Trailrunning für Triathleten – #1: Was bringt’s für dein Triathlon-Ziel?
12. August 2021
Wer die große Freiheit sucht, findet sie auf den Trails dieser Welt – auch als Triathlet. Denn Trailrunning kann eine optimale Ergänzung im Training sein. Gute Gelegenheit für eine kleine Themenreihe dazu: Zum Start gibt‘s Tipps und Facts von Trailrunner Florian Reichert.
Stille, nichts als Stille. Nur das Knacken der Äste oder das Wegrutschen der Steine ist bei jedem Schritt zu spüren. Vielleicht auch das Pochen deines Herzens. Die Luft ist frisch, der Berg steil und der Ausblick atemberaubend. Und dann läufst du los. Ohne nachzudenken, setzt du einen Fuß vor den anderen, deine Arme breiten sich wie Flügel aus, geben dir Balance. Du bist voll im Moment. Angekommen, fokussiert. Alltag – was war das noch gleich? Hier gelten andere Regeln. Ein breites Grinsen zieht sich wie von selbst über dein Gesicht, die Oberschenkel brennen und du genießt die Freiheit, die dir dein Körper und die Natur in genau diesem Augenblick schenken. Willkommen auf deinem Weg, deinem Trail!
Es sind wohl Szenerien wie diese, die dafür gesorgt haben, dass sich Trailrunning in den vergangenen Jahren vom Trend zum Hype entwickelt hat. Die Trails sind voll, die Branche freut’s: Mit der wachsenden Zahl an Events wächst schließlich auch der Bedarf an Equipment. Und spätestens hier ist (mit einem Augenzwinkern) dann auch klar, warum der Sport Potenzial hat, Triathleten zu begeistern. Aber das ist natürlich nicht das einzige Argument für eine Runde über Stock und Stein …
Daten belegen den Trail-Hype
Kurzer Zahlenexkurs: Trailrunning gilt in ihrem heutigen Verständnis als „junge“ Sportart. Dafür spricht schon das Gründungsjahr der Athletenorganisation ITRA (International Trail Running Association, non-profit). Vor nicht einmal zehn Jahren, nämlich 2013, schloss man sich auf diese Weise zusammen. Der Fokus der ITRA liegt zwar auf den Rennen, sowohl im Kurzstrecken- als auch im Ultrabereich. Aber durch die gemeinsame Vision wird auch die Szene selbst aktiv mitgestaltet.
- Tipp
Mehr zum Thema Wettkämpfe: Pia fasst euch hier die wichtigsten Fakten rund um die Race-Ernährung zusammen!
Und apropos Szene: Die wird stetig größer – nicht zuletzt durch die seit 2020 aufkeimende Begeisterung für den Laufsport. Wie im Rahmen der Sportmesse ISPO München bekanntgegeben wurde, lag der Anteil an verkauften Schuhen aus dem Trailrunning-Segment im Jahr 2020 bereits bei 21 Prozent und war damit „so groß wie noch nie“.
Definition Trailrunning: Was ist das überhaupt?
- Ist das noch Laufen oder schon Trailrunning? Eine Frage, die angesichts der kursierenden Definitionen gar nicht so einfach zu beantworten ist. Worin sich die meisten ähneln: Im Gegensatz zum Laufen auf asphaltiertem Untergrund findet Trailrunning auf Wald-, Wiesen-, Sand-, Schnee- und Bergwegen statt, wie auch die Organisation „World Athletics“ definiert. Da kommen schnell Bilder von steinigen Wegen und Läufen auf den schönsten Bergrücken in den Sinn. Allerdings: Trailrunning muss nicht zwangsläufig am Berg stattfinden – Wald- und Wiesenwege gibt es schließlich auch in der Stadt. Und auch Wüstenläufe gehören zur Trailrunning-Klasse.
- Um die Definition von Trailrunning irgendwie rund zu machen, kommt jedoch noch ein Aspekt hinzu. Die Erläuterung der ITRA macht’s deutlich: „Trailrunning ist ein Sport, der inmitten der Natur und mit Respekt für die Umwelt, einem Gefühl der Demut, einer Gemeinschaft und einem starken Sinn für Sportethik stattfindet.“ Oha! Auch die mentale Haltung der Athleten spielt eine tragende Rolle – und macht das Ganze grundsätzlich zu einem zugangsoffenen Sport.
- Extrem wird es dennoch, wenn es in Richtung Ultra-Trailrunning und Wettkämpfe geht. Laut ITRA dürfen bei Trailrun-Rennen maximal 20 Prozent der Strecke über befestigte Wege führen. Alles andere, wie Distanz und Streckengestaltung, ist nicht fest vorgeschrieben. Je nach Schwierigkeit der Strecke werden Punkte vergeben, die dann zu einem Ranking der in der ITRA erfassten Athleten führen.
- Tipp
Noch mehr Quick-Facts zu den extremsten Rennen & Co. gewünscht? Bei „datasport.com“ gibt’s eine gute Auflistung!
Warum eigentlich Trailrunning?
Die Definition ist eher vage – die Entscheidung, auf die Trails zu gehen, bei den Sportlern dafür umso bewusster. Wer sich in der Szene umhört, bemerkt das schnell: Weil weder Distanz noch Dauer zählen, viel gegangen, statt schnell gelaufen wird und die Umgebung einen enormen Stellenwert hat, punktet Trailrunning. Und das auch bei jenen, die eigentlich vom Straßenlauf kommen. Oder denen, die einfach keine Lust mehr auf knallharte Leistungsdaten haben. Oder bei allen, die das Extreme suchen. Denn auch das ist Teil des Trailrunnings: extreme Höhenmeter, extreme Strecken, extreme Untergründe, extreme Technikanforderungen.
Damit wären wir dann auch wieder bei der Attraktivität des Sports für Triathleten. Extreme mögen bekanntlich auch sie. Umso besser könnte es ihnen aber tun, dass Trailrunning ganz offensichtlich weniger auf die reine Performance, Daten, Druck ausgerichtet ist. Klingt ja ganz angenehm. Dennoch gibt es einiges zu beachten, wenn man sich dafür entscheidet, auf die Trails (z.B. auch im Rahmen von Extrem-Triathlons) zu wechseln oder zumindest einzelne Lauf-Einheiten in die freie Natur zu verlegen.
- Lese-Tipp
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5 Fragen rund um Trailrunning für Triathleten
Was Triathleten vor dem ersten Lauf über Trailrunning wissen sollten, verrät Arc’teryx-Markenbotschafter Florian Reichert im folgenden Talk. Im „normalen“ Leben ist er Lehrer – in jeder freien Minute aber auf den Trails im oberbayerischen Voralpenladen unterwegs. Oder er nimmt an ikonischen Rennen (zuletzt Großglockner Ultra-Trail) teil, wenn er nicht gerade mit seiner Frau, selbst erfolgreiche Trailrunnerin, sowie dem gemeinsamen Sohn in den Bergen anzutreffen ist.
Anders als beim Laufen auf der Straße komme ich von einem Trailrun zurück und habe das Gefühl, ein kleines Abenteuer erlebt zu haben.
Flo, welche Vorteile bietet das Trailrunning gegenüber dem klassischen Straßen-Lauf?
Florian Reichert: Neben dem tollen Naturerlebnis kann gerade beim Trailrunning auch die Ausdauer perfekt trainiert werden. Nimmt man am Berg dann noch Stöcke hinzu, so ist Trailrunning auch ein super Training für die Armmuskulatur und die Rumpfstabilität. Außerdem gibt es viel mehr Diversität in den Streckenarten mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden: vom „Landschaftslauf“ über Berglauf zum Skyrun bis hin zum Skyrun Extreme. Anders als beim Laufen auf der Straße komme ich von einem Trailrun zurück und habe das Gefühl, ein kleines Abenteuer erlebt zu haben: Witterung, Wege, Landschaft sind immer anders und geben mir ein Gefühl von Freiheit. Außerdem kann ich in der Natur deutlich besser „abschalten“ und bei mir sein, quasi meinen „Outer Peace“ finden.
Triathleten sind in der Regel auf Straßen und bevorzugt im Flachen unterwegs. In welcher Hinsicht kann sich Trailrunning umso mehr für sie lohnen?
F.R.: Tatsächlich ist es ein perfektes Training für die Ausdauer und weitere Muskelgruppen, die auch bei Triathleten wichtig sind. Vor allem die vordere Oberschenkelmuskulatur, die auch beim Radfahren enorm wichtig ist, wird hier optimal gekräftigt. Außerdem lohnt es sich allein schon aufgrund der Umgebung, die es mir persönlich wesentlich leichter macht vom Alltag abzuschalten, meinen Kopf freizubekommen und mich ganz auf meinen Lauf zu fokussieren. Da Trails von ihrer Beschaffenheit nicht gleichmäßig wie ein Weg oder eine Straße sind, muss man vorausschauend laufen und beispielsweise Geröll, Steine sowie Äste oder rutschige Stellen gut im Blick haben. Es ist ein kontrollierter Lauf und bedarf ungefähr der Aufmerksamkeit, die man als Straßenläufer im Winter bei Schnee oder Glatteis kennt.
