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Laura Philipp-Hype und Sub7/Sub8-Rekorde: Was bleibt?

07. Juni 2022


Laura Philipp

Da war ja was los am Wochenende! Mit ihrem fulminanten Sieg beim Ironman Hamburg stiehlt Laura Philipp dem Sub7/Sub8-Projekt am Lausitzring im Alleingang die Show. Zwar lassen sich weder die Events, noch die Ergebnisse miteinander vergleichen, allerdings lassen sich Erkenntnisse daraus gewinnen.

Laura Philipp zählt längst zu den besten Mittel- und Langdistanz-Triathletinnen der Welt. Als sie aufgrund einer Covid-Infektion ihren Start bei der Ironman WM in St. George Anfang Mai absagen musste, verlor das Rennen seine hochgehandelte Favoritin und die Triathlonfans mussten lernen, sich in Geduld zu üben. Aber nicht nur für die Fans, sondern allen voran für Laura und ihr Team verlängerte sich damit die Wartezeit, um den ersten richtig großen Triumph ihrer Karriere einzufahren.

Erst Rückschlag, dann Doppelschlag

Dass das möglich gewesen wäre, daran dürften nur die verbittertsten Triathlon-Enthusiasten Zweifel haben. Zu eindrucksvoll, zu dominant und zu selbstbewusst waren dafür Laura’s Siege beim Ironman 70.3 Kraichgau und der Ironman EM in Hamburg. Wenn das verpasste Rennen in St. George als Rückschlag bezeichnet werden sollte, dann war das „Comeback“ ein eindrucksvoller Doppelschlag.

Nach 8:18:20 Stunden hat Laura den Ironman in der Hansestadt am Sonntag hinter sich. Damit katapultiert sie sich in geschichtsträchtige Regionen: die Weltbestzeit über die Langdistanz (8:18:13 Stunden) wurde vor elf Jahren beim Challenge Roth von der legendären Chrissie Wellington aufgestellt. Die Differenz beträgt gerade einmal magere 7 Sekunden. Und wer das Rennen in Hamburg verfolgt hat, der dürfte festgestellt haben, dass der Wechsel dieses Mal wirklich als vierte Disziplin bezeichnet werden durfte.

Ich lasse mich gerne zu folgender These hinreißen: Die phänomenal langen Wege durch die Wechselzone haben Laura die Weltbestzeit gekostet. Es ist nur eine Frage der Zeit (und der weiteren Rennauswahl), bis Laura eine neue Bestmarke aufstellen wird.

Vom „echten“ Ironman zum Rekord-Projekt

Es liegt auf der Hand, dass es nicht lange dauert, bis die ersten Diskussionen beginnen, wenn am gleichen Tag ein Rekord-Projekt ausgetragen wird. So geschehen am Lausitzring, wo die Veranstalter des Sub7/Sub8-Events es darauf angelegt hatten, unter hervorragenden Bedingungen, eine Langdistanz zu inszenieren, die es in dieser Form noch nicht gab. Ein turbulentes Unterfangen, dass es irgendwie geschafft hat, keine wirkliche Beziehung zur Triathlonwelt (und schonmal gar nicht zur Außenwelt) herzustellen. Ein Blog über Hype, Rekorde und Erkenntnisse.

Der Vergleich zu „Breaking2“, als Nike einen Marathon inszenierte, den Eliud Kipchoge in unter 2 Stunden laufen sollte (und das dann auch tat), muss gestattet sein. Die Außenwirkung, die damals erzielt wurde, war in vielerlei Hinsicht unglaublich und hat dem Marathonlaufen an sich nochmal ein ganz neues Bild verliehen, Massen begeistert und sicherlich auch viele Läufer:innen inspiriert. Bezeichnen wir diese Wirkung mal ganz generell als Spirit, so ist von alle dem durch Sub7/Sub8 nicht wirklich eine Welle der Euphorie durch die Triathlonszene geschwappt. Oder wie habt ihr es wahrgenommen?

Was ging am Lausitzring?

