Gutes Training heißt durchziehen – jahrelang
23. März 2021
Warum Beständigkeit die vielleicht wichtigste Trainingskomponente ist. Ein Interview mit Coach und Buchautor Matt Dixon. Titelbild: Danny Weiss
„Es gibt eine magische Komponente, ohne die kein Training erfolgreich sein kann – weder im Spitzensport noch auf dem Weg zur ersten Finishline. Diese Komponente heißt Beständigkeit“, ist Matt Dixon überzeugt.
Er ist Coach, Inhaber vom Trainingsinstitut PurplePatch Fitness in San Francisco sowie Autor von Büchern wie „Der komplette Triathlet“ und „Hocheffizientes Triathlontraining“. Ach ja, nebenher trainiert(e) er auch Profis wie den Challenge-Roth-Dritten 2018, Jesse Thomas, oder die Ironman-Hamburg-Zweite 2019, Sarah Piampiano, und kam als Coach so auf bisher rund 350 Profi-Siege und -Podiums in Ironman- und Ironman-70.3-Rennen.
Er sollte also wissen, wie richtiges Training geht. Pushing Limits hat er erzählt, warum Beständigkeit wichtig ist und wie man es schafft, am Ball zu bleiben.
Warum ist für Agegrouper konstantes, beständiges Training so wichtig?
Matt: Hauptsächlich aus zwei Gründen. Der erste ist, dass sich sportliche Leistungsfähigkeit eher über eine gewisse Zeit hinweg entwickelt, indem immer wieder ein neuer Trainingsreiz gesetzt wird – und nicht von jetzt auf gleich durch irgendwelche Monster-Sessions oder fette Trainingsblöcke einfach da ist. Das Training muss zum Lebensstil passen, damit es zu einer Leistungssteigerung führt, ohne das Risiko für einen Burn-out oder Verletzungen des Muskel-Skelett-Systems zu erhöhen.
Der zweite Grund ist, dass Training über die reine Wirkung auf die sportliche Leistungsfähigkeit hinausgeht oder hinausgehen sollte. Wer trainiert, tut bestenfalls auch etwas für seine Gesundheit, verbessert sein Energiemanagement und wird in allen Lebensbereichen leistungsfähiger. Aber das gelingt nur, wenn das Training auch durchhaltbar ist.
Beständigkeit bedeutet in diesem Zusammenhang, dass man auf einem Niveau trainiert, das sich so in den Alltag einfügt, dass das Training langfristig durchhaltbar ist. Dann ist es eine gute Sache – und ein Zeichen dafür, dass das Training schlau gestaltet ist.
Welche Bestandteile sollten denn möglichst beständig sein? Nur die drei Hauptdisziplinen Schwimmen, Radfahren und Laufen oder auch andere Komponenten?
Matt: Wir haben bei uns ein Motto, dass da lautet: Alles in Maßen, auch der Exzess. Das heißt, dass niemand leben muss wie ein Mönch und niemals vom Pfad des gesunden Lebens abweichen darf. Dieses Motto geht weit über Schwimmen, Radfahren und Laufen hinaus. Es bedeutet, auch Schlaf, Regeneration, Athletiktraining, Ernährung und andere Grundlagen sinnvoll in den Alltag zu integrieren. Wenn es dem Athleten gelingt, diesen Ansatz für Training und begleitende Faktoren umzusetzen, wird er sich auf jeden Fall verbessern.
Was sind die Voraussetzungen dafür, beständig trainieren zu können?
Matt: Man sollte sich auf keinen Fall an einer bestimmten Anzahl an Trainingsstunden pro Woche festbeißen. Für einen Agegrouper ist das nicht immer der richtige Weg. Essenziell ist es dagegen, sich ein Mindset zuzulegen, in das der Athlet sämtliche Komponenten seines Alltags mit einbezieht: eine Art Landkarte aus den alltäglichen Verpflichtungen, aus genügend Schlaf und Regeneration, in deren Leerräume, also der dann noch verfügbaren Zeit, schließlich das passende Trainingsprogramm eingepasst wird.
Das ist genau der umgekehrte Ansatz von dem, den viele Sportler verfolgen: einen Plan zu nehmen und zu versuchen, ihn irgendwie in ihren Alltag zu quetschen. Das wird früher oder später zu Unterbrechungen führen. Damit Training langfristig funktioniert, braucht es Mut und Perspektive.
Ist es möglich, Unterbrechungen, zum Beispiel aufgrund von stressigen Jobphasen, auszugleichen?
Matt: Eher umgekehrt. Man kann zusätzlichem Stress, der im Leben immer mal wieder aufkommt, gut entgegenwirken, indem man zumindest ein gewisses Maß an Training aufrechterhält und die anderen Grundfaktoren nicht vergisst.
Man muss nicht immer in jedem Bereich gleichzeitig Fortschritte machen. Wenn das Leben gerade einmal richtig stressig ist, muss das Training zwar Teil des Puzzles bleiben, aber es ist dann eben nicht der dominante Teil. Manchmal reicht es schon, wenigstens ein bisschen was zu machen, um insgesamt vorwärtszukommen.
Wie sieht eine typische Trainingsplanung mit Fokus auf Beständigkeit aus? Welche Elemente enthält sie?
Matt: Ein auf Beständigkeit ausgerichteter Trainingsplan synchronisiert sich mit der Ebbe und Flut des Lebens. Wenn man gerade mehr Freiraum hat, dann kann man die Trainingsumfänge und Intensitäten etwas hochfahren.
Wenn man sich dagegen gerade in einer etwas stressigeren Lebensphase befindet, dann sollte man sich damit zufriedengeben, die Schlüsseleinheiten umzusetzen; also die Einheiten, die an der Leistungsschraube drehen, und das restliche Training um diese Einheiten herum reduzieren, damit Platz entsteht, um sich um die anderen Verpflichtungen zu kümmern, die gerade anstehen.
Pragmatisch zu bleiben und ein Trainingsprogramm zu etablieren, das um die Schlüsseleinheiten herum gebaut ist und dessen unterstützende Einheiten von der Trainingsbelastung her flexibel bleiben, versetzt einen Athleten in die Lage, sich selbst dann noch zu verbessern, wenn sein Leben eigentlich picke-packe voll ist.
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