Nach was suchst du?

Laura Zimmermann: Zahnärztin mit langem Atem

24. Januar 2022


Laura Zimmermann Triathletin

Laura Zimmermann fand erst mit 21 Jahren zum Triathlon und hatte nie vor, Profi-Triathletin zu werden. Nun ist sie doch eine – und räumt auf der Langdistanz ab, ein Sieg beim Ironman Hamburg inklusive. Wie das neben einem Teilzeitjob ging, erzählt sie hier. Titelbild: Christoph Jorda

2022 wird ein besonderes Jahr für Laura Zimmermann. Es wird das erste sein, in dem die 31-Jährige nicht neben dem Sport auch zweimal pro Woche in einer Praxis als Zahnärztin arbeiten wird. In dem Job, dem sie es indirekt zu verdanken hat, dass sie zum Triathlon gefunden hat. Denn zum Zahnmedizinstudium zog die gebürtige Allgäuerin nach Würzburg und ging dort in den Weinbergen joggen, um fit zu bleiben. Dabei sprach sie ein Triathlet an und lud sie zum Schwimmtraining ein.

„Nachdem ich beim ersten Training dabei gewesen war, war ich Feuer und Flamme für Triathlon“, erinnert sich Laura Zimmermann. Damals war sie 21 Jahre alt und hatte nicht vor, jemals als Profi an den Start zu gehen. Vielmehr war der Triathlon eine weitere Disziplin in ihrer bis dahin schon recht vielseitigen Hobbysportkarriere: „Ich war schon von klein auf sportlich aktiv und wollte am liebsten jede Art von Sport ausüben: Turnen, Fußball, Tennis, Golfen, Laufen, Schwimmen oder Biathle, ein Multisport bestehend aus Laufen-Schwimmen-Laufen … all das hat mir Spaß gemacht und ich habe auch an Wettkämpfen teilgenommen. Aber während des Studiums blieb nicht viel Zeit fürs Training“, erzählt sie.

Lizenz trotz Examen

Immerhin schafft sie es, trotz Vorlesungen und Lernen pro Tag ein bis zwei Trainingseinheiten für ihre neue Leidenschaft, den Triathlon, unterzubringen. Das schien zu genügen. Sie war gut. Und wurde über die Jahre immer besser. Sie gewann in ihrer Altersklasse sowohl die Deutsche als auch die Europameisterschaft über die Mitteldistanz und platzierte sich immer wieder in Bereichen, in denen sie eigentlich Preisgeld bekommen hätte, wäre sie Profi gewesen.

Also entschloss sie sich 2016, den Schritt zu wagen und eine Profilizenz zu lösen: „Das war sicher nicht der optimale Zeitpunkt, da ich in diesem Jahr mein Examen gemacht habe. Aber ich wollte die zweite Saisonhälfte nach meinen Prüfungen nutzen, um als Profi Erfahrungen zu sammeln“, erklärt Laura Zimmermann. Das tut sie ziemlich erfolgreich: 2017 wird sie Dritte auf der Mitteldistanz des Trumer Triathlon, Zweite bei den Long Distance Duathlon European Championships in Sankt Wendel und sie gewinnt die Deutsche DTU-Meisterschaft im Duathlon. „Ich wusste aber immer: Irgendwann ist es Zeit für die Langdistanz“, sagt sie.

Premiere auf dem Podium

Ihr Traum, diese Premiere 2019 beim Challenge Roth zu feiern, platzte jedoch, da der Termin mit ihrer Mitteldistanz-Saison kollidierte. Also wurde es der Ironman Barcelona im Spätsommer – den sie auf Anhieb auf dem Treppchen finishte, sie wurde Zweite: „Ich habe mir vor der ersten Langdistanz nicht viel Druck gemacht. Mein Trainer Utz Brenner hat mir einen mit Bedacht gewählten Plan gegeben. Dank dem und aufgrund meiner Trainingsdaten war er sicher, dass ich gut durchs Rennen kommen würde“, erzählt Laura Zimmermann und fügt hinzu: „Ich selbst war mir gegenüber da kritischer.“

Ohnehin ist sie selbst ihre schärfste Kritikerin: „Mein Trainer, mein Freund, meine Familie und Freunde glauben immer mehr an mich als ich selbst. Es kommt schon mal vor, dass ich Dinge infrage stelle. Dann müssen vor allem mein Trainer und mein Freund Überzeugungsarbeit leisten und mir Halt geben.“ Dass ihnen das erfolgreich gelingt, zeigt sich in den Resultaten der jüngeren Vergangenheit.

Erster Sieg bei zweiter Langdistanz

Nachdem die Coronapandemie Laura Zimmermann, genau wie alle anderen Triathleten, wettkampftechnisch 2020 zunächst ausgebremst hatte, kehrte sie 2021 eindrucksvoll zurück, bestätigte und übertraf ihre Landistanzleistung von 2019: In Hamburg feierte sie ihren ersten Sieg, bei ihrem erst zweiten Ironman. Dabei war das Rennen gar nicht geplant und sie nicht in optimaler Form dafür gewesen: „Eigentlich wollte ich zwei Wochen vorher in Finnland starten, bei der Ironman-EM. Aber ich bin krank geworden“, erinnert sie sich. Ihr Trainer war zunächst gegen einen Start nur zwei Wochen später in Hamburg, doch sein Schützling plus dessen Leistungswerte überzeugten ihn dann doch vom Gegenteil.

