Jan Stratmann vor der 70.3 WM: „Ich bin über das Jahr hinweg gereift.“
29. Oktober 2022
Keine Frage: Jan Stratmann ist „on fire“. Und wer ihn so kurz vor der 70.3 WM am Hörer hat, der merkt schnell, dass der Profi-Triathlet Lust auf ein versöhnliches Ende mit der Saison hat. Beste Voraussetzung für den Vollgas-Modus an diesem Race-Day! (Bilder: Tom Schlegel)
Fun-Fact vorab: Jan Stratmann sitzt an der Quelle – jedenfalls was die Internetverbindung angeht. Denn der sympathische Profi-Triathlet nächtigt tatsächlich in einem Homestay des Internet-Verantwortlichen für den Livestream der Rennen der 70.3 WM in St. George. Vielleicht ein gutes Omen in puncto Highspeed? Denn so schnell das Bild aus Utah um die Welt gehen muss, so groß ist auch die Race-Lust bei Jan. Und das ist gut so.
Denn Fakt ist auch, dass 2021 nicht alles ausnahmslos stabil lief. An dieser Stelle von mentalen Funklöchern zu sprechen, überreizt die Symbolik der anfangs beschriebenen Wohnsituation vielleicht. Aber ein bisschen was ist dran. Darüber schweigt sich Jan nicht aus, sondern nimmt all das auch als Antrieb für einen guten Saison-Abschluss.
Und die Zeichen stehen dafür recht gut. Das merkt schnell, wer dieser Tage durch Jans Social-Media-Kanäle scrollt. Er wirkt gut gelaunt, ganz bei sich, locker – und unglaublich motiviert. Das Setup stimmt eben einfach, die Ernsthaftigkeit aber auch. Genau diese Kombination macht Laune!
Ich habe richtig Bock, zu zeigen, was ich kann – und dass ich das Ergebnis aus dem letzten Jahr toppen kann.
Morgens einstellige, mittags zweistellige Temperaturen – das Wetter stellt Triathleten, die auf jedes Gramm bedacht sind, natürlich vor Equipment-Fragen. Dich auch?
Jan Stratmann: Ich weiß mit den Bedingungen umzugehen. Es dürfte aber auch einige geben, die das unterschätzen. Mein Coach, Björn Geesmann, hat mir ganz klar dazu geraten, mich gut und warm anzuziehen. Der Körper braucht einfach zu viel Energie, wenn er runterkühlt. Und bei den prognostizierten drei bis fünf Grad wird das entscheidend sein. Aber ja, es ist ein Thema, das uns alle umtreibt. Denn in einem Rennen, in dem es um jede Sekunde geht, darfst du dir keine Fehler erlauben – und eigentlich nicht riskieren, Zeit in T1 zu verlieren oder weniger aerodynamisch unterwegs zu sein.
- Recap
So lief das Frauenrennen bei der 70.3 WM in St. George
Apropos keine Fehler: Ganz generell ist das Feld bei den Männern inzwischen so eng, dass es wirklich auf Details ankommt – alles voller Top-Performer. Wo ordnest du dich in diesem Feld ein? Und welche Strategie hast du für dich gefunden, um damit umzugehen, von solch einer Konkurrenz umgeben zu sein?
Jan Stratmann: Als ich im vergangenen Jahr zum ersten Mal hier gestartet bin, wurde ich 13., denn die Luft war ein bisschen raus – was grundsätzlich normal ist am Ende eines Jahres. Aber in diesem Jahr ist die Situation ein wenig anders: Ich glaube, dass ich über das Jahr hinweg gereift bin. Gerade das Frühjahr war sehr herausfordernd, da ich parallel auch noch meinen Master abgeschlossen hab. Danach habe ich mich komplett neu aufgestellt und wir haben angefangen, viele Baustellen, die sich über die Jahre so aufgetan haben, einfach mal abzuarbeiten. Das war enorm wichtig, weil einiges davon auch für ein Karriereende hätte sorgen können …
… da muss und möchte ich natürlich nachfragen: Welche Baustellen meinst du damit genau?
Jan Stratmann: Über allem stand sicherlich erst einmal der mentale Aspekt. Den darf man einfach nicht unterschätzen. Das betrifft das gesamte Leben als Profi – nicht nur in sportlicher Hinsicht. Darüber hatte ich auch schon mal mit Nick gesprochen: Du kannst diesen mentalen, selbstgemachten Druck nicht immer gleich gut aushalten. Ich habe beispielsweise versucht, sowohl den Profisport als auch das BWL-Studium zu 100 Prozent durchzuziehen. Und das über die letzten acht, neun, zehn Jahre. Irgendwann kommt dann der Punkt, an dem der Körper einfach zumacht und dich dazu zwingt, mal etwas herunterzufahren. Ich hatte über die ganze Saison Hüft- und Rückenprobleme – was man nicht unbedingt von außen immer mitbekommt. Es lief ja trotzdem gut, aber die Frage war: zu welchem Preis?
In Zell wurde ich in diesem Jahr dann zwar schon wieder Zweiter. Zur Wahrheit gehört aber eben auch, dass ich nach wie vor Magenprobleme, wie Sodbrennen und Appetitlosigkeit habe. Auch das geht auf Kosten der Lebensqualität und der Energie. Umso mehr arbeite ich aber daran, wieder richtig durchstarten zu können. Profisport ist halt auch brutal: Letztes Jahr bin ich in den Top-30 in die Winterpause gegangen, konnte dann drei, vier Monate nicht performen – und schon war ich wieder raus. Umso mehr sehe ich St. George als Chance, ein persönlich gutes Ende für dieses Jahr zu finden.
Über die letzten Jahre haben sich viele Baustellen aufgetan und die arbeiten wir gerade gemeinsam ab.
Nachdem mit dem Abschluss des Masters der eine Punkt auf der Liste ja nun abgehakt ist: Merkst du schon eine Verbesserung? Ist der Kopf wieder freier?
Jan Stratmann: Auf jeden Fall! Es sind jetzt noch wenige Stunden bis zum Rennen und ich freue mich einfach darauf: Ich habe richtig Bock, zu zeigen, was ich kann – und dass ich das Ergebnis aus dem letzten Jahr toppen kann. Ich möchte alles geben am Renntag. Und wenn ich das am Ende sagen kann, bin ich zufrieden.
Ist finanziell bedingter Performance-Druck ein Thema für dich?
Jan Stratmann: Das Thema blende ich eigentlich komplett aus – wenn überhaupt ziehe ich nach dem Rennen Bilanz. Aber ich bin mir natürlich auch darüber bewusst, dass ich damit eine aktuell sehr komfortable Position habe. Auch das ist nicht selbstverständlich. Denn: Ohne die Leistung zu bringen, geht all das natürlich auch nicht. Social-Media allein reicht im Profisport natürlich nicht (lacht). Und das ist auch gut so. Denn letztendlich sollte es doch um sportliche Erfolge in so einem Weltklasse-Feld gehen und das Preisgeld erst danach relevant sein …
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