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Super League in München: Was bleibt von den Arena Games?

10. April 2022



Man mag von virtuellem Racing halten, was man möchte, Fakt ist: Die Arena Games sind noch einmal eine ganz andere Nummer – eine ziemlich spektakuläre sogar! Ein Rückblick auf einen actionreichen Raceday bei der Super League mit Strahlkraft für die Kurzdistanz-Szene. Bild: Simon Gehr

Immer noch völlig aufgekratzt, mit breitem Grinsen im Gesicht und dem Gefühl einer herrlichen inneren Unruhe – das ist mein Gemütszustand, während ich diese Zeilen tippe. Wie man sich eben so fühlt nach einem Tag im Rausch der Arena Games.

Ich kann mir wohl sparen, an dieser Stelle darauf hinzuweisen, erklärter Fan der Race-Formate von Super League Triathlon zu sein. Stimmt mir zu oder nicht: Super League haut immer wieder einen raus – und es macht einfach Spaß, dabei zuzugucken. Nicht mehr und nicht weniger. Wer sich das Spektakel einmal live gegeben hat, ist unweigerlich heiß auf mehr davon. Das gilt für die Outdoor- und für die Indoor-Formate. Dass mein Puls ab Betreten der Münchener Olympiahalle am gestrigen Samstag um etwa 10 Uhr auf konstant hohem Niveau blieb, erklärt sich von selbst. Aber was bleibt von so einem Super League-Tag eigentlich langfristig?

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Race-Recap im Schnelldurchlauf: Deutsche in Bestform

Sicher, zu einem klassischen Race-Bericht gehört der Blick auf die Ergebnisse. Ausführlich nacherzählen möchte ich an dieser Stelle nichts – wäre nach einem Rennen mit umfassender Live-Coverage irgendwie auch unnötig. Wer sich das alles noch einmal im Detail geben möchte, findet dazu dank der obligatorischen Contentangebote im opulenten Super League-Stil genug Möglichkeiten via YouTube und Instagram.

Was aber unbedingt erwähnt werden muss: dass sich die deutschen Starter stark präsentieren konnten in diesem internationalen Feld. Sowohl bei den Männern für Justus Nieschlag (Bronze) als auch bei den Frauen für Lena Meißner (Silber) und Anabel Knoll (Bronze) gab es Medaillen zu verzeichnen. Und man musste schon sehr optimistisch gewesen sein, um das erwartet zu haben. Oder einfach nur ein aufmerksamer Beobachter. Alles eine Frage der Perspektive.

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Ladys first: Überraschung und Ausblick auf die nächsten Arena Games

Bei den Frauen kam der Medaillenhagel jedenfalls überraschend – auch für Lena Meißner und Anabel Knoll (nur einen Tag vor ihrem Geburtstag; happy birthday!) selbst. „Ohne Erwartungen“ und „einfach, um Spaß zu haben“ waren die beiden an den Start gegangen. Das Ziel war somit bereits am Vormittag erreicht: überhaupt ins Finale zu kommen. Dass der Tag für die beiden mit Platz zwei und drei zu Ende gehen sollte, konnte ja keiner ahnen. Dass Beth Potter eine Machtdemonstration vom Feinsten aufs virtuelle Parkett zaubern würde, hingegen schon. Bereits in den Vorrunden, den sogenannten Heats, hatte sich das abgezeichnet.

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Es dürfte umso spannender werden, wie sich die ganze Renndynamik ändert, wenn mit Jess Learmonth und Georgia Taylor-Brown ab London dann zwei Super League-Expertinnen das Feld aufmischen. Das bestätigte auch Siegerin Potter: „In London wird das noch einmal ein anderes Rennen.“ Antwort auf die Frage nach ihrem Erfolgsgeheimnis für München: „Vermutlich meine Erfahrung.“ Word.

Die Männer bei den Arena Games: All-out – und chancenlos?

Erwartungen hatte es im Männerfeld hingegen einige gegeben. Insbesondere in Richtung des frischgebackenen 70.3-Rekordhalters Marten Van Riel oder auch Lauf-Ass Alex Yee. Beide hatten sich morgens entspannt gezeigt – und im ersten Heat noch etwas überrumpelt. Dennoch: Einer wie van Riel ist immer in der Lage, einen draufzusetzen. Eigentlich. Mit einem letzten Platz im Finale am Abend blieb er aber nicht zuletzt hinter seinen eigenen Erwartungen.

