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Gravel Biking: Die unbekümmerte Freiheit auf zwei Rädern

06. Mai 2020



Würde es das Gravel Bike nicht geben, wäre ich mittlerweile wohl nur noch sporadisch auf zwei Rädern unterwegs. Nach zig tausenden von Kilometern und unzähligen Stunden auf dem Rennrad oder dem TT-Bike war ich des Radfahrens auf den Straßen und immer gleichen Strecken müde. Eigentlich ein trauriges Eingeständnis. Doch dann kam das Graveln und plötzlich waren sie wieder da: Die Lust aufs Radfahren und die mir so bekannte Freiheit auf zwei Rädern.

Darf man das eigentlich sagen? Also dass man keine besondere Freude mehr am Rennradfahren verspürt oder dass das Ballern auf dem TT-Bike irgendwann auch mal seinen Reiz verliert? Jeder Jeck ist bekanntlich anders und jeder Triathlet erst recht, aber mir erging es so wie beschrieben. Es war ein schleichender Prozess, so wie die letzten Meter mit einem Snakebite im Reifen bevor die Luft komplett entwichen ist und man sich plötzlich fragt: Was fühlt sich denn da so komisch an?

Dann rollst Du noch ein paar Meter, stellst fest, dass Du mittlerweile nur noch auf der Felge fährst, hältst an, machst die üblichen Handgriffe, ziehst den Ersatzschlauch ein, pumpst mit der ömmeligen Handpumpe aus der Trikottasche so viel Luft wie nötig in den Reifen und fährst weiter. Standard, schon hundert Mal vorgekommen.

Wenn sich das Radfahren aber irgendwann ganz ohne Snakebite und entweichender Luft komisch anfühlt, dann hilft auch kein neuer Schlauch mehr.

Flucht ins Abenteuer: Gravel Biking

Das war der Moment, in dem ich bereit war etwas Neues auszuprobieren. Mountainbike? Nee, dafür fehlen mir die Skills und außerdem das Terrain. E-Bike? Vielleicht in 40 Jahren. Blieben noch Crosser und Gravel Bike – um ehrlich zu sein hatte ich anfangs keinen blassen Schimmer über den Unterschied dieser Bike-Kategorien. Aber man findet Antworten, wenn man sich damit beschäftigt: Unter anderem in unserem Podcast über das Gravel Biking, in dem viele Aspekte besprochen werden, oder in meinem Blog über das Gravel Bike als solches.

Schon nach der ersten Gravel-Tour war ich angefixt. Es war genau die Art des Radfahrens, die ich vermisst hatte! Als ich mit dem Rennradfahren angefangen hatte, konnte ich ständig neue Gegenden entdecken, außerdem war ich begeistert von den Distanzen, die ich mit dem Rennrad bewältigen konnte. Auf dem TT-Bike war es vor allem die Geschwindigkeit, die besonders Bock machte.

Das waren jedoch faszinierende Dinge, die irgendwann der Gewohnheit wichen – wie so vieles im Leben. Ich wollte wieder was erleben auf dem Rad!

Sehnsuchtsort Fahrrad

In den 14 Jahren als Triathlet bin ich sicherlich schon über 100.000 Kilometer mit dem Rennrad oder TT-Bike unterwegs gewesen. Vor allem zuhause hat jeder seine „Standardrunden“ und so hatte ich auch meine 40, 60, 100 und 120 Kilometer-Schleifen, die ich je nach Bedarf und Trainingsinhalt miteinander kombiniert habe.

Der Alltag auf zwei Rädern wurde irgendwann so grau, wie der Asphalt auf dem ich unterwegs war.

Was fehlte waren die Überraschungsmomente, die Aha-Erlebnisse, die Abwechslung. Nachdem ich Ende 2018 meine Profi-Karriere an den Nagel gehangen hatte, wurden die Zeitintervalle, in denen meine Räder unberührt in der Garage stehen blieben, immer länger. Je länger sie wurden, desto größer wurde aber auch die Sehnsucht nach der Freiheit auf zwei Rädern, die ich damals kennengelernt hatte. Auf dem Rennrad würde ich sie nicht mehr stillen können, das war klar. Meine Hoffnung lastete also auf den Stollenreifen des Gravel Bikes!

Hoffnungsträger Gravel Bike

Und ich wurde nicht enttäuscht. Im Gegenteil, so viel Spaß hat Radfahren schon lange nicht mehr gemacht. Ich bemesse die Ausfahrten nicht mehr nach Distanz oder Geschwindigkeit, sondern danach, ob es Bock gemacht hat unterwegs zu sein. Beim Graveln kann ich den Kopf ausschalten und einfach fahren. Einfach fahren.

Die Abstriche, die ich mit dem Gravel Bike auf der Straße machen muss, sind gering. Der Zugewinn an Möglichkeiten abseits des Asphalts jedoch kaum zu bemessen.

Das ist es, was ich an dem Rad so schätze. Deswegen lohnt es sich auch, abends noch schnell für die Feierabend-Runde loszurollen. Es geht mir dann weniger um einen Trainingszweck, als viel mehr darum einfach nochmal frische Luft zu schnappen und mich ein bisschen zu bewegen. Und wenn ich doch im Grundlagenbereich trainieren möchte, dann würde ich behaupten, dass es nichts angenehmeres gibt, als auf dem Gravel Bike durch die Gegend zu cruisen und dem Straßenverkehr den Rücken zukehren.

Wenn ihr die Chance habt ein Gravel Bike auszuprobieren, dann kann ich es euch nur ans Herz legen. Gerade jetzt, in einer Zeit, die sich bestens dazu eignet den ein oder anderen Versuch anzustellen, lohnt es sich definitiv. Vielleicht seid ihr ja auch schon dem Graveln verfallen und möchtet es nicht mehr missen? Oder führt für euch kein Weg an Rennrad und TT-Bike vorbei? Welches Bike ist euer liebstes?

So oder so gilt: Genießt die Freiheit auf den zwei Rädern, die für euch die Welt bedeuten!

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4 Kommentare

  1. Dein Artikel kommt gerade wie gerufen 🙂 Sportlich überall durch finde ich auch reizvoll und so habe ich mir vor zwei Tagen endlich mal ein Gravel-Bike bestellt 🙂

  2. Wenn ich nur ein Rad hätte, wäre es ein Gravel Bike. Geht mir genauso wie Dir – nur fahre ich meine Runde im Moment immer morgens vor der Arbeit

  3. Das Gravel Bike verleiht Dir ein Gefühl von Freiheit! Du kannst deine Fahrten viel freier gestallten. Feld- oder Waldwege geben mir ein viel besseres Gefühl 🙂

  4. Ja klasse, habe gerade den Artikel gelesen und wenn es noch den entscheidenden Ruck zum Gravel Bike benötigt hat, dann dein ehrlicher offener Umgang mit den „Routine-Touren“…danke jetzt kaufe ich mir ein Gravel Bike und zwar ein reines Gravel und keine eierlegende Wollmilchsau mit der sich dann doch irgendwelche Routine-Touren einschleichen….bleibe hier hängen , mit Sicherheit…