Keinesfalls meine ich damit übrigens die sportlichen Leistungen! Es war sehr beeindruckend zu sehen, dass Katrina Matthews nach ihrem 2. Platz bei der Ironman WM und Kristian Blummenfelt mit dem Ironman-WM-Titel in der Tasche, bereits wieder dazu in der Lage waren, auf solch einem Niveau eine Langdistanz zu bestreiten – Pacemaker hin, Windschatten her. Ebenso eindrucksvoll waren die Auftritte von Triathlon-Legende Nicola Spirig, für die es wohl der letzte Auftritt auf ganz großer Bühne war, und von Joe Skipper, der erst eine Woche vor dem Start als Ersatzmann für den verletzten Alistair Bronwlee nominiert wurde.

Der Vollständigkeit halber: Alle vier Athlet:innen haben das Projekt gemeistert! Katrina Matthews in 7:31:54 Stunden und Nicola Spirig in 7:34:19 Stunden konnte die 8-Stunden deutlich unterbieten. Und auch Blummi (6:44:26 Stunden) und Joa Skipper (6:47:36 Stunden) knackten die 7-Stunden mit komfortablem Zeitpolster.

Bemerkenswert finde ich jedoch eine ganz andere Beobachtung: Sowohl im Schwimmen, als auch im Laufen sind die erzielten Zeiten bei Sub7/Sub8 gar nicht so weit davon entfernt, was wir aus „normalen“ Langdistanz-Rennen bereits kennen. Katrina und Nicola sind 54:43 bzw. 54:50 Minuten geschwommen, Blummi eine Zeit von 48:21 Minuten und Joe 53:24 Minuten.

Gleiches gilt fürs Laufen: Katrina ist 2:46:07 Stunden gelaufen, beim Ironman Tulsa 2021 eine 2:49:49. Bei Nicola fehlen auf der Langdistanz leider aktuelle Vergleichswerte, mit 2:45:07 Stunden lief sie aber in einer Region, die wir unter anderem von Anne Haug und Laura Philipp schon gesehen haben. Blummi’s 2:30:50 Stunden ist bemerksenswert – aber 2:34:39 Stunden von Matt Hanson beim Ironman Texas 2018 eben auch nicht wahnsinnig weit weg. Mittlerweile gibt es zwei Hände voll Athleten, die Marathonzeiten im Ironman von deutlich unter 2:40 Stunden laufen. Zum Beispiel Joe Skipper, der am Lausitzring in 2:36:43 Stunden, aber in Roth 2016 auch schon 2:38:52 Stunden in einem „normalen“ Rennen gerannt ist.

Radfahren macht den Unterschied

Während also die eklatanten Zeitunterschiede vor allem beim Radfahren (3:50 Std. und 3:53 Std. bei den Frauen / 3:16 Std. und 3:24 Std. bei den Männern) gemacht wurden – was sich relativ einfach aufs Mannschaftszeitfahren zurückführen lässt – sind die anderen beiden Disziplinen wohl schon ziemlich weit vorangeschritten unter dem Aspekt „was auf der Langdistanz möglich ist“. Und so betrachtet, fand ich Sub7/Sub8 einen interessanten Feldversuch! Es dürfte spannend bleiben, ob es darüber hinaus Erkenntnisse gibt, die in irgendeiner Art und Weise auf Wettkämpfe übertragen werden können, in denen es dann wieder „einer gegen alle, alle gegen einen“ geht.

 

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8 Kommentare

  1. Danke für deine Einschätzung – ich sehe es recht ähnlich. Am Anfang, als das Projekt gelaunched wurde, stand ich dem sehr skeptisch gegenüber und habe mich als „Hardcore-Triathlet“ eigentlich gegen dieses Projekt gewendet. Ich hatte Angst zu sehen, wohin das ganze führen mag. Mittlerweile sehe ich es allerdings gänzlich anders und fand es im direkten Vergleich zu HH interessant zu sehen, wie nach Laura an den Zeiten dran ist, wenn man alles auf eine Ebene stellt.

    Sicherlich ist das Event am Lausitzring als Team-Sport zu sehen und ggf. entstehen hier ja wirklich Wettkämpfe welche der „World Triathlon“ als Teamevents ansieht. Ähnlich den Mannschaftswettkämpfen in der Liga heutzutage. Ein direkter Vergleich zu dem Einzelrennen ist meiner Meinung nach nicht möglich und auch nicht fair. Es als Erweiterung der Möglichkeiten und auch zum steigern der allg. Popularität finde ich es wiederum super!

