Wie finde ich den passenden Bikefitter?
13. Januar 2022
Eine gute Sitzposition verbessert Aerodynamik und Komfort. Deshalb lohnt sie sich für jeden sportlichen Radfahrer. Aber wie findet sich ein Bikefitter, der genau das kann, was ich brauche? Zwei Experten geben Tipps.
Mit dem sportlichen Radfahren ist das so eine Sache: Einerseits macht es riesigen Spaß, allein oder in einer Gruppe, die Gegend unsicher zu machen. Zu sehen, wie man schneller wird, die Stammrunde leichter fällt oder man den Kumpel endlich mal im Ortsschildsprint abhängt.
Andererseits ist dieser Spaß recht schnell vorbei, wenn Po und Nacken anfangen, weh zu tun oder die Hände einschlafen. Selbst wenn nichts schmerzt, verpulvert man vielleicht wertvolle Energie, weil man wie ein Brett im Wind sitzt oder die Kraft nicht optimal aufs Pedal bringt. Vor allem im Triathlon schlecht, wo ein langes Einzelzeitfahren absolviert wird, nach dem man noch laufen können sollte. Die Lösung? Ein Bikefitting.
„Das beginnt im Grunde schon mit dem bloßen Einstellen der Sattelhöhe. Als zu bezahlende Dienstleitung sehe ich allerdings als Minimum ein dynamisches Fitting mithilfe einer Videoaufzeichnung mit vorangehendem Gespräch und Bewegungsbeurteilung“, sagt Martin Schwier, der in seinem Elmshorner Radladen Veloskop seit gut 15 Jahren Menschen schmerzfrei und/oder aerodynamisch aufs Rad setzt.
Nachfragen, nachfragen, nachfragen
Doch Kameras allein machen einen Fahrradladen noch nicht zum Fittinglabor und einen Fahrradenthusiasten nicht zum Fitter: „Die Bezeichnung Bikefitter ist nicht geschützt, es ist kein anerkannter Ausbildungsberuf“, gibt Holger Röthig zu bedenken. Der Solofinisher des Ultraradrennens Race Across America informiert auf der Webseite seines Unternehmens deshalb nicht nur über den Ablauf eines Bikefittings dort, sondern auch über seine zahlreichen Aus- und Fortbildungen in diesem Bereich.
Er hält es für wichtig, beim Erstkontakt nachzufragen, ob und welche Zertifikate der potenzielle Positionsoptimierer vorweisen kann: „Hat er Kurse besucht und außerdem in etwas Technik investiert, ist das schon ein gutes Zeichen dafür, dass er das ernsthafter angeht“, sagt Röthig.
Auch wenn an sich erst nach dem Fitting wirklich ersichtlich wird, wie gut der Fitter war, gibt es laut Martin Schwier nichtsdestotrotz ein paar Fragen, die ein interessierter Athlet oder eine interessierte Athletin schon beim ersten Telefonat stellen kann, um sich ein besseres Bild zu machen, zum Beispiel:
Wie lange bieten Sie Bikefitting schon an?
Wie viele Bikefittings haben Sie schon gemacht/führen Sie pro Jahr durch?
Welche Lehrgänge haben Sie besucht?
Mit welchen Methoden arbeiten Sie?
Wie viele verschiedene Produkte (z. B. Sattelmarken, Einlegesohlen, Extensions usw.) halten Sie vor?
Schnäppchen sind oft keine
Je umfassender die Erfahrung und Arbeitsmethoden und je mehr Auswahl es bei den vorgehaltenen Produkten gibt, desto mehr Optionen lassen sich während des Fittings ausprobieren. Einen bequemen Sattel findet man eben nur dadurch, dass man auf ihm fährt. Darüber hinaus weiß ein guter Bikefitter um seine Grenzen – und wird deshalb beim Erstgespräch am Telefon ebenfalls schon ein paar Dinge abfragen. Vielleicht kann er nämlich bei spezifischen Verletzungen nicht helfen, bei bestimmten Bewegungsmustern oder schlicht, weil in einem speziellen Fall ein Windkanal notwendig wäre.