Deine Top-Tipps für die besten Trailrun-Spots/-Regionen für Quereinsteiger?
F.R.: Wenn man als Triathlet auf die Trails wechseln möchte, sollte man zunächst Strecken wählen, die eine geringe Verletzungsgefahr für Sehnen und Bänder aufweisen. Klar, passieren kann überall etwas. Aber auch für Einsteiger finden sich überall in Deutschland tolle Trails! Hier eine kleine Auswahl:
- Berlin – Grunewald: In der Hauptstadt bietet der Grunewald eine Vielzahl an kleinen Trails und Pfaden abseits der großen, befestigten Wege für Spaziergänger und Radfahrer.
- Hannover – Eilenriede: Die „grüne Lunge“ Hannovers ist der größte zusammenhängende Stadtwald Europas und bietet tolle Möglichkeiten auch auf schmalen Wegen viele Kilometer zu sammeln. Wer es bergiger mag fährt in den nahegelegenen Großen Deister, wo auch einige Höhenmeter trainiert werden können.
- München – Isar Trails: Entlang der Isar finden sich wunderschöne, verspielte Trails, die einen (fast) vergessen lassen, dass man sich in einer Metropole befindet.
- Wallberg Tegernsee: Etwa eine Autostunde von München entfernt und auch gut mit der Bahn zu erreichen ist der Tegernsee. Hier lockt der höchste Berg im Tal, der Wallberg. Die Region um den Tegernsee ist jedoch recht touristisch, weshalb man nicht damit rechnen sollte, allein auf dem Berg zu sein.
Tatsächlich ist Trailrunning ein perfektes Training für die Ausdauer und weitere Muskelgruppen, die auch für Triathleten wichtig sind.
Was sollte ich am Anfang beim Training am Berg beachten – gerade, wenn ich sonst eher im Flachen, auf festem Boden unterwegs bin?
F.R.: Mein erster Traillauf war ein einfacher „Waldlauf“, im Wettkampf bin ich dann aber tatsächlich gleich von Null auf Hundert eingestiegen: mit dem Zegama-Aizkorri Skyrace im Baskenland (42km / +2700 Höhenmeter), wobei ich über den technischen Anspruch der Strecke doch sehr überrascht war: felsiges Gelände, spitze Steine, sehr steile Anstiege und Downhills. Einsteiger sollten zu Beginn am besten mit einem Bergauflauf starten, mit maximal 500 Höhenmeter und nicht länger als 5-10 km. Warum Berglauf? Weil hier besonders die Oberschenkel stark beansprucht werden und sich die Muskulatur so langsam aufbauen kann. Zusätzlich kann und sollte man auch im Fitnessstudio oder draußen mit einfachen Übungen die Beinmuskulatur (besonders die Oberschenkel) trainieren.
Vor dem ersten Lauf sollte man sich auf jeden Fall gut mit der Strecke und den Anforderungen beschäftigen. Apps wie beispielsweise die kostenlose „Alpenvereins-App“, aber auch die verschiedener Uhr-Hersteller bieten die Möglichkeit, Strecken im Voraus zu planen und dort einen Überblick über die Streckenbeschaffenheit und die Kilometer und Höhenmeter zu bekommen. Gerade in etwas unzugänglichem Gelände wie in den Bergen sollte auch immer das Wetter beachtet werden. Und: auf jeden Fall, je nach Streckenlänge, genügend Wasser und auch eine Regenjacke mitnehmen.
Downhill ist beim Trailrunning die nächste Hürde. Was gilt es, dabei zu beachten, wenn die Beine das ansonsten nicht gewohnt sind?
F.R.: Zu beachten ist, sich – bevor es zum Trailrunning geht – das entsprechende Schuhwerk anzueignen. Mit den normalen Straßenlaufschuhen kommt man auf dem Trail nicht sehr weit und läuft Gefahr, auszurutschen. Das Schuhwerk sollte dem Trail angepasst sein: Laufschuhe mit einem guten Profil und einer ausreichenden Dämpfung sind hier besonders wichtig. Ansonsten gibt es keine „Faustregel“ und natürlich ist das sehr vom individuellen Trainingszustand der Person abhängig. Auf jeden Fall sollte man Downhill aber eher „kontrolliert“ laufen: also möglichst kleine, kontrollierte Schritte machen. Während beim Bergauflaufen immer auf dem Vorfuß gelandet wird, sollte man beim Bergablaufen eher auf dem Mittelfuß und nicht so sehr auf der Ferse aufkommen. So wird die Stoßbelastung für die Knie gering gehalten und die Belastung eher über die Muskulatur abgefedert.
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