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Kommentar: Warum „The Championship“ ihren Titel verdient

04. Juni 2019



Ich war zum ersten Mal live bei The Championship in Samorin vor Ort. Meine Eindrücke und meine Meinung möchte ich gerne mit euch teilen. Außerdem finde ich, dass es mehr Rennen geben sollte, bei denen sich die besten Profis der Welt gegeneinander batteln und somit Werbung für unseren Sport machen können. Ein Kommentar.

Während Jan Frodeno sich im Kraichgau zum Sieg langweilt, wird in Samorin das Triathlon-Battle des Jahres abgefackelt. Ich unterstreiche das gerne: Im Kraichgau läuft Frodo mit fast 13 Minuten Vorsprung vor Patrick Dircksmeier auf Platz zwei und Lukasz Wojt auf Platz drei ins Ziel. Das ist super beeindruckend und super öde gleichzeitig. Und das soll kein Seitenhieb in Richtung Frodo oder seine angetretenen Mitstreiter sein! Ganz im Gegenteil, mein Kommentar richtet sich viel mehr gegen IRONMAN.

Aber dazu hole ich gleich etwas weiter aus. Erstmal möchte ich zeigen, dass es auch anders geht.

Bei der Challenge Samorin nämlich beträgt der Unterschied zwischen Gold- und Bronzemedaille gerade einmal 60 Sekunden. Zwischen Sebi Kienle, der das Rennen gewinnt, und Frederic Funk, der 11. wird, liegen lediglich mickrige fünfeinhalb Minuten.

Wenn ich mir als Fan jemals einen Triathlon-Rennverlauf erträumt hätte, dann so einen wie bei The Championship.

Vom Startschuss bis zur Ziellinie war das ein Kampf mit offenem Visier, Positionswechsel ohne Ende, einem totgeglaubtem Champion und gefallenen Helden. Für alle Beteiligten herrschte am Streckenrand Ekstase und Spannung der Extraklasse! Großer Sport.

Gemeinsamer Wille über eigenem Interesse

In Samorin vereint sich der Wille von Veranstaltern und Athleten, um ein wirklich ernsthaftes und sportlich hochwertiges Rennen auf die Beine zu stellen. Wer hier gewinnt oder aufs Podium kommt, der hat richtig was erreicht. Die Vision der Challenge Family und der proklamierte „Game Changer“ mit dem Titel The Championship sind Wirklichkeit geworden. Und das hat Gründe.

Die Veranstalter sind bereit Geld in die Hand zu nehmen, um in ihr Rennen zu investieren. In Samorin dürfen sich die Champions im Herren- und Frauenfeld jeweils über satte 30.000 Euro Preisgeld freuen und selbst auf dem zehnten Platz geht man als Profi nicht leer aus und verdient immerhin noch 1.000 Euro. Zum Vergleich: Beim IRONMAN Frankfurt sind es 30.000 Dollar, umgerechnet also sogar weniger als in Samorin. Beim 70.3 Kraichgau gab es für Frodo 5.000 Dollar. Natürlich sind das Argumente.

Aber es ist sicher nicht nur der Ruf des Geldes, der die Profis lockt. Es hat auch etwas mit Wertschätzung zu tun. Bei IRONMAN wird man als Profi fast dafür abgestraft, dass man als Profi startet. Schließlich verdient man mit denen keine Kohle – eigentlich kosten sie nur. Und selbst das stimmt ja nicht mal, immerhin ist die IRONMAN Pro Lizenz auch nicht umsonst. In Profikreisen ist es längst ein offenes Geheimnis, dass IRONMAN mittlerweile gar kein oder nur noch kaum Geld in seine Profifelder investiert. Ausnahmen bestätigen bekanntlich die Regel.

Aber lassen wir mal die wirtschaftlichen Aspekte ganz außen vor. Bei den besten Profis der Welt geht es nämlich auch um Prestige. Natürlich bestreitet jeder Profi auch mal ein Kirmesrennen, um seinen Wettkampfkalender ein bisschen auszustocken. Dennoch ist ein Sieg, beispielsweise beim IRONMAN 70.3 Kraichgau, aber auch bei den allermeisten anderen internationalen Rennen von IRONMAN, IRONMAN 70.3 oder Challenge kaum noch etwas wert.

Die Rennen, die noch einen tatsächlichen Stellenwert haben und die von echter Bedeutung sind, lassen sich an einer Hand abzählen: Die legendäre Challenge Roth, die IRONMAN Europameisterschaft in Frankfurt, die IRONMAN 70.3 Weltmeisterschaft, natürlich der IRONMAN Hawaii – und eben The Championship.

