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Pro:blog #8 – Triathlon-Lifestyle: Die Kunst, seinen eigenen Weg zu finden

04. Februar 2022


Problog-Trainingslager-Mallorca

Ferienhaus statt Sportresort. Selbstverpflegung statt Hotelbuffet. Mildes Mallorca statt warme Kanaren. Individualität statt Gruppentraining. Ich melde mich nach zwei Wochen Trainingslager zurück und möchte die Eindrücke, die ich gesammelt habe, mit euch teilen. Noch acht Wochen bis zum Ironman Südafrika!

Mein Trainingslager auf Mallorca war so ziemlich das Kontrastprogramm zum Fuerteventura-Camp von Nick. Mittlerweile haben wir im Laufe des PRO:jects bereits mehrfach festgestellt, dass wir als Athleten durchaus unterschiedlich ticken: Was den einen motiviert, schreckt den anderen eher ab. Wo der eine zu kämpfen hat, fällt es dem anderen leicht. Tut dem einen etwas gut, muss es für den anderen noch lange nicht funktionieren. Und andersrum. Das gilt übrigens für alle Bereiche – angefangen beim Training, über die Ernährung, das Material, Mind-Set bis hin zur Kommunikation in den sozialen Medien.

Es tat gut, im Trainingslager auf Mallorca mit dem Seipp-Squad zu erleben, dass diese Unterschiede im Profibereich sehr generell gelten – von Maurice Clavel bis Sebastian Kienle, von Laura Philipp bis Lisa Norden. Ich würde sogar sagen, dass diese Beobachtung das wichtigste Learning aus den vergangenen zwei Wochen ist.

Kein Richtig, kein Falsch

Was ich damit sagen möchte – und das hat sich für mich vor allem im Trainingslager absolut bestätigt – ist, dass man als Athlet:in herausfinden muss, was richtig oder falsch für einen selbst bedeutet. Es gibt kein allgemeingültiges Erfolgsrezept, nicht den einen Weg.

Das mag relativ simpel klingen und erscheint auch logisch, aber wenn ich ganz offen und ehrlich bin, muss ich gestehen, dass es für mich ein komplett neuer Prozess ist, der nicht unbedingt einfach ist. Es gibt unglaublich viele Einflüsse, Eindrücke, Feedback, Kritik und Meinungen, die (gewollt oder ungewollt) auf einen einprasseln und sich auf Selbstsicherheit, aber auch -unsicherheit, auswirken. Geht mir jedenfalls so. Deshalb habe ich mir jetzt einen kleinen Wegweiser als Hilfestellung gebastelt. Vielleicht könnt ihr euch davon ja etwas abschauen oder für euch abwandeln, falls ihr Bedarf habt:

1. Der Coffeeride-Komplex

Als Beispiel: Ich liebe Kaffee und Kuchen in entspannter Atmosphäre und am liebsten direkt nach dem Training! Allerdings kann ich Kaffeepause währenddessen nicht ausstehen. Allgemeiner gesagt: Nur weil gefühlt 99% aller Triathlet:innen irgendetwas machen oder vorleben, muss ich trotzdem nicht damit anfangen, wenn ich keinen Bock drauf habe.
Message an mich: Bleib‘ dir treu und mach‘ dein Ding, wenn es dir hilft und es sich gut anfühlt!

2. Das Anpassungs-Dilemma

Gilt vor allem für organisatorische Dinge, das Training in Gruppen oder Abläufe im Trainingslager. Gerade wenn es darum geht, Entscheidungen zu treffen, in die mehrere Athleten oder Parteien involviert sind, können Interessenkonflikte entstehen. Für mich immer ein Punkt, an dem ich Gefahr laufe, mein persönliches Interesse hinten anzustellen oder mein Ziel unterzuordnen.
Message an mich: Triathlon ist ein Individualsport. Triff die für dich beste Entscheidung, sei konsequent und selbstbewusst!

3. Das Anti-Chaos-Prinzip

Hier ein bisschen schludern, dort mal ein bisschen vergesslich sein, zu spät kommen oder die anderen machen lassen – und mit ein bisschen drüber Lachen ist eh alles wieder gut. Was ich als Schüler in der Oberstufe noch cool fand, nervt mich heute nur noch. Mittlerweile finde ich es umso cooler, wenn jemand strukturiert, zuverlässig, zielstrebig und gut organisiert ist. Pflichtbewusst zu sein, bedeutet übrigens nicht, keinen Spaß haben zu können.
Message an mich: Kenne und erledige deine Aufgaben, gestalte und verfolge einen Plan und habe die Dinge im Griff. Vermeide Chaos und spare dir somit Stress.

4. Die Realitäts-Balance

Uff! Einerseits von Berufswegen, andererseits aus Interesse gibt es für mich kein Vorbeikommen an Social Media. Instagram, YouTube und Co. können Fluch und Segen zugleich sein: sie sorgen für Motivation und Inspiration, allerdings auch für Frust, Neid oder Zweifel. Ich kann zwar nur für mich sprechen, aber es gibt Momente, in denen lasse ich mich von der digitalen Scheinwelt blenden und nervös machen. Ist natürlich sinnlos! Das echte Leben passiert nicht auf Social Media.
Message an mich: Nobody’s perfect! Jeder Mensch hat seinen eigenen Struggle, nur landet der meistens nicht in der Öffentlichkeit. Oder wie mein Vater früher mal sagte: Die anderen kochen auch nur mit Wasser.

