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Best of Bocki #58 – Vorbereitung ist die halbe Miete

03. August 2020



Noch zwei Wochen, dann soll um 5:00 Uhr mein längster Tag des Jahres starten. Vom Ulmer Münster geht es entlang der Iller, der Länge nach durchs Allgäu, bis nach Oberstdorf. 147 Kilometer zu Fuß. Am Stück. So zumindest der tollkühne Plan. Was ich tue, damit das Unterfangen ein Stück realistischer wird, erfahrt ihr jetzt.

Im letzten Blog hatte ich euch von dem bevorstehenden „ungeheurem Abenteuer“ berichtet und wie es zu der Idee kam. Und ich muss sagen, wider Erwarten bin ich ziemlich heiß auf den 147 Kilometer langen Ultrarun. Zwar besteht bei mir seit geraumer Zeit eine ziemlich große Diskrepanz zwischen der Lust auf sportliche Abenteuer und der Lust auf die notwendige sportliche Vorbereitung, aber seit ich das erkannt habe, lebt es sich entspannter. Was soll schon schief gehen, außer nicht anzukommen?

Natürlich laufe ich und bereite mich irgendwie auf diese Geschichte vor. Aber, nach allem was ich weiß, sieht eine Ultrarun-Vorbereitung eigentlich deutlich umfangreicher aus, als mein Training der letzten Wochen. Wenn ich in zwei Wochen starte, dann werde ich eine handvoll 20er und 30er und zwei 50 Kilometer-Läufe in den Beinen haben. Ob das reicht? Ihr und ich werden es bald erfahren.

Sportlich gesehen habe ich also nicht viel in der Hand, ein schwerwiegender Punkt auf der Contra-Seite, wenn ich die Chancen abwäge, ob ich die Strecke am Stück schaffe oder nicht. Auf der Pro-Seite möchte ich allerdings nichts dem Zufallen überlassen. Deshalb werde ich nichts unversucht lassen und habe mir in den letzen Tagen einige Dinge einfallen lassen, um die Chancen aufs Finish zu erhöhen!

Im wesentlichen sind es vier Dinge, die meiner Meinung nach am Ende entscheidend sind: Die Lauf-Geschwindigkeit, sinnvolle Pausen, das richtige Material und vor allem die Ernährung! Ich gehe meine Gedanken und Ideen dazu mal der Reihe nach durch. Würde mich freuen, wenn ihr dazu noch hilfreiche Tipps oder Denkanstöße habt und sie mir irgendwie zukommen lassen würdet. Sei es über Nachrichten oder Kommentare.

Speed

Ob oder wie lange bei dem Lauf noch von „Speed“ die Rede sein kann? Ich bin gespannt! Das oberste Gebot wird sein, dass ich so langsam und entspannt laufe, wie es nur irgendwie möglich ist. Allerdings ist „zu langsam“ auch nicht gut und die Veränderung zu meinem üblichen Bewegungsablauf wäre wahrscheinlich so groß, dass ich deswegen irgendwann Probleme bekommen würde. Meine Wunschvorstellung ist, dass es mir gelingt auf keinen Fall schneller als 5:00 Minuten auf den ersten Kilometern zu laufen und dann recht bald einen Schritt zu finden, der es mir erlaubt mit etwa 5:15-5:30 Minuten pro Kilometer voran zu kommen.

Pausen

Ohne geht es nicht, da bin ich mir ziemlich sicher. Natürlich werde ich nicht irgendwo einkehren und stundenlang ruhen. Abgesehen davon, dass es diese Möglichkeit entlang der Strecke gar nicht gibt, würde mir das auf jeden Fall das Genick brechen. Ich kenne mich ja: Wenn ich einmal gemütlich werde, dann schieße ich den Rest in den Wind und fahre nach Hause. Ich muss mir also selbst ein Schnippchen schlagen und werde die Pausen entsprechend timen. Nach 50 und nach 100 Kilometern möchte ich etwa 15 Minuten Pause machen. Die Zeit werde ich für die folgenden beiden Punkte nutzen…

Material

Von einem Kumpel habe ich den Tipp bekommen, dass ich zwischendurch auf jeden Fall Schuhe und Bekleidung wechseln soll. Das erscheint mir sinnvoll! Zum einen erhoffe ich mir durch frische Sohlen, Socken, Shirts und Hosen einen positiven Effekt im Kopf, weil es sich einfach fresh anfühlt. Zum anderen hoffe ich, dass es auch für die Belastung von Muskulatur, Sehnen und Gelenken hilfreich ist, wenn ich die Schuhe austausche. Durch Nick bestand bereits ein kurzer Draht zu Keller Sports und so zum Glück die Möglichkeit, die Idee des Ultraruns in Kombi mit dem Materialwechsel zu erklären und zu hören, was die Experten vorschlagen.