Hellhörig werden sollten Athleten und Athletinnen, wenn ein Bikefitting pauschal sofortige Verbesserungen der Situation garantiert (die im besten Fall eintreten, aber auch ein Prozess sein können), die Einstellung in deutlich weniger als 1,5 Stunden über die Bühne gehen oder unter 100 bis 150 Euro kosten soll – hier sind sich Schwier und Röthig einig. „Das klingt nach Schnäppchen, aber für einen solchen Stundenlohn sollte man nicht zu viel erwarten“, weiß Holger Röthig und ergänzt: „Für ihr Rad geben die Sportlerinnen und Sportler eine Menge Geld aus. Komfortabel und effizient darauf zu sitzen, sollte ihnen entsprechend auch etwas wert sein.“
Damit sie komfortabel und effizient auf dem Rad sitzen, sollte sich der Bikefitter nicht nur ein Problem fokussieren, sondern auch andere Körperregionen mit einbeziehen – schließlich entsteht keine Bewegung isoliert –, und er sollte über mehr als Knielot und Augenmaß als Fittinginstrumente verfügen.
Dynamisch statt statisch messen
„Statische und auf Berechnungen basierte Methoden bringen höchstens für die Bestimmung der Rahmengröße etwas“, erklärt Martin Schwier. „Ansonsten ist jeder Mensch individuell“ – und das muss sich im Bikefittingprozess wiederfinden. Der unterscheidet sich je nach Bikefitter und Fittingkonzept, sollte aber folgende Bestandteile enthalten:
- persönliches Gespräch für eine erste Einschätzung seitens des Fitters (wo liegt das Problem, welches Ziel hat Athlet/Athletin?)
- Körpercheck (z. B. mittels Übungen zur Ermittlung der Beweglichkeit, Messung Beinlängendifferenz etc.), um den Ist-Stand zu definieren
- Analyse in Bewegung auf dem Rad mittels reproduzierbarer, dynamischer Messmethoden
Anpassung und Kontrolle der Wirksamkeit dieser Anpassung(en)
„Wenn jemand wegen Schmerzen zum Bikefitting kommt, gilt es, erst diese zu beheben, danach kann man dann an die Aerooptimierung gehen“, erläutert Martin Schwier. Und diese Aerooptimierung bedingt fast immer auch ein Arbeiten an körperlichen Potenzialen, sprich: Athlet oder Athletin müssen aktiv an Stabilität und Beweglichkeit feilen, bevor der Fitter weitere Optimierungen vornehmen kann. Auch hier zeigt sich wieder: Bikefitting ist ein Prozess.
Genau deshalb ist es auch wichtig, dass ein Fitter die Möglichkeit zu einem Re-Fit anbietet, wenn das Ergebnis nicht zufriedenstellend war – je nach Problem kostenfrei oder kostenpflichtig. Da ein ganzheitliches Bikefitting bis zu 2,5 Stunden gehen kann und bestenfalls über einen längeren Zeitraum Folgetermine zur Überprüfung und zum Finetuning der Sitzposition folgen, ist ein weiterer entscheidender Faktor, dass sich Athlet und Fitter sympathisch sind.
Immer mit der Ruhe
„Ein Bikefitting ist sehr persönlich. Es wird umso besser, je besser sich die beiden Parteien verstehen“, sagt Martin Schwier und rät zudem, dafür zu sorgen, dass der Termin möglichst störungsfrei ablaufen kann. Soll heißen: Keine anderen Kunden im Geschäft oder Labor, die die Aufmerksamkeit ablenken, kein Telefon, kein Terminstress – und keine Begleitung: „All das kann die Wahrnehmung beider Beteiligten stören.“
„Um einen guten Bikefitter zu finden, ist es hilfreich, im Bekanntenkreis herumzufragen, zum Beispiel im Triathlonverein“, rät Holger Röthig. Denn zum einen findet man so jemanden, der sich mit der entsprechenden Disziplin auskennt. Zum anderen ist der Fitter dann normalerweise in der Umgebung ansässig. Weite Wege, die viel Zeit und Aufwand bedeuten, sind nämlich eine Hürde für Folgetermine. Doch genau die sind wichtig, besonders wenn es – wie beim Triathlon – darum geht, möglichst schnell, aber auch möglichst bequem auf dem Rad zu sitzen.
P. S.: Vom Internationalen Bikefitting Institut gibt es auch ein unabhängiges Bewertungsportal für Bikefitter. Allerdings wird die Seite gerade überarbeitet.
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Ich kann da wärmstens den Fritz Buchstaller (Radsport Buchstaller) in Hilpoltstein empfehlen. Auf seinem Gebiet eine echte Koryphäe und auch bei vielen Profis beliebt. Der ganzheitliche Ansatz ist hier „Pflicht“ – erst der Körper des Athleten und dann das Rad.