auch schon gespürt: diese Leere, die sich nach einem Wettkampf in einem ausbreitet. Obwohl der gut gelaufen ist. Oder gerade deswegen? Wer so fühlt, ist nicht allein. Es gibt sogar einen Begriff für dieses Phänomen: Postbelastungssyndrom. Und das gibt es nicht nur unter Sportler:innen.
„Viele kennen dieses Phänomen auch aus anderen Bereichen, zum Beispiel nach besonders belastenden beruflichen Situationen oder anderen kritischen Lebensereignissen. Grundsätzlich ist das Gefühl der Leere, das Gefühl, in ein Loch gefallen zu sein, eine völlig normale Reaktion des Organismus auf starke Belastungen, vor allem über eine längere Zeit“, erklärt Sportpsychologe Dr. Heiko Ziemainz von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Und nichts anderes ist das Training auf einen Triathlonwettkampf: eine starke Belastung über einen längeren Zeitraum. Nicht nur körperlich, auch mental.
Wenn der Körper in den Standby-Modus geht
Denn es muss Zeit abgeknapst werden, um ein erhöhtes Trainingspensum in den meist ohnehin schon vollen Alltag zu zwängen, sei es der Lauf in der Mittagspause, die Schwimmeinheit am sehr frühen Morgen oder das Rollefahren am sehr späten Abend. Es gilt, Kompromisse mit Partner:in oder Familie zu schließen und mit dem latenten Schuldgefühl zurechtzukommen, immer zwei der drei Bereiche „Job – Sport – Familie/Privatleben“ zu vernachlässigen. „Dadurch steht der Organismus permanent unter Strom und fällt nach dem Event in eine Art Standby-Modus. Wenn man so will, holt er sich mit der Leere-Gefühl nach dem Rennen die Erholung, die er braucht“, erklärt Heiko Ziemainz.
Dieses Bedürfnis nach Erholung äußert sich in Antriebslosigkeit, Erschöpfung oder einem erhöhten Schlafbedürfnis. Häufig werden Athlet:innen im Anschluss an einen Wettkampf auch krank, was ebenfalls die Belastung für den Organismus und damit auch des Immunsystems deutlich macht. Treffen kann diese Leere nach dem Wettkampf prinzipiell jeden. Wenngleich Menschen, die bestimmte Belastungen besser verkraften und weniger Regeneration brauchen, um sich davon zu erholen, seltener betroffen sein dürften.
Wenn das Gefühl der Leere gefährlich wird
Grundsätzlich ist ein solches „Loch“ nach einem lange vorbereiteten Wettkampf nichts Dramatisches, sondern ein normaler Vorgang. Aber: „Es kommt den Betroffenen erst einmal sehr seltsam vor, da die Wochen davor sehr durchgetaktet waren und kaum Zeit war, durchzuschnaufen“, erklärt Ziemainz. Jetzt ist da auf einmal keine Struktur mehr, kein Trainingsplan, kein Ziel. Das muss vor allem der Kopf erst einmal verarbeiten.
Stellt sich jedoch nach rund vier Wochen keine Besserung ein, ist die Leere dann noch immer nicht verschwunden, sollten Athlet:innen überprüfen lassen, ob es einen pathologischen Grund dafür gibt: „Einfach beim Hausarzt eine grundlegende Untersuchung durchführen lassen, inklusive Blutwerte, um sicherzugehen, dass diesbezüglich alles gut ist und zum Beispiel kein Eisenmangel vorliegt“, rät Heiko Ziemainz und ergänzt: „Auch sollten Athlet:innen die Begleitumstände beim Arzt ansprechen und ihm beispielsweise mitteilen, dass sie in den vergangenen Monaten intensiv trainiert und wenig freie Zeit gehabt haben. Dass sie vielleicht oft nur schnell und mitunter zu wenig oder einseitig gegessen haben. All das kann wichtig sein. Dadurch kann der Arzt oder die Ärztin die Situation besser einschätzen und gegebenenfalls den Besuch von entsprechenden Fachärzten oder einem Psychologen empfehlen.“
Die Struktur einfach mal Struktur sein lassen
In vielen Fällen hilft es aber schon, zu akzeptieren, dass man sich jetzt eben gerade so fühlt, und zuzulassen, dass man momentan keine Lust auf Training hat, man seine Ruhe haben und mehr als sonst schlafen möchte. Es ist wichtig, dieses Signal des Körpers, seinen Wunsch nach einer Pause, ernst zu nehmen. Obwohl Ziele setzen per se nicht verkehrt ist, auch wenn das keine sportlichen sein brauchen: „Einige fangen an im Haus oder der Wohnung etwas zu reparieren oder zu renovieren. Andere gehen anderen Tätigkeiten oder Hobbies nach, die über die letzten Wochen und Monate vernachlässigt worden sind bzw. probieren neue Dinge aus“, sagt Heiko Ziemainz.
Einfach mal die Seele baumeln lassen und sportlich nichts tun. Zumindest nichts Strukturiertes. „Moderate Bewegung, wie Spaziergänge oder Yoga, können helfen, den Organismus zu aktivieren und das Wohlbefinden zu steigern“, weiß Sportpsychologe Heiko Ziemainz. Und genau darum geht es: Sich nicht nur mit der nächsten Bestzeit oder sportlichen Herausforderung auseinanderzusetzen, sondern damit, dass Körper und Geist nach dem Abliefern auch mal abschalten müssen. Probiert es aus, ist auch mal ganz schön.
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Erstmals selbst erlebt nach dem Staffel-Radpart in Roth. Zusätzlich durch das ganze hin und her mit Dresden und der Absage des Knappenman ist richtig die Luft raus, obwohl noch Highlights in diesem Jahr anstehen. Ein komisches Gefühl