Wir sind bei Nike hängen geblieben und haben nun besprochen, dass ich die ersten 50 Kilometer mit dem Pegasus 37 angehen werde, also ein relativ komfortabler, aber dynamischer Schuh, der ausreichend Dämpfung bietet. Den zweiten Abschnitt werde ich im Infinity React laufen, auf den mein Blick bereits nach dem Testbericht von Jan gefallen war – vor allem weil die Strecke auf diesem Stück auch einige Passagen auf Asphalt vorzuweisen hat und ich sehr gerne die volle Packung Komfort mitnehmen will. Die finalen 47 Kilometer werde ich wahrscheinlich mit dem Pegasus Trail 2 laufen, der mir für den Off Road-Untergrund vor allem bei kompletter muskulärer Ermüdung am sinnvollsten erscheint.

Ernährung

Der absolute Schlüsselpunkt. Wie erwähnt, gibt es entlang der Strecke keine passende Möglichkeit, um Verpflegung aufzunehmen, Getränke nachzufüllen oder mal eben das altbekannte Snickers von der Tanke zu holen, wenn’s zäh wird. Deshalb ist komplette Selbstverpflegung angesagt. Die genaue Menge habe ich noch gar nicht ausgerechnet, allerdings wird der Rucksack (der dann hoffentlich von einer Begleitperson auf dem Fahrrad getragen wird) mit Bananen, Gels, Haribo, selbstgebackener Pizza und vorgekochten Nudeln gefüllt. Meal Prep mal anders sozusagen. Sobald das genaue Menü steht, werde ich es nochmal aufschreiben.

Bei den Getränken werde ich während des Laufs auf Wasser, Iso, Spezi und Red Bull setzen. Sicherheitshalber nehme ich auch ein Bierchen mit. Man weiß ja nie und vielleicht ist es genau das, was am Ende nötig ist, um die letzten Kilometer hinter mich zu bringen. We will see! Meine Strategie ist, dass ich in den oben genannten Pausen Pizza und Nudeln esse und etwas anderes als Wasser und Iso trinke. Während der Laufabschnitte setze ich dann auf Wasser, Iso und die kleineren Snacks.

Alles Kopfsache?

Die mir unbekannteste Variabel: Mein Kopf. Ich habe überhaupt keine Ahnung, was mich jenseits des Marathons erwartet und wie ich mit Tiefs und Rückschlägen umgehen werde. Bin ich irgendwie nur noch genervt und abgefuckt und gebe auf? Sind tatsächlich die Beine und Muskeln der größte Gegner oder ist es meine Birne, die mich vielleicht irgendwann im Stich lässt, wenn es richtig lang und richtig zäh wird? Bis wann kann ich den Lauf genießen? Kann ich das überhaupt? Wird mir langweilig? Habe ich Lust auf Begleitung oder will ich komplett meine Ruhe? Hält der Akku meiner GPS-Uhr?

Aktuell kann ich all diese Fragen mit genau einem Satz beantworten: Ich habe keine Ahnung. Auch deshalb habe ich wahrscheinlich so viel Bock auf den Lauf. Es ist eine neue Herausforderung und es wird definitiv eine ganz neue Erfahrung. Falls ihr euch mit so Abenteuern auskennt, dann schickt mir bitte alle Infos, die ihr sinnvoll und hilfreich findet. Vor allem mentale Tricks nehme ich dankend entgegen.

Zeitplan und Mitläufer

Wenn das Wetter passt, dann starte ich am 17. August um 5:00 Uhr in Ulm. Wenn irgendwer von euch im Allgäu ist und Bock hat einen Abschnitt mitzukommen, dann meldet euch auf jeden Fall gerne. Ich habe noch keine Ahnung, wie sich das koordinieren lässt. Aber nichts ist einfacher erstellt als eine WhatsApp-Gruppe. Die Route entlang der Iller ist eh klar und alles andere bekommt man organisiert. Ich weiß natürlich nicht, in welcher Verfassung wir uns dann auf der Strecke begegnen und übernehme auch keine Garantie für irgendwelche Launen, aber im Nachhinein werden alle Beteiligten hoffentlich sagen, dass es richtig geil war.

Ein Update wird es vorab bestimmt nochmal geben. Auch auf Instagram wird der Ultrarun bestimmt eine Rolle spielen und in den kommenden Tagen immer mal wieder Thema sein. Bin wirklich gespannt, habe Bock und gleichzeitig irgendwie Schiss. Ein geiles Gefühl!

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11 Kommentare

  1. Hey Bocki,

    Klingt so als hättest dich gut informiert. Hast mal überlegt zumindest in den 15 minütigen Pausen deine GPS Uhr mit ner Powerbank aufzuladen?
    Bei meinem 400er auf dem Rad hatte ich in jeder der 4 Pausen meinen Radcomputer an ne Powerbank gehängt und so hat der Akku auch durchgehalten.
    Auf jeden Fall ist es wichtig, dass du in den Pausen was anderes zu dir nimmst. Du wirst irgendwann den Kram nicht mehr sehen können. Ich hatte auf Cola und Eistee zurück gegriffen aber das musst du selbst wissen.
    Das mit dem Lauftempo finde ich genau richtig. Ich habe mal die Zielzeit 2:15 Std beim München Halbmarathon gepact und das war überhaupt nicht mein Tempo. Das hat mir muskulär richtig zu schaffen gemacht. Würde also unteres bis mittleres GA1 empfehlen (auch wegen des Energieverbrauchs)
    Klamottenwechsel find ich ne super Idee. Denk auch an Anti-chafting und Sonnencreme/schutz 😉
    Sollte mir noch etwas einfallen, melde ich mich.
    Heißer Tipp für Ultraläufe ist übrigens Florian Neuschwander. Coole Socke und kann dir bestimmt noch paar Tipps geben.