Das wichtigste zum Schluss: Der Wohlfühl-Faktor

Spannen wir den Bogen zum Trainingslager: Für die meisten Triathlet:innen ist es eher ungewöhnlich, ständig unter Gleichen zu sein. Ihr kennt es sicherlich von euch selbst, dass man die meiste Zeit eigentlich alleine trainiert und seinen Alltag entsprechend beliebig gestaltet. Trainingslager sind somit in vielerlei Hinsicht eine Ausnahmesituation, da die unterschiedlichsten Charaktere, Trainingspläne, Gewohnheiten und Marotten aufeinander treffen.

Das war logischerweise auf Mallorca nicht anders. Für mich waren die zwei Wochen also in zweierlei Hinsicht absolut positiv: Ich konnte hervorragend trainieren und gleichzeitig viel über mich und meine Einstellung zum Profisein lernen. So zum Beispiel, dass das Training eigentlich nur Fleißarbeit ist und das Drumherum mindestens genauso wichtig – wenn nicht sogar wichtiger. Mit „Drumherum“ meine ich genau das, was ich gerade eben versucht habe zu skizzieren, nämlich seinen Weg zu kennen, sich davon nicht abbringen zu lassen und weniger darauf zu geben, was andere machen, sagen oder vielleicht denken.

Am Ende geht es darum, dass man das tut, womit man sich selbst am wohlsten fühlt. Ist es die Kaffeepause während der Traininsgsausfahrt? Go for it! Meins ist es nicht. Steht beim Trainingsbuddy etwas anderes im Plan als bei mir? Schade, vielleicht passt es beim nächsten Mal! Gibt’s viele Mails zu beantworten, Texte zu schreiben und Telefonate zu führen? Dann los, get shit done! Nervt der perfekte Schein von Instagram und Co. mal wieder? Die Realität sieht oftmals anders aus.

Stats zum Trainingslager

Nicht nur unter diesen Gesichtspunkten war die Zeit auf Mallorca gut. Auch in Sachen Training konnte ich den Plan einhalten und Dienst nach Vorschrift machen. So kamen 45,6 Kilometer Schwimmen, 1.003 Kilometer Radfahren und 175 Kilometer zusammen. Ich bin auf jeden Fall zufrieden und sehr froh, dass ich nach wie vor ohne körperliche Einschränkungen das Training absolvieren kann.

Die aktuelle Woche ist ruhig und dient der Erholung. Ich genieße also die Zeit daheim mit der Family, erledige ein paar Dinge und freue mich auf den nächsten Trainingsblock at home! Ende Februar geht es dann für die finale Vorbereitung auf den Ironman Südafrika nochmal nach Mallorca. Gemeinsam mit Nils Frommhold werde ich im Viva Blue in Alcudia sein.

Also Leute, haut rein!
Bis in Kürze, euer Bocki

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12 Kommentare

  1. Nimmst du das Trainingslager auch um deine schwächste Disziplin, wie bei fast jedem das schwimmen, zu verbessern ? Sprich mehr Technikübungen, höhere Umfänge etc., oder dient es dir lediglich für mehr Trainingszeit in den einzelnen Disziplinen ?

  2. Echt stark der Pro Blog!
    Die Reminder erstmal abgespeichert, kann ich mich nur anschließen.
    Feier die vlogs von Malle auch sehr. Alles gute!

  3. In dem TL ging es eigentlich hauptsächlich um Basisarbeit in allen Disziplinen – da gehört Technik auch dazu. Ein spezieller Fokus lag aber nicht darauf.

  4. Super geschrieben und Recht hast du damit! Jeder muss sein Ding machen, wozu er Lust hat und was ihm gut tut.
    Viele Wege führen nach Rom (Roth oder Südafrika) 😉

  5. Hi Niclas, danke für den Blog und die Offenheit. Was mich und vielleicht andere interessieren würde, wäre ein „Administration und Organisations“-Beitrag: wie findet ihr die beste Unterkunft für eure Ansprüche, was kostet das Trainingslager in Selbstorganisation vs. Hotelunterkunft, wie habt ihr das mit dem Mietwagen gemacht etc. pp. Die Krönung wären dir/euch bekannte Profi-Lifehacks, wie bspw. die Germanwings-Kreditkarte für kostenlosen Radtransport usw. – vielleicht gibt es da noch mehr, wie man auf Mallorca von A nach B kommt, wie man so etwas organisiert,… Danke dir

  6. „#Triff die für dich beste Entscheidung, sei konsequent und selbstbewusst!“
    Mega. Das bringt es auf den Punkt im Tri als auch in Bezug auf viele andere Themen im Leben. Daher liebe ich den Sport auch so. Sehr cool zu sehen, wo sich dieses PRO:ject jetzt schon hin entwickelt hat und wie ihr eure Reise transparent macht. Cool zu verfolgen mit der Kombi aus Vlog, Blog etc. Ich kann nur sagen, dass ich da viele Learnings als auch Motivation draus ziehe, weiter so !
    Keep on rockin 😉 und haut einen raus !

    …and don’t forget to do your homeworks ;P