Was bringt ein Schwimm-Trainingslager wirklich?
12. Januar 2023
Noch einmal schlafen, dann geht es für Johann Ackermann und das Schwimmcoach-Team nach Fuerteventura: eine Woche schwimmen unter der kanarischen Sonne steht im Trainingslager auf dem Plan. Aber was bringt so ein Intensiv-Konzept langfristig für die Performance? Und für wen lohnt es sich?
Jedes Jahr im Frühjahr bin ich auf einer kanarischen Insel und schaue mir die Triathleten bei ihrem Training im Schwimmbecken an. Der eine zieht stupide seine Runden und versucht stoisch, seine drei Kilometer abzuspulen, um ein Häkchen hinter sein selbstgestecktes Tagesziel setzen zu können. Der nächste wiederum trainiert nach einem Trainingsplan mit vielen Technikübungen und versucht, neben dem Rad- und Lauftraining auch seine Technikdefizite in den ein oder zwei Wochen im Trainingslager anzugehen.
Die Frage ist allerdings, was mehr Sinn macht: viel zu schwimmen (Denn Schwimmen kommt bekanntermaßen vom Schwimmen!) oder besser an seiner Technik zu feilen, um Technikdefizite auszugleichen?
Nur schwimmen oder doch mehr im Trainingslager?
Qualität oder besser Quantität? Die ewige Frage! Die Antwort ist – wie immer – auch ein wenig differenzierter anzugehen, als bloß eine klare Aussage zu einem der beiden Extreme zu treffen. Wie mein Freund und Gründer von „Stimm Smokt“ Paul Newsome sagen würde: „It depends!“ (zu Dt.: Es kommt darauf an!) Wir versuchen, euch in einigen wenigen Absätzen eine Orientierung zu geben, welcher Ansatz für euch im Trainingslager Sinn macht …
Als Grundannahme sehen wir, dass sowohl eine verbesserte Schwimmausdauer als auch eine Verbesserung eurer Technik euch zu einem schnelleren Schwimmer macht. Schwimmt ihr mehr als gewöhnlich, reagiert euer Körper im Optimalfall mit einer Superkompensation – und ihr werdet nicht nur fitter, sondern auch schneller. Denn eure Technik ist gegeben und wird durch das Schwimmen nicht schlechter.
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Umfang oder Technik im Trainingslager?
Sofern ihr es mit dem Umfang nicht übertreibt, könnt ihr euch so verbessern. Der Nachteil daran ist, dass ihr eure Technik damit weiter einschleift – und ihr es euch dadurch erschwert, sie irgendwann zu verändern. Gerade das Schwimmen erfordert eine hohe Anforderung an eure koordinativen Fähigkeiten. Die Bewegungsmuster prägen sich durch Dauerschwimmen ein und werden nur mit hohem Aufwand wieder verlernt. Der Zugewinn an Fitness ist zeitlich begrenzt. Sofern ihr in absehbarer Zeit einen Wettkampf habt, könnt ihr diese Fitness eventuell hierüber retten.
Mit einer sprunghaften Erhöhung des Trainingsumfangs geht eine vergrößerte Verletzungsgefahr einher.
Dass diese bis zum Juni oder Juli bestehen bleibt, ist im Januar allerdings eher Wunschdenken als Realität. Dabei macht es mehr Sinn, lieber konstant etwas mehr als bisher zu schwimmen, als das Volumen für eine oder zwei Wochen deutlich zu erhöhen.
Auch geht mit einer sprunghaften Erhöhung des Trainingsumfangs eine vergrößerte Verletzungsgefahr einher. Bewegungen des Arms oberhalb der Schulter stellen immer einen erhöhten Stress für die Schulter dar und führen bei vielen Schwimmern zu Überlastungen.
Statt mehr Umfang: Was bewirkt es, an unserer Technik zu arbeiten?
Der Fokus auf eine verbesserte Technik wird meist nicht sofort in einer Verbesserung der Schwimmgeschwindigkeit sichtbar. Manchmal wird der Athlet sogar langsamer, da er die veränderte Technik im Dauertempo nicht halten kann – und die Technikstabilität schlechter als vorher ist. Ein Eingriff in die Technik verbessert daher nicht zwangsläufig eure Schwimmgeschwindigkeit. Nur wenn diese optimal in euren Bewegungsablauf integriert wird und auch in den spezifischen Trainings- und Wettkampftempi gehalten werden kann, stellt sich eine dauerhafte Verbesserung ein. Dies allerdings gelingt erst nach mehrwöchigem Antrainieren der neuen Technik. Innerhalb von einer Woche wird keine dauerhafte Veränderung der Technik möglich sein, sofern der Athlet nicht nach einem Trainingslager weiter an ihr arbeitet.
Ein Eingriff in die Technik verbessert nicht zwangsläufig eure Schwimmgeschwindigkeit.
Dauerhafte Veränderungen im Bewegungsablauf brauchen Zeit. Vor allem aber müssen alte Bewegungsmuster vergessen werden. Dies funktioniert dann leicht, wenn das Schwimmen eine noch relativ neue Bewegungserfahrung darstellt. Mit zunehmenden Lebenskilometern wird es immer schwieriger, seine Technik zu verbessern. Wer schon lange schwimmt, wird seine Technik auch nicht durch ein paar Übungen im Trainingslager verändern. Sinnvoll ist dies eher für unerfahrene Schwimmer, die ihre Technik erst noch formen.
Trainingslager? Wer sich wirklich verbessern will, sollte es wagen!
Ernüchternd kann man daher resümieren, dass keiner der beiden Ansätze wirklich erfolgversprechend ist. Es gibt allerdings noch eine andere Herangehensweise – nämlich das Training unter einem Coach, der das Training so steuert, den Athleten individuell betreut und mit ihm gemeinsam die passende Dosis zwischen Ausdauer und Technik findet.
Zielführender ist es daher, wenn ein geschultes Auge das Training steuert. So können auch bei eingeschliffenen Technikfehlern kleine Korrekturen zu spürbaren Verbesserungen führen oder eine mangelnde Ausdauer klar aufgezeigt werden. Eine zusätzliche Videoanalyse, die dem Athleten ein optisches Feedback gibt, führt zudem zu einem besseren Bewegungsverständnis und damit zu einer verbesserten Wahrnehmung des Körpers. Der Athlet kann so die erlernten Verbesserungen langfristig in seine Technik integrieren und mittelfristig zu einem besseren Schwimmer werden. Fazit: Wer wirklich daran interessiert ist, sich in der ersten Disziplin zu verbessern, der sollte also ein professionelles Schwimmcamp in Erwägung ziehen.
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