Und Laura Zimmermann bewies, dass der Kopf kleine Trainingsdefizite ausgleichen kann: „Ich wusste, dass ich nicht auf den Punkt fit sein würde, aber ich wollte diesen Sieg mehr denn je – er war eine absolute Willensleistung.“ Eine, bei der sie sich erst auf der vorletzten von vier Laufrunden absetzen konnte. „Ein unbeschreibliches Gefühl, meinen ersten Sieg in meinem Heimatland gewinnen zu können“, sagt Laura Zimmermann. Dank dieser Leistung und ihrem dritten Platz beim Ironman Florida im November 2021 hat sie sich gleich für beide Ironman-Weltmeisterschaften im kommenden Jahr qualifiziert, die nachgeholte von 2021 im Mai in St. George und den Mythos auf Hawaii im Oktober.

Jetzt heißt es: Feilen an Details

Bis dahin möchte sie daran arbeiten, ihren Abstand nach dem Schwimmen weiter zu reduzieren, um damit, so hofft sie, besser in die Renndynamik eingreifen zu können. Beim Radfahren setzt sie darauf, durch die wegfallenden Arbeitstage in der Zahnarztpraxis, die meist trainingsfrei waren, den „definitiv noch nicht ausgeschöpften Trainingsumfang“ nutzen und eine Schippe drauflegen zu können. Außerdem möchte sie an den technischen Details feilen: „Ich war zum Beispiel noch nie im Windkanal“, verrät sie. Darüber hinaus feilt sie mit Wolfgang Schweim, der auch mit dem zweifachen Weltmeister Patrick Lange arbeitet, an ihrer Lauftechnik, denn: „Mein Trainer und ich sind uns sicher, dass der Marathon noch ein paar Minuten schneller geht.

Auch inhaltlich habe sich ihr Training verändert, seit sie auf der Langdistanz unterwegs ist, erzählt Laura Zimmermann. So gilt es beispielsweise, den Spagat zwischen Mittel- und Langdistanztraining zu schaffen. Denn auch, wenn die Mitteldistanzen nun überwiegend Vorbereitung auf oder Leistungsüberprüfung für die Langdistanzen sind, hilft ihr die Wettkampfährte, die auf der kürzeren Strecke notwendig ist, auch auf der langen.

Die Energieaufnahme unter Belastung, die Entwicklung des Fettstoffwechsels und die mentale Komponente spielen nun ebenfalls eine größere Rolle im Training. Laura Zimmermann und ihr Trainer Utz Brenner arbeiten mit Schwerpunkten in den verschiedenen Disziplinen, die je nach Ziel und Jahreszeitpunkt variieren.

Maßstab: Körpergefühl

Das wichtigste Instrument aber ist Lauras Körpergefühl: „Wenn ich mal keine Lust aufs Training habe, bedeutet das in der Regel ,Alarmstufe: Rot‘. Deshalb reduziere ich dann das Pensum oder lasse Einheiten in Rücksprache mit meinem Trainer auch gezielt weg. Natürlich versuche ich, den Trainingsplan umzusetzen, aber ich habe mittlerweile auch schon Erfahrungen sammeln können und kann besser einschätzen, wann ich etwas mehr vertragen könnte und wann es zu viel wird.“

Wenn sie nicht trainiert, trifft sie sich mit Freunden, geht gut essen oder entspannt in der Sauna oder bei einem guten Film. Aber: „Das alles funktioniert nur, wenn keine wichtigen Punkte offen sind. Mein Kopf muss aufgeräumt sein. Sonst liegt mein Fokus im Training nicht auf dem Hier und Jetzt.“ Nun, da sie sich die Möglichkeit ersportelt hat, „Vollprofi“ zu sein und der Teilzeitjob in der Praxis wegfällt, könnte das mit dem Fokus nochmals einfacher sein – und damit wird es umso spannender, was Laura Zimmermann noch abliefern wird.

  • Trainingspläne, Rezepte, Analysen: Komm in den Club!Anzeige

    Bock auf strukturiertes Training rund um Schwimmen, Radfahren, Laufen und Triathlon? Auf der Suche nach Rezepten für sportgerechte Ernährung und nach Auswertungstools, die dich wirklich weiterbringen? Dann sagen wir: Willkommen im Pushing Limits Club! Ob Triathlon oder (Rad-)Marathon, ob Einsteiger:in oder Fortgeschritene:r, ob PB oder Party-Pace: Join the club und nutze alle Funktionen die ersten 14 Tage kostenlos!

    blankHier geht’s direkt zum Pushing Limits Club!

    Der Club als App immer griffbereit auf Deinem Smartphone: