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Kommentar zur Triathlon Bundesliga: Schattendasein

24. Juli 2019



Die Triathlon Bundesliga ringt seit Jahren um eine eigene Identität und vor allem Aufmerksamkeit. Und das liegt nicht an den Teams oder Athleten, denn das sportliche Niveau der Bundesliga ist weltklasse. Die Bundesliga hat mit einem viel größeren Problem zu kämpfen: Einem Verband, der entweder nicht weiß was er tut oder der nicht versteht, wie er aus dem Rohdiamant Bundesliga endlich das verdiente Schmuckstück zaubern könnte. Ein Kommentar zum Schattendasein der Triathlon Bundesliga.

  • Titelbild: DTU/Ingo Kutsche

Mein bestes Bundesliga-Resultat ist mittlerweile schon ein paar Jahre her: Mit dem 8. Platz am Schliersee schaffte ich 2011 das erste und einzige Mal den Sprung in die Top-10 der Triathlon Bundesliga. Patrick Lange wurde damals Dritter, Maurice Clavel Fünfter. Für mich persönlich bleibt es eins der stärksten Rennen, die ich jemals gemacht habe. Seitdem hat sich vieles verändert: Die Bundesliga ist längst nicht mehr am Schliersee zu Gast und meine Form ist mindestens sechs Kilo schlechter als damals. Was sich allerdings nicht verändert hat: Die Bundesliga ist nach wie vor höchstens eine Randerscheinung des Triathlons in Deutschland.

Die Bundesliga kämpft mit einem Identitätsproblem. Und die Deutsche Triathlon Union ist schuld daran.

Es gibt viele Gründe warum die Triathlon Bundesliga einen besseren Stand in der Szene und mehr Aufmerksamkeit verdient hätte: Die sportliche Wertigkeit ist herausragend, die Rennverläufe extrem spannend und kurzweilig, man kann nationale und internationale Top-Athleten hautnah erleben und nicht zuletzt die Hingabe der vielen ehrenamtlichen Betreuer, die ihr halbes Leben für ihre Teams opfern. Es gibt aber noch viel mehr Gründe warum es eben nicht gelingt. Die meisten findet man in der Otto-Fleck-Schneise 8 in Frankfurt. Hier sitzt die Deutsche Triathlon Union (DTU) und versucht seit Jahren aus der Bundesliga etwas zu machen, das sie nicht sein darf: Ein Objekt zur Profilierung des Verbands.

Die Bundesliga hat kein Gesicht

Anstatt eigene Wege zu gehen, innovative Rennformate zu gestalten und ein Image zu kreieren, das die Triathlon Bundesliga in ein schnelleres und dynamischeres Fahrwasser bringen würde, ist sie seit Jahren nicht viel mehr als ein identitätsloser Abklatsch der World Triathlon Series (WTS), wo die besten Kurzdistanzler um den Weltmeistertitel kämpfen. Und nicht mal das trifft den Nagel auf den Kopf. Denn während in der WTS die Athleten gegeneinander kämpfen, treten in der Bundesliga Teams gegeneinander an. Man weiß also nie so recht woran man ist, wenn man ein Rennen der Bundesliga verfolgt. Erst einige Minuten nachdem alle Athleten das Ziel erreicht haben, entscheiden die Einzelplatzierungen aller Athleten über die Platzierung ihres Teams.

Wenn ich nicht ganz tief im Geschehen stecke, alle Teams und Athleten kenne und außerdem den Überblick im Rennen behalte, dann überfordert mich die Bundesliga und verliert außerdem mein Interesse.

Vielleicht bin ich da nicht old-school genug, aber das Wertungssystem der Bundesliga ist meiner Meinung nach längst nicht mehr zeitgemäß. In Zeiten von Super League, Team Relays und modernen medialen Möglichkeiten der Außendarstellung ist die Triathlon Bundesliga abgehängt. So abgehängt, dass nicht mal die szeneinternen Medien, Fotografen oder Plattformen ein gesteigertes Interesse an den Rennen der Bundesliga haben – ich kann’s verstehen, mir geht es ja genauso. Allerdings lässt mich das nicht kalt und mir ist die Bundesliga auch nicht egal, sonst würde ich ja diesen Kommentar nicht schreiben.

Hausgemachtes Problem

Was mich an der Bundesliga hauptsächlich stört ist die Deutsche Triathlon Union. Denn wie bereits gesagt liegt das Problem der Bundesliga sicher nicht an der sportlichen Wertigkeit. Es ist schlicht unfassbar, welch hochkarätige Athleten von den Teams in die Rennen geschickt werden. Das sportliche Niveau der Bundesliga ist so hoch, dass sich eigentlich alle Triathlon-Interessierten, die Medien und die Szene generell alle Finger danach ablecken müsste, bei den Wettkämpfen dabei zu sein. So ist es aber nicht.

Seit Jahren schafft es die DTU nicht eine Begehrlichkeit für die Bundesliga zu wecken. Es fehlt an Charme, Leidenschaft und Herzblut.

Als Beobachter würde ich sagen, dass es der DTU auch gar nicht darum geht, die Bundesliga in der Szene zu verzahnen und eine Art Community aufzubauen, so wie es Ironman und Challenge bereits längst geschafft haben. Dass die DTU mit der Bundesliga etwas für den Triathlonsport in Deutschland tut sehe ich ehrlich gesagt auch nicht. Das beste Beispiel dafür ist das gehypte Bundesliga-Rennen in Berlin im Rahmen von „Die Finals“.

Auf den ersten Blick ist es super, dass die beiden Bundesliga-Rennen der Damen und Herren im öffentlichen Fernsehen übertragen werden. Auf den zweiten Blick jedoch ist es für die Wahrnehmung des Triathlonsports verheerend. Bei „Die Finals“ haben sich zehn Sportarten zusammengeschlossen, die am 3. und 4. August in Berlin ihre Deutschen Meister ermitteln. Mit gebündelten Kräften schafft man es somit ein öffentliches Interesse für Sportarten zu gewinnen, die es normalerweise und aus eigener Kraft nicht schaffen würden aus ihrer Szene herauszukommen. In Berlin kommen Leichtathletik, Bahnrad, Bogensport, Boxen, Kanu, moderner Fünfkampf, Schwimmen, Trial, Turnen und eben Triathlon zusammen. So weit, so richtig gut! Die perfekte Chance um Werbung für den Sport zu betreiben. Eigentlich.

„Die Finals“ missverstanden?

Nochmal: Bei „Die Finals“ geht es um die Deutschen Meisterschaften der jeweiligen Sportarten. Und laut DTU gibt es eine Deutsche Meisterschaft für Elite und Altersklassen über die Sprintdistanz. Die logische Erwartungshaltung ist also: In Berlin werden am 3. und 4. August die Deutschen Meisterschaften der Elite und Altersklassen über die Sprintdistanz ausgetragen. Die Athleten, die ich im TV als erstes im Ziel sehe sind also die Deutschen Meister. Ist aber nicht so.

Während es alle anderen Sportarten schaffen werden, auf nachvollziehbare Art und Weise, ihre Deutschen Meister in Berlin zu küren (so wie es sein soll), fällt der Triathlon komplett aus der Reihe: Die Altersklassen ermitteln ihre Meister erst am 11. August in Bremen, obwohl es ja auch ein Rennen für Altersklassen in Berlin gibt – das wird zwar nicht im TV übertragen, aber es wäre zumindest mal logisch gewesen.

Und bei der Elite? Da wird es noch wilder. Denn anstatt ein Rennen mit den besten deutschen Athleten über die Sprintdistanz, bei denen dann eben Sieger und Siegerin Deutsche Meister und Meisterin sind, wird es in Berlin ein Bundesliga-Rennen geben, bei dem jede Menge hochkarätige internationale Athleten an den Start gehen werden.

Bei den Frauen gab es dieses Jahr keine einzige deutsche Siegerin in der Bundesliga. Bei den Herren konnte Justus Nieschlag in Düsseldorf gewinnen, ist damit aber auch der einzige deutsche Sieger eines Bundesliga Rennens in dieser Saison.

In der Bundesliga gibt es 80 Startplätze bei den Männern, 60 bei den Frauen – hinzu kommen in Berlin noch jeweils zehn Plätze, die der Verband mehr oder weniger willkürlich an Athleten verteilt, die bei der DM starten möchten, aber keinem Bundesliga-Team angehören. Die 80 bzw. 60 Startplätze werden von den Teams vergeben, die logischerweise die Bundesliga-Wertung für sich entscheiden wollen und dafür die stärksten Athleten ins Rennen schicken, die sie zur Verfügung haben. Und natürlich wird ein bedeutender Anteil der zur Verfügung stehenden Startplätze an internationale Athleten vergeben werden. Was ich absolut nachvollziehbar finde! Es ist also durchaus sehr wahrscheinlich und gut denkbar, dass am Ende ein Athlet das Rennen gewinnt, der dann aber gar nicht Deutscher Meister wird. Ach ja, zusätzlich wird ja am Ende auch das beste Team als Deutscher Mannschaftsmeister gekürt – hier zählen dann auch wieder die Ergebnisse der internationalen Jungs und Mädels.

Viel Spaß den Moderatoren beim erklären, allen Journalisten beim berichten und allen Zuschauern (wenn sie ihren Kopf aus Verwirrung noch nicht längst gegen die Wand hauen).

Eines der größten Probleme, mit denen Triathlon in der Öffentlichkeit zu tun hat, ist der intensive Erklärungsbedarf. Jetzt gibt es in Berlin bei „Die Finals“ schon die Chance knapp 60 Minuten den Triathlon sportinteressierten Menschen näher zu bringen und dann schafft es die DTU ein solches Chaos in die Wege zu leiten. Ich kann nur hoffen, dass es nicht der verzweifelte Versuch des Verbandes ist, der Triathlon Bundesliga ein bisschen Sendezeit in den Öffentlichen zu verschaffen, mit denen man sich danach bei Sponsorengesprächen und -verhandlungen brüstet. Das Opfer wären nämlich nicht nur die Athleten, die um ihre Deutschen Meistertitel kämpfen wollen, sondern auch der Triathlon an sich, der vielleicht sogar noch mehr als vorher belächelt wird.

Fazit: Noch ist nichts verloren

Da die Bundesliga bisher einen, sagen wir mal, mäßigen Stand hat, ist die Chance groß etwas besseres und wertvolleres daraus zu machen. Ich finde allein schon den Namen „Bundesliga“ uncool, Aufmachung und Anstrich (der wahrscheinlich auch nicht allzu bekannt ist, oder wer kennt das Bundesliga-Logo?) müssten zeitgemäß angepasst werden, es müssen mediale Möglichkeiten und Partnerschaften eingegangen werden, die dem ganzen eine Bühne und Plattform bietet, über die man die junge und hungrige Triathlonszene erreicht. Außerdem reichen vier Rennen bei weitem nicht für eine Saison!

Ein Spannungsbogen ist quasi unmöglich, wenn die Saison vorbei ist bevor sie überhaupt begonnen hat.

Eine Serie von Rennen, die vielleicht schon mit einem Swim & Run im März beginnt, mit einem Duathlon fortgesetzt wird und dann mit Team- und Staffel-Formaten ein Feuerwerk nach dem anderen abfackelt, könnte durchaus auf ein Interesse stoßen! Das sind natürlich nur spontane Ideen und Denkanstöße, alles Dinge über die sich diskutieren lässt.

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7 Kommentare

  1. Schöner Kommentar! Ich finde allerdings auch erwähnenswert, dass das mangelhafte Interesse an diesem Rennformat auch darauf begründet ist, dass der dort gezeigte Sport und im Übrigen auch das damit verbundene Trainingskonzept der DTU nichts mehr mit dem Triathlonsport der breiten Masse zu tun hat und diese deshalb auch nicht anspricht! Wie viele Athleten in Deutschland sind denn in der Lage, auf ein solch irres Niveau zu kommen und kann die im Verhältnis kurze maximale Geschwindigkeit im Schwimmen und Laufen überhaupt ein langfristiges Ziel der Sportler sein? Letztlich wollen wir doch alle Ausdauersportler sein…

  2. Leider ist Triathlon nicht der einzige Sport, in dem das nationale Tagesgeschehen in den Hintergrund rückt. Ich komme aus der Leichtathletik und da ist es in Deutschland oft genauso. Oft, wie ihr gesagt habt, auch wegen komplizierter / undurchsichtiger Wettkampfformate. Wenn man kein absoluter Spezialist ist, verliert man einfach den Überblick bzw. es wird kein Interesse geweckt.
    Allerdings finde ich prinzipiell die Idee der Finals klasse und ich glaube es wird einfach nur hammer, weil es einfach ein Fest sämtlicher Sportarten werden wird. Man sollte es eher als Möglichkeit sehen, neue Fans für die Sportart zu finden. Es gibt sicherlich einige Zuschauer, die bei den Finals mal in andere Sportarten hineinschnuppern. Es ist also zumindest mal ein Versuch, auch medial, die Aufmerksamkeit zu steigern.
    Aber generell gebe ich euch natürlich voll und ganz recht, es muss ein Umdenken stattfinden, um den Sport auf nationaler Ebene interessanter zu machen – und das nicht nur im Triathlon.

  3. Klasse Kommentar, dem ich nur zustimmen kann. Die Sprint- und Kurzdistanz leben von ihrer Schnelligkeit und ihrer Dynamik, die Mittel- und Langdistanz nicht bieten können. Damit sprechen sie ein viel größeres Publikum an, als nur uns eingefleischte Triathlonfreaks. Die Super League macht es vor, wie man durch innovative Formate actionreiche Events präsentiert. Warum zeigt man nicht mehr Mut, wenn das Zuschauerinteresse doch ohnehin schon bei Null ist? Zu verlieren gibt es ja nicht mehr.
    Außerdem würde ich mich über Futter für das Rollentraining freuen. Aber bis auf kurze Highlight Videos bekommt man ja nichts zu sehen.

  4. Top Kommentar,
    Insgesamt muss man sich die Frage stellen, welche Änderungen helfen, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen:
    – einfacheres Reglement/ Strukturen: zieht sowohl mehr Sportfans als auch Triathleten an. Die Super League macht es richtig
    – Vermarktung/ Events / Logo:
    Zieht sowohl mehr Sportfans als auch Triathleten an
    – Identifikation Amateur Triathleten: Hier muss reichlich nachgebessert werden, sodass Amateur Triathleten interessiert sind. Verständlicherweise interessiert sich der Amateur Triathlet nur für das Format, wo er sich teilnimmt. Mit der AM Wertung ist schonmal viel getan, nur kann das eventuell mehr hervorgehoben werden? Schließlich nehmen wir alle in der Saisonvorbereitung an den Wald-und Wiesen Triathlon teil.
    – Faktor „Triathlon als Gesellschaftssport“: schaut man sich die Super League an, könnte man meinen dass Triathlon „Der“ Sport der Gesellschaft ist. Er vereint die wichtigsten und essentiellsten Sportarten, die weltweit fast am meisten ausgeübt werden und einen „Super Human“ erschaffen. Genauso muss auch der deutsche Triathlon vermarktet werden. Wäre doch nicht dieser eine Knackpunkt: Das Geld! Welcher Student kann es sich leisten, mal eben Triathlon zu betreiben? Ich hätte es nicht machen können!

    Fazit: Die im Kommentar erläuterten Punkte mit meinem letzten Punkt verbinden. Hier gibts viel Potential.