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Worauf es beim Schwimmen ankommt: Kraft ist nicht gleich Geschwindigkeit

02. September 2020



In einem Video zum Thema Schwimmen, hier auf Pushing Limits, hat Sebastian Kienle von seiner „Liebe“ zu Schwimmen erzählt. Trotz sehr guter Kraftwerte, die teilweise besser als die der Spezialisten seien, bekomme er diese Power irgendwie nicht ins Wasser. Wie Kraft und Geschwindigkeit im Schwimmen zusammenhängen, erkläre ich euch in diesem Beitrag.

Reine Kraft und ein richtiger Anstellungswinkel unter Wasser machen alleine anscheinend noch keinen wirkungsvollen Armzug aus. Bedenken wir, dass Sebi im Wettkampf mit einem hochwirksamen Neo, der ihn in die optimale Wasserlage befördert, schwimmt, bleibt also die berechtigte Frage woran es sonst noch liegen kann, dass er mit seiner Schwimmperfomance hadert.

Wie wir wissen, ist es im Wasser entscheidend einen möglichst hohen Widerstand der antriebswirksamen Flächen entgegengesetzt der Schwimmrichtung zu erzeugen. Diese Flächen sind neben den Füßen, die wir hier außen vor lassen wollen, die Hände und die Unterarme eines Schwimmers.

Während der Zugphase versuchen wir Handflächen und Unterarme so anzustellen, dass sie einen maximalen Widerstand erzeugen können. Anschließend versuchen wir die Flächen nach hinten so zu beschleunigen, dass wir einen maximalen Kraftimpuls nach vorne erzeugen. Beschleunigen wir die Flächen zu schwach oder aber zu stark, wird der Körper nicht optimal beschleunigt.

Unser Ziel sollte es sein, die Hand im Wasser zu verankern und den Körper über die Hand zu schieben.

Viele Schwimmer bezeichnen diese optimale Umsetzung des beschriebenen Bewegungsablaufs auch als Wassergefühl. Also als eine subjektive Interpretation der optimalen Wasserverdrängung. Dabei lässt sich dies nur sehr schwer didaktisch vermitteln, da der Schwimmer selbst ein Gefühl für das Wasser entwickeln muss und dies nur sehr schwer über Technikübungen zu erläutern ist.

Wie kann ich dieses Wassergefühl verbessern?

Zum einen können wir durch eine Vielzahl an Technikübungen, wie beispielsweise wriggen, die Sensorik stimulieren. Aber es braucht viel Zeit und Geduld es richtig umzusetzen, da unser Gehirn neue Bewegungsmuster erlernen muss.

Wir müssen also den langen Weg gehen und durch eine Vielzahl von Wiederholungen und Trainingseinheiten die Fähigkeit der Wasserinterpretation schulen.

Wie jüngst auch Brett Sutton in einem seiner Guru-Posts beschrieb, kann man den Körper nicht mittels Überfrachtung von Input über Technikdrills oder Coachinganweisungen dazu zwingen, besser zu werden. Damit sagt er nichts anderes, als dass wir prozeduales Lernen (z.B. Radfahren) nicht mit semantischem Lernen (z.B. Fakten) verwechseln sollten.

Unser Gehirn unterscheidet zwischen unbewusstem Lernen, wie dem Erlernen von Bewegungen (Radfahren) und dem bewussten Lernen (Fakten). Weder ein Buch, noch ein Coach kann uns daher das Gefühl der optimalen Widerstandsentwicklung geben.

Es ist an uns, ins Wasser zu springen und dieses Gefühl durch möglichst häufiges Üben zu verbessern.

Um euere Lernerfolge optimal zu pushen, könnt ihr aber trotzdem folgende Dinge beherzigen. Ich empfehle euch neun Punkte, die ihr ziemlich simpel beachten könnt:

  1. Macht euch vor dem Training ausgiebig warm. Durch das Warmmachen wird auch eure Motorik aktiviert.
  2. Trainiert Technikinhalte im ersten Drittel eurer Schwimmeinheit. Dadurch seid ihr aufnahmefähig und nicht so mental ermüdet, wie wenn ihr bereits lange geschwommen seid.
  3. Trainiert solche Technikeinheiten möglichst als erste Einheit des Tages. Mit körperlicher Müdigkeit geht auch mentale Müdigkeit einher. Jeder, der schonmal bei einem Ironman oder Marathon zugeschaut hat, erkennt den Unterschied zwischen der Lauftechnik am Anfang und am Ende des Marathons.
  4. Seid ausreichend versorgt. Nüchterne Einheiten machen zwar Sinn, hier sind sie jedoch kontraproduktiv. Der Blutzucker wirkt sich auch auf unsere kognitiven Fähigkeiten aus.
  5. Schlaft ausreichend nach solchen Einheiten. Schlaf festigt neu Erlerntes und überführt es in den Langzeitspeicher. Ohne Schlaf kein Lernen!
  6. Konzentriert euch auf das Wesentliche. Denkt nicht an fünf Techniktipps während einer Einheit. Setzt den Fokus auf ein bis zwei Korrekturen und versucht diese bis zum Ende des Trainings durchzuziehen.
  7. Schwimmt locker, denn schnelles Schwimmen stresst den Körper. Versucht das Training also möglichst entspannt zu absolvieren.
  8. Schwimmt nicht zu lang. Eine Technikeinheit sollte maximal 75 Minuten umfassen. Bei Anfängern 45 Minuten. Für alle Anderen sind 60 Minuten zu empfehlen.
  9. Nutzt Schwimmequipment, aber nicht inflationär. Ihr verbessert euch indem ihr den Transfer zum Kraulschwimmen schafft. Nicht wenn ihr Flossen-Weltmeister werdet.

Das Schwimmen ist die komplexeste Disziplin und erfordert maximale Aufmerksamkeit.

Und Sebi Kienle bringt es damit wieder einmal treffend auf den Punkt: „Wer das Schwimmen immer nur ans Triathlontraining hinten dran hängt, der wird sich schwer tun dabei Erfolge zu verbuchen.“

Video: Sebastian Kienle und die „Liebe“ zum Schwimmen

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1 Kommentare

  1. Danke für den Beitrag zum Schwimmen. Gut zu wissen, dass man sich auch vor dem Schwimmen warm machen muss und man Trainingstechniken als Erstes machen sollte. Wir überlegen, ob wir uns einen Swimmingpool einbauen lassen, weil mein Mann und ich beide was für unsere Gesundheit tun müssen.