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Laut gedacht: Technologie im Sport entwickelt sich schneller als die Fähigkeiten im Umgang mit ihr

18. Juli 2017


HRV Messung im Keller

Ich denke einfach mal laut nach… Schon lange sind es nicht mehr nur Pulsgurte und GPS-Laufuhren, die die Technologie im Sport bestimmen. Wir leben in einer Zeit in der sich Technologie rasant schnell entwickelt. Rechenleistung, Miniaturisierung, Automatisierung und Datenanalyse… alles schreitet quasi in Zeitraffer voran. Immense Möglichkeiten tun sich auf. Nur eine Sache bewegt sich im Vergleich dazu eher in Zeitlupe: Die Entwicklung der Kompetenz von Mensch und Maschine mit all den erhobenen Daten auch richtig umzugehen. Ich sehe hier Überforderung auf der einen, aber auch große Chancen auf der anderen Seite.

Endlich! Aus der Ecke der Computernerds in den Sport

Ich bin ein Freund von Technologie, ich liebe es mit ihr zu spielen, selber zu testen und mögliche Potentiale zu entdecken (nicht nur im Sport). Das war schon immer so und äußerste sich bereits im jungen Teenageralter durch das Rumschrauben und Tunen von und an Computern. An dieser Grundeinstellung und der damit verbundenen Freude hat sich bis heute nichts geändert.

Wenn sich diese rapide Entwicklungsgeschwindigkeit endlich auch auf die Technologien im Sport ausweitet, dann werde ich freudig hellhörig.

Genau an diesem Punkt stehen wir gerade. Vor allem durch immer stärkere Miniaturisierung gepaart mit großer Rechenleistung ergeben sich für alle Technologien im Sport ganz neue Möglichkeiten. Geräte die bisher Labors, Klinken und großen Trainingseinrichtungen vorbehalten waren schrumpfen auf die Größe von kleinen Boxen und Sensoren und lassen sich mit dem Smartphone koppeln.

Zwischen Begeisterung, Skepsis und Zuversicht

Es gibt bereits einige Unternehmen die die Zeichen der Zeit erkannt haben und vorweg gehen wollen. Ich stieß selber ganz konkret auf zwei Startups abseits der bekannten Sportuhrenhersteller