Alles andere langweilt mich einfach nur noch. Ich persönlich lese schon seit längerer Zeit keine Vorberichte oder Rennberichte mehr. Mittlerweile gibt es eine derartige Masse an Veranstaltungen, über die berichtet wird, dass es schier unmöglich ist, alle relevanten und interessanten Infos dort unterzubringen. Zum Beispiel wurde Elena Illeditsch beim IRONMAN 70.3 Kraichgau dritte Frau im Gesamtfeld – da sie aber als Age Grouperin startet taucht sie nicht in der Ergebnisliste der Profis auf. In der Berichterstattung fällt sie einfach hinten herunter und nirgendwo steht ein Wort über sie. Ich erfahre von ihrem Erfolg auch erst bei einer Trainingsrunde auf dem Rad, über den persönlichen Austausch.

Worauf ich aber eigentlich hinaus wollte: Aus meiner Perspektive als Triathlon-Fan würde ich mir wünschen, dass es mehr Rennen wie, Roth, Frankfurt, die 70.3-WM, Hawaii oder The Championship geben würde. Das ist spannend! Viele der besten Profis der Welt an einem Tag in einem Rennen – und nicht am gleichen Tag verteilt auf dem ganzen Globus.

Das müsste doch auch im Interesse aller Beteiligten stehen, oder nicht?

Aus Sicht der Veranstalter

Kommen die besten Profis der Welt zu meinem Rennen, dann brennt die Hütte. Teilnehmerzahlen, Zuschauerzahlen, die mediale Reichweite, das Sponsoreninteresse. All das würde steigen und für eine absolute Wertsteigerung des Rennens führen.

Aus Sicht der Medien

Gibt es weniger Rennen, dafür eine höhere Bedeutung und Relevanz, kann die Berichterstattung kanalisiert, intensiviert und verbessert werden. Und wie steigt Bedeutung und Relevanz? Genau, durch eine Reduzierung der Rennen, bei denen es für Profis wichtig ist, sich dem Kampf mit der besten Konkurrenz zu stellen.

Aus Sicht der Profis

Kein Profi dieser Welt möchte einen Sieg geschenkt bekommen. Die Freude von Jan Frodeno über seinen ersten Platz beim IRONMAN 70.3 Kraichgau hat sich logischerweise in Grenzen gehalten – weil Frodo genau weiß, dass ein Patrick Lange, ein Sebastian Kienle, ein Andreas Dreitz, ein Maurice Clavel, ein Florian Angert, ein Andreas Böcherer, ein Nils Frommhold oder ein Boris Stein gefehlt haben – und das sind nur die Deutschen! Was ist mit Sanders, Wurf, Heemeryck, Kanute, Von Berg, Brownlee, Gomez und wie sie nicht alle heißen? Und natürlich war die Freude von Sebi in Samorin umso größer, weil er an diesem Tag, in einem wirklich krassen, internationalem Teilnehmerfeld, der Typ mit den dicksten Eiern war. Einfach gesagt.

Aus Sicht der Sponsoren

Natürlich kling es toll, wenn ein Sponsor den IRONMAN 70.3-, den IRONMAN- oder den Challenge-Sieg von einem seiner Athleten verkünden kann. Aber Sieg ist eben nicht gleich Sieg. Und Podiumsplatz schonmal gar nicht gleich Podiumsplatz. Aufgrund der Vielzahl von Rennen gehen manche Ergebnisse komplett unter, andere wiederum werden gehyped als wären sie ein Weltmeistertitel. Wenn es nachvollziehbar sein würde, welche Siege oder Podiumsplatzierungen wirklich etwas besonderes sind, dann steigen auch die Vermarktungsmöglichkeiten der Athleten.

Ist die Reduzierung der Profi-Rennen eine Möglichkeit?

Was bei den Männern gilt, ist beim Blick auf die Profifrauen ja noch viel schlimmer – es gibt tatsächlich kaum Rennen, wo es bei den Frauen spannend zur Sache geht. Ohnehin gibt es bei den Frauen weniger Profis als bei den Männern. Wenn es dann auch noch eine horrende Zahl an Wettkämpfen gibt, wodurch sich die besten Damen ständig aus dem Weg gehen können, dann ist es als Profi schlicht und einfach nichts mehr Besonderes irgendwo auf dem dritten Platz zu landen. Auch hier gilt wieder die Ausnahme der bereits erwähnten fünf großen Rennen!

The Championship macht es vor. Ich bin mir fast sicher, dass dieses Rennen keinen allzu großen wirtschaftlichen Aspekt verfolgt. Na klar geht die Challenge hier nicht mit leeren Taschen nach Hause – das ist ja auch in Ordnung. Denn dieses Rennen ist Werbung für den Triathlonsport. Und deshalb würde ich mich freuen, wenn es Ideen geben würde, diese Werbung weiter auszubauen.

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