  2. Im schwimmen und laufen war das Event schon vergleichbar, aber das radfahren hat halt nichts mehr mit dem Sport zu tun. Auf gut deutsch könnte man auch sagen: Wenn sie statt einem Rad ein Motorrad nehmen würden, wären sie noch schneller.

  3. Was Laura Philipp in Hamburg gezeigt hat war absoluter Wahnsinn. So viele Hüte gibt es gar nicht wie man vor ihr und ihrem Team ziehen muss.
    „so ist von alle dem durch Sub7/Sub8 nicht wirklich eine Welle der Euphorie durch die Triathlonszene geschwappt. Oder wie habt ihr es wahrgenommen?“
    Die Macher vom Projekt bei uns in der Lausitz haben es gänzlich versäumt (vielleicht war es ihnen auch egal), Zuschauer, Fans und alle drumherum überhaupt nur auf das Spektakel aufmerksam zu machen bzw. zu begeistern. Lediglich in 2 lokalen Zeitungen wurden die Sperrzeiten der Bundesstrasse bekannt gegeben und es gab im nahen Sachsen sowie Cottbus kurze Radiodurchsagen. Keine Plakate, Schilder, kein „Hey wir bringen euch Olympiasieger und großartige Sportler und diese versuchen mit Wahnsinnsleistungen im Schwimmen, Radeln, Laufen einen Rekord zu brechen. Bei euch. In eurem schönen Senftenberger See, in eurem fantastischen Lausitzer Seenland“. Dies wäre eine Chance gewesen, sich gebührend vorzustellen, wie es sich gehört. Die Fans haben nach der benötigten Registrierung lediglich eine Bestätigung der Registrierung bekommen. Sonst nichts. Keine Infos über Tickets, was bedeutet diese Registrierung? Ist dies das Ticket? Wie wird diese kontrolliert? Alle diese Fragen wurde sich gar nicht angenommen. In Hinblick darauf gäbe es viele Fragen. Wenn sie jemanden interessieren würde. Zu guter letzt war es für uns als örtlicher Triathlonverein (wir haben einen nicht geringen Anteil an Planung und Durchführung der Markierung/Vermessung der Schwimmstrecke gehabt und haben als Helfer fungiert bzw. professionelle Hilfe, z.b. die Kanuten zum Vorpaddeln, organisiert) genial, diese vielen vielen Sportler bei uns hautnah erleben zu können, zumal diese wirklich absolut entspannt und freundlich waren. Blummi und die der eine oder andere haben vor dem Start! für Fotos „posiert“. Irre! 🙂 Für einiges Organisatorische gibt es von uns intern nur ein Kopfschütteln 😉

  4. Also bestes Material, abgefahrene neue Gummimischungen, komplett andere Bikes (vllt mit Achse statt Kette wie es CS versucht), neue Schuhe, noch schlüpfrigere Neos und „Breaking 7:15“ hätte ich deutlich spannender gefunden.
    So hat man das Gefühl, dass es gleich ein paar Dutzend Athleten geschafft hätten.
    Patrick und Jan, Frederic Funk, Florian Angert und Nils Frommhold wären nur die deutschen Athleten denen ich es sofort zutrauen würde.

    Dazu kommen Lionel Sanders, Sam Long, Gustav Iden die es mit Sicherheit (!) geschafft hätten…und und und.

    Bei Breaking 2 hätte es mMn niemand außer Kipchoge geschafft. Deshalb war das etwas ganz anderes.

  5. Ich denke wenn das Projekt sub7/8 eins eindrucksvoll bewiesen hat, dann dass den RTFs bei Langdistanzen endlich Einhalt geboten werden muss, man sieht ja was Windschatten fahren bringt.

  6. Muss das ,, : „-Geschreibe wirklich sein? Stört den ansonsten interessanten Artikel und ist grammatikalisch auch definitiv nicht korrekt…

  7. Beeindruckend fand ich das Laura in Hamburg beim Schwimmen und Laufen jeweils schneller war als Nicola und Kathrina am Lausitzring unter optimalen Bedingungen.