Tagebuch: Best of Bocki #12: Aero-Test auf der Bahn
08. Mai 2018
Getreu dem Motto „aero is everything“ habe ich die kurzfristige Gelegenheit genutzt und letzte Woche einen Tag auf der Radbahn in Büttgen verbracht. Mein ehemaliger Coach Benja Herrera von den Kölner Sportwissenschaftlern ProAthletes hat gehalten was er versprochen hat: „Dann wollen wir dich mal schneller machen!“ Mit der neuen Sitzposition ist es uns gelungen 15 Watt gegenüber der alten Position herauszuholen.
- Mit der Kamera war Nick Staggenborg von der Triathlon Crew Cologne dabei. Vielen Dank für die Bilder!
Es liegt ja augenscheinlich im Trend, dass zur Zeit fast jeder Triathlet und jede Triathletin zum Aero-Test auf die Radbahn stürmen. So ganz verkehrt kann es also nicht sein. Und auch wenn ich nach wie vor der Meinung bin, dass der wichtigste Faktor für gute Leistung immer noch die Beine sind, so ließ ich mir die Chance nicht entgehen meine Aerodynamik auf den Prüfstand zu stellen. Dass es sich gelohnt hat und wir meine Position um 15 Watt optimieren konnten, habe ich ja bereits erwähnt. Das hätte ich mit einem Tag Training sicher nicht geschafft. Aber was haben wir denn nun genau gemacht?
Schritt 1 – Bestandsaufnahme
Die Jungs von ProAthletes haben sich zu aller erst mal mein Rad angeschaut. Erst ohne, dann mit mir auf dem Sattel. Wie ist die Armhaltung? Welche Überhöhung gibt es zwischen Armpads und Sattel? Wie hoch oder flach halte ich meinen Kopf? Sitze ich eher gedrungen oder gestreckt? Und so weiter. Die Jungs haben also das „Base Set“ bestimmt. Genau dieses Set-Up bildete die Grundlage für den bevorstehenden Aero-Test. An dieser Stelle ist noch wichtig zu erwähnen, dass unser Ziel vor allem in der Optimierung der Sitzposition lag. Zum Abschluss haben wir zwar auch noch unterschiedliches Material getestet – quasi als kür – aber dazu später mehr.
Schritt 2 – Bahngewöhnung und Testablauf
Dann wurde es auch schon relativ schnell ernst. Vor der ersten Testfahrt galt es erstmal ein Gefühl fürs Fahren auf der Bahn zu bekommen, die ist nämlich vor allem eins: verdammt steil. Meine Gedanken auf den ersten Runden drehten sich weniger um Sitzposition und Aerodynamik, als viel mehr darum, ob und wann ich wohl aus der Kurve rutsche. Aber von Runde zu Runde wurde ich sicherer und habe schnell gemerkt, dass es eigentlich ganz einfach ist, wenn man nur schnell genug ballert. Dementsprechend hart wurde der Tag dann auch im weiteren Verlauf für mich.
Ein Testlauf (oder auch „Run“ genannt) umfasst insgesamt zehn Runden auf dem 250-Meter-Oval. Die ersten beiden Runden sind zur Eingewöhnung an die entsprechende Anpassung/Optimierung, die weiteren acht Runden dienen für die spätere Auswertung und Analyse. Ich durfte an dem Tag zehn Runs fahren, also 25 Kilometer. Ziel dabei ist es im jeweiligen Run eine möglichst gleichmäßige Leistung auf die Bretter zu bringen, also großartige Beschleunigungen oder ähnliches zu vermeiden. Die Durchschnittsleistung meiner Runs lag jeweils zwischen 360 und 370 Watt und einer Geschwindigkeit von etwa 46 bis 47 km/h.
Schritt 3 – Die Optimierung
Jeder Run wurde sofort analysiert, um zu erkennen, ob die gewählten Veränderungen einen positiven oder negativen Effekt auf die Aerodynamik hatten. Nach dem ersten Run mit meinem „Base Set“ veränderten wir in den folgenden Durchgängen meine Sitzposition wie folgt mit den jeweiligen Erkenntnissen:
- Base Set – Ausgangsposition
- Armpads 1 cm höher: Kein Einfluss auf Aerodynamik, mehr Komfort
- Extensions 1 cm höher: Positiver Effekt auf Aerodynamik, entspanntere Handhaltung
- Extensions um 15 Grad anwinkeln: Positiver Effekt auf Aerodynamik, nochmals verbesserter Komfort
Nach vier Runs und nur wenigen Veränderungen meiner Sitzposition konnten wir bereits eine merkliche Verbesserung der Aerodynamik erzielen. Nun ging es im weiteren Verlauf darum, die Sitzposition optimal einnehmen und halten zu können. Entscheidend ist hierbei vor allem die Kopfhaltung, wie sich später rausstellen sollte.
Schritt 4 – Die richtige Haltung auf dem Rad
Wie gesagt, die entscheidende Rolle spielt der Kopf. Auf diesem Bild halte ich ihn noch etwas zu hoch. In einem Run, bei dem ich den Kopf bewusst tief gehalten und zwischen die Schultern gezogen habe, wurde klar, dass hier sogar fast das größte Potential schlummert. Eine meiner Aufgaben ist es nun in den kommenden Wochen diese Kopfhaltung zu trainieren, um sie auch im Wettkampf fahren zu können. Insgesamt konnten wir mit der optimierten Sitzposition und der richtigen Kopfhaltung 15 Watt rausschlagen, was natürlich ein toller Erfolg ist.
Schritt 5 – Materialtests
Neben der Sitzposition haben wir noch unterschiedliche Race Suits getestet: Den neuen PA Suit, den Ryzon Myth Aero und den AeroForce sleeveless Suit von Fe226. Insgesamt etwas schwierig zu vergleichen aus folgenden Gründen:
- PA Suit mit Unterhose getestet (ein Suit für mehrere Tester)
- Fe226 AeroForce ohne Ärmel
An diesem Tag war für mich der Ryzon Anzug die schnellste Option. Dennoch denke ich, dass alle Suits auf einem Niveau anzusiedeln sind und am Ende nur Nuancen zwischen den Modellen der unterschiedlichen Herstellern liegen.
Es gilt zu verstehen, dass sich nicht generell die Aussage treffen lässt „Dieser oder jener Anzug ist der schnellste auf dem Markt.“ Denn es hängt extrem vom Athleten ab, der in der Pelle steckt.
Körperform, Sitzposition, Passform des Anzugs. All solche Parameter entscheiden am Ende darüber welcher Anzug individuell die schnellste Wahl ist.
- Übrigens: Wir haben uns erlaubt einen Vergleich zwischen „Unterhose unter dem Anzug“ und „keine Unterhose unter dem Anzug“ zu machen. Das Ergebnis: Besser auf die Unterhose verzichten. Das kostet nämlich ansonsten etwa 5 Watt!
Aero-Test auf der Bahn: Das nehme ich mit
Aus meiner Sicht war es ein absolut erfolgreicher Tag. Die neue Sitzposition fühlt sich super komfortabel an und mit dem Wissen, dass sie auch noch schneller ist als die alte, nehme ich nun auch ein positives Gefühl im Kopf mit ins Rennen. Hinzu kommt das zusätzliche Wissen, wie zum Beispiel die optimale Kopfhaltung, das mir von Benja vermittelt wurde und für mich gold wert ist.
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