  2. Geiles Ding Bocki! Tipps kann ich dir nicht geben, aber ich wünsche dir viel Spaß und verfolge das Projekt gerne und gespannt aus der Leser Perspektive. Gruß Ulf

  3. 1) Als mentale Hilfe: Von Anfang an alle paar Kilometer eine kleine Gehpause einlegen. Anfangs vlt. 2 min alle 20 km bis später dann 30 s alle 5 km. Macht dich in Summe vlt. gut 10 min langsamer, aber es ist ja kein Rekordrennen und bringt für deine Psyche enorm viel (Stichwort kurze Ziele setzen wie z. B. „ich lauf normal weiter bis zur nächsten Gehpause“). Wichtig: auf keinen Fall die Pausen ausdehnen, sondern dann auch wirklich nach 30-120 s wieder ins Joggen übergehen, ohne nachzudenken.
    2) Wie von Christopher geschrieben: unbedingt an Vaseline o. ä. denken gegen Scheuerstellen! Und wenn es eure Style-Polizei nicht verbietet, würde ich mit Kompressionskleidung laufen – insbesondere im Wadenbereich.
    3) Mit Pizza wär ich vorsichtig, selbst wenn du einen guten Magen hast. Zu viel Fett auf einmal mindert aufgrund steigender Verdauungsanforderungen die Leistung inkl. der deiner Psyche. Wichtiger ist, wirklich kontinuierlich KH zuzuführen. Und natürlich lieber einen Liter Wasser und eine Elektrolyt-Tablette zu viel als zu wenig.
    Frag im Zweifel vlt. mal Coach Zeller, dazu gibts heutzutage doch bestimmt auch genug Wissenschaftliches!
    4) Außerdem wäre es top, wenn deine Begleitung spätestens alle 20-40 min einen neuen Post veröffentlicht mit Standort, damit man dich verfolgen kann.

  4. Ich bin am #PBDay zwar „nur“ 50km gelaufen, aber ich hab mich da komplett mit Maurten verpflegt. Sowohl Gel, als auch das Pulver zum Getränke Mixen. Hat super geklappt, hatte keine Magenprobleme und war gut hydriert. Bei deiner Tour würde ich sicherlich noch sowas wie Salzstangen oder ähnliches einpacken. Nicht nur das es geschmacklich mal was anderes ist, sondern natürlich auch um dem Körper Salz zuzuführen. Daher finde ich deine Idee mit dem Bier auch gut, mal was anderes zum ganzen Süßkram.
    Ansonsten würde ich für die Pausen vielleicht noch eine kleine Blackroll einpacken.

  5. Hi Bocki, mit der Ernährung würde ich mir nochmal überlegen! Bin mal nen Hunni mit vier kalten Pizzen, Gummibärchen , Snickers und viel Cola gelaufen! Das ist nicht zu empfehlen!

    Das kann ich nicht empfehlen!

    Tempo von 5-5:30 min ist schon sehr ambitioniert für den ersten Ultra!

    Leg noch 14 km drauf dann haste gleich 100 Miler🥴🤪

    Gruss aus Herne😉

  6. Ich find deine Zielsetzung richtig stark! Es ist wirklich inspirierend zu sehen, wie du die Zeit ohne Wettkämpfe für neue persönliche Ziele der anderen Art nutzt.
    Ich wünsch dir auf deinem Weg dorthin und an dem Tag das Beste und drück die Daumen, dass alles so klappt, wie du es dir wünscht!

  7. Hey Bocki,

    nicht die entsprechende Vorbereitung für die Belastung? Erinnert mich an die Story aus dem Podcast und dem Rennen auf Menorca(?) und Barcelona danach. Viel Spaß, ich drück die Daumen.

  8. Unbedingt die Schuhe für Teil 2 und 3 eine Nummer grösser wie sonst nehmen. Deine Füsse werden aufschwellen; so verhinderst du Druckstellen und blaue / abfallende Zehennägel.

  9. Hi Bocki,
    Ich hab bisher „nur“ Erfahrung als Begleitung von 3 Freundinnen bei nem Ultra. Die hatten ungefähr die gleiche Vorbereitung und hatten konditionell keine Probleme! Die drei sind alle Anstiege gegangen, was bei Ultras scheinbar zum Standard gehört. Und: die haben mich nach ca 50km auf die Suche nach salzigen Chips geschickt, weil sie totalen Heißhunger drauf hatten.
    Drück die Daumen!