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Ganz anders Justus Nieschlag, der sich in dem durchaus starken Männerfeld bis auf Platz drei vorkämpfen konnte. Dabei hatte das am Morgen noch ganz und gar nicht danach ausgesehen. Angereist war der Schützling von Ikonen-Trainer Dan Lorang mit Unsicherheit im Gepäck. Ein sich anbahnender Infekt warf Fragen auf. „Wir sind dann noch einmal jeweils eine viertel Stunde in uns gegangen – und haben dann entschieden, das Risiko einzugehen.“ Offenbar die richtige Taktik. Für den Moment.

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Der wahre Zauber der Arena Games – oder: Was den Kameras verborgen blieb …

Kommen wir aber zu den Aspekten, in denen vermutlich das größte Potenzial der Arena Games liegt: Momente, die zehn Stunden Super League-Rausch so mit sich bringen. Nuancen eben, die man nur wahrnehmen konnte, wenn man den Blick von Wattzahlen und Ergebnislisten ließ und auf die Gesichter der Athleten richtete. Denn genau da zeigte sich das, was die Arena Games ausmacht: Kurzdistanz-Racing in all seinen Facetten.

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Da wäre zum Beispiel das Fragezeichen, das sich nach dem zweiten Heat in den Augen von Simon Henseleit erkennen ließ – obwohl er gerade alles gegeben hatte. Dazu das Achselzucken in Richtung Tribüne und Trainer Roland Knoll. Die knallharte Kompromisslosigkeit des Profisports. Oder der All-Out-Mode, den Jannik Schaufler auf das Curved-Laufband ballern und so für unübersehbare Schmerzen sorgen konnte. Überhaupt: dieses Racing am Limit, das wohl allen Athleten noch heute in den Knochen stecken dürfte. Einfach spektakulär!

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Das war es aber noch lange nicht mit der Bandbreite an Emotionen. Hinzu kamen Enttäuschung und Respekt vor der Härte des Rennens auf der einen, aber auch wahnsinnige Überwältigung auf der anderen Seite. Bewegender Stolz auf die eigene Leistung. Darauf, dass man sich in dem Feld behaupten konnte. Und Dankbarkeit – weil der Support von Zuschauern eben doch dazu beiträgt, nicht nur an Grenzen, sondern mitunter darüber hinaus zu gehen. Kurzum: The beauty of short distance triathlon!

Arena Games: Was für die Zukunft des Triathlons?

Vermutlich ist es auch das, was man an diesem Format einfach feiern muss: dass es Athleten die Möglichkeit gibt, Werbung für die kurzen Distanzen zu machen. Denn gerade die fristen nicht selten ein Schattendasein im übermenschlich-mystifizierten Mitteldistanz- und Langdistanz-Hype.

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Warum das wichtig ist? Für die Entwicklung des Sports sowieso. Gerade jetzt. Auf den kurzen Distanzen werden – so viel ist bekannt – die künftigen Weltrekordhalter auf den längeren gemacht. Diejenigen Athleten, die in zwei, drei Jahren neue Maßstäbe setzen könnten. Es wäre nichts weniger als eine verpasste Chance darauf, diese Entwicklung von Beginn an mitzuverfolgen, die Aufmerksamkeit nur auf die langen Distanzen zu richten. Formate wie die Arena Games tragen ihren Teil dazu bei. Wer sich darauf einlässt, kann nur gewinnen.

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Und sind es nicht gerade die kurzen Distanzen, die so manchem zwar irgendwann nicht mehr reichen, aber nach wie vor die Geburtsstunde der Triathlon-Begeisterung vieler Agegrouper sind? Der Ausgangspunkt der Evolution zum Ironman? Eben!

Abschließend kann ich persönlich nach zehn Stunden Racing-Rausch somit nur ein Fazit ziehen: Wenn etwas von den Arena Games bleibt, dann ist es wohl diese bedingungslose Bereitschaft der Athleten all-in zu gehen; die Hitze jedes einzelnen Rennens; das Mitfiebern, Anfeuern, Pushen; das Bewusstsein für die Bedeutung, die all das für die Entwicklung des Triathlons haben kann – und vielleicht auch für mich als Agegrouper.

Denn auch das macht das Format aus: dass man nach einem Tag im Rausch als Zuschauer glücklicherweise keinen Kater, dafür aber bestenfalls eine extra Portion Motivation hat. Und das nicht nur für die nächste Einheit auf der Rolle.

Alle Bilder: Simon Gehr

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