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Wohlfühlfaktor im Triathlon: Bessere Leistung dank besserem Wohlbefinden?

23. Mai 2022


Oakley ReSubZero Wellbeeing

Schon klar: Wenn’s im Sport läuft, steigert das unser Wohlbefinden. Aber wie wohl müssen wir uns fühlen, damit’s im Sport läuft? Eine Suche nach dem Wohlfühlfaktor im Triathlon und Ausdauersport!

Ich hätte es wissen müssen. Warum bin ich überhaupt losgelaufen? War ja sowieso nicht mein Tag. Beim nächsten Mal lass ich die Laufschuhe stehen – bringt nichts. Gott, war das gerade ich, in der Spiegelung der Bushaltestelle? Ernsthaft? Puh, sieht ja gar nicht aus wie bei den Profis! Was wohl diejenigen denken, die mich gerade hier laufen sehen? Komm, lass stecken. Das war’s für heute – nicht mein Tag. Ich bin raus.

Zugegeben: Mit derart negativen Gedanken einen Artikel über Wohlbefinden anzufangen, kann Fragen aufwerfen. Zum Beispiel: „Schwimmen, Radfahren, Laufen – warum tust du dir das eigentlich an?“ Umso besser ist es, dass wir als Triathleten nicht nur diese Frage kennen, sondern bestenfalls auch die klare Antwort darauf. „Weil es glücklich macht!“, sagt vielleicht der eine, „Weil es gesund hält!“ sagt eventuell der andere, „Weil ich die Szene liebe!“, meint wieder ein anderer. Recht hätten auch aus wissenschaftlicher Perspektive alle drei.

Kurzum: Wohlbefinden ist von höchstem Interesse im Ausdauersport. Es ist sogar das erklärte Ziel – als Nebenprodukt der Leistung. Oder auch als Erklärung bei ausbleibender Leistung (siehe Selbstgespräch oben). Beim Brillenhersteller Oakley ist Wohlbefinden sogar Antrieb in der Produktentwicklung. Schließlich wurde die kürzlich vorgestellte RE:SUBZERO für all jene entwickelt, „die sich gerne bewegen und ihr Leben durch Sport verbessern wollen“.

Klingt gut, aber: Aber welche Rolle spielt das Wohlbefinden für die Leistung selbst? Sind wir besser unterwegs, wenn wir uns im Training oder Wettkampf wohlfühlen? Mythos oder Wahrheit?

Wohlbefinden – was ist das eigentlich?

Fakt ist: Wer „Wohlbefinden Sport“ googelt, bekommt über 15,8 Millionen Ergebnisse dazu geliefert. Das Netz ist voll von Content zu (psychischem) Wohlbefinden, das allein sportlicher Betätigung zu verdanken ist. Zufall? Nope! Denn Sport hat klare gesellschaftliche Funktionen, darunter: die gesunderhaltende, soziale, politische, ökonomische und pädagogische Funktion. Zu letzterer zählt auch die Entwicklung des Selbstwertgefühls und Selbstbewusstseins. Aber werden wir nun mit mehr Selbstbewusstsein und mehr Wohlbefinden allgemein auch zu besseren Triathleten?

  • Exkurs: Macht Sport wirklich glücklich?

  • Hormon-Cocktail und „ein freier Kopf“ – eine Mischung, die zeigt: Sport tut nicht nur der Psyche gut, sondern auch dem Gehirn. Insbesondere die Ausschüttung bestimmter Hormone, bestenfalls das Triggern des Belohnungssystems und auch der Flow-Zustand (geringere Aktivität im emotionsgetriebenen präfrontalen Cortex, dadurch Stressreduktion) sind immer wieder Gegenstand der Forschung, dementsprechend also gut belegt.

Wie man zu Wohlbefinden findet, ist sicher höchstindividuell; was es genau bedeutet, sich wohlzufühlen, ist aber tatsächlich wissenschaftlich fassbar. Damit wir uns „wohlfühlen“ können, müssen individuelle psychische (z.B. Selbstwert), physische (z.B. Gesundheit) und soziale (z.B. Gemeinschaft) Faktoren erfüllt sein. Anders ausgedrückt, geht es um „den Erhalt einer überdauernden Lebensfreude“. So weit, so definiert. Also einfach selbstbewusst, gesund und mit Freunden unterwegs sein und schon klappt’s mit der Langdistanz in Weltrekord-Zeit? Sind die Norboys am Ende nicht besser, sondern fühlen sich schlichtweg wohler? Naja, so einfach ist es dann doch nicht.

Immer nur „Good Vibes“?

Denn auch das ist Tatsache: Obwohl die „Good Vibes“ im Triathlon so omnipräsent wie in kaum einer anderen Sportart sind, sind nicht alle Triathleten uneingeschränkt und zu jeder Tages- und Nachtzeit glücklich. Schon gar nicht immer über ihre Performance. Ausgerechnet die hängt bei vielen bekanntlich damit zusammen, ob ein Tag nun als „perfekt“ oder „gebraucht“ beschrieben wird. Und auch nicht alle Triathleten sind trotz mächtig vielen „Good Vibes“ gleichermaßen dazu in der Lage, Top-Leistungen abzurufen. Sonst wär’s auch langweilig.

Einigkeit herrscht in der Szene beim Thema Wohlbefinden und Leistung dennoch in puncto Relevanz. Das zeigen die eindeutigen Antworten von rund 4.000 Followern des Pushing Limits Instagram-Kanals.

  • Umfrageergebnisse: Wohlbefinden und Sport

  1. 98 Prozent der gaben an, dass Sport zu ihrem Wohlbefinden beiträgt.
  2. 64 Prozent sehen Wohlbefinden als essentiell an, um auch Leistung erbringen zu können.
  3. 73 Prozent steigern ihr Wohlbefinden, wenn auch Bestzeiten und Erfolge dabei herumkommen – 17 Prozent sagen aber auch, dass ihnen der Sport genügt, ganz ohne PB-Ambitionen.

Okay, Wohlbefinden ist also wichtig und wissenschaftlich gut erklärbar. Wer den Effekt des „Wellbeings“ auf die Performance erklären will, muss allerdings tiefer eintauchen – mindestens bis zu den Themen Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl. Und das beispielsweise in Kombination mit Bewegungen, die wiederum überhaupt eine gute Performance zulassen.

Kann man Wohlbefinden trainieren?

Korrekt, eine Antwort auf die Frage nach dem Zusammenhang könnte sich tatsächlich in der Visualisierungstechnik aus dem Mental-Coaching finden. Das Prinzip: durch Visualisierung ein Bewegungsmuster so ausführen, wie es für eine optimale Performance elementar ist – mit belegbarem Performance-Erfolg, wie unter anderem die Humboldt Universität Berlin erläutert: „Experimentelle Studien zeigen, dass das Visualisierungstraining sowohl bei unerfahrenen als auch bei erfahrenen Athleten signifikante Verbesserungen erzeugt.“ Anders ausgedrückt: Da is‘ was dran!

Am Beispiel der möglichst aufrechten Haltung des Oberkörpers beim Laufen ist das gut erklärbar: Wer statt mit herunterhängender Schulterpartie möglichst mit aufgerichtetem Körper läuft, fühlt sich erstens wohler und zeigt zweitens eine bessere Lauftechnik – die letztlich zu einer Performance-Verbesserung beitragen kann.

Ähnliches gilt beim Thema Stress. Schon einmal unter dem Einfluss von negativem Stress, also Unwohlsein, losgelaufen? Sicher, gerade dann kann Sport essentiell sein, um Gedanken zu ordnen (siehe oben: Flow) oder durch ein Erfolgserlebnis (verbesserte Zeit, Trainingsziel, Abhaken der Einheit) auch den Stress wieder abzulegen. Er kann das negative Gefühl aber auch ausgerechnet dann noch bestärken – zum Beispiel, wenn der Erfolg ausbleibt und eben nicht mal das Training läuft. So viel zur Wahl der Szenerie zu Beginn des Artikels.

Es gibt ihn, den Wohlfühlfaktor!

Also zurück noch einmal zum Anfang: Wie wäre das Selbstgespräch wohl an einem Tag ausgegangen, an dem sich der/die unbekannte Triathlet/in wohlfühlt? Womöglich so:

Ich hätte es wissen müssen. Warum bin ich überhaupt losgelaufen? Ach ja: Weil ich Bock auf diesen Sport habe. Und damit meine Erfolgssträhne in TP anhält. Mega! Außerdem ist ja einmal laufen besser als keinmal laufen. War das gerade ich in der Spiegelung der Bushaltestelle? Egal! Heute läuft’s, sogar gut. Und überhaupt: Hat sich ja ganz schön was getan in puncto Pace und Laufstil. Ich hab das in mir, das weiß ich einfach. Voll mein Tag. Da geht noch was – und immer schön den Blick nach vorne richten, die Beine anziehen und pushen wie Anne in Utah! Oder wie ein Adler. Sport ist schon was Geiles. Ein Kilometer noch. Mindestens!

 Noch Zweifel, ob es ihn nun wirklich gibt, den vielgesuchten Wohlfühlfaktor?

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3 Kommentare

  1. Mein Gedankengang zum „Wohlfühlenfaktor…“ warum nicht auch beim Ironman Hawaii…Ich habe mich gefragt ob es im Agegroupbereich mit dem Ziel gescheites Finishen..beim Ironman Hawaii nicht schlau wäre, ein aero bike mit Rennradlenker zu nutzen…die oft beschriebenen Windverhältnisse würden mich leichtgewichtige Schissbuchse z.B. oft auf den Baselenker zwingen, der aber was das Handling und Komfort/Wohlfühlfaktor angeht dem Rennradlenker deutlich unterlegen ist. Besseres Handling im Wind, und gelegentliche Entlastung des Rückens könnten m.E. den Aero Nachteil verkleinern, und so manchen Vorteil beim Marathon bringen. Was meint ihr….

  2. Das ist etwas, womit ich mich zum ersten Mal begegne. Da ich kein sportlicher Man bin, sind mir viele Sachen hier absolute neu. Jetzt wenn ich hier eurem Beitrag bis Ende gelesen habe. Habe ich eine komplett andere Meinung nicht nur über Triathlon, sondern generell über Sport. Dafür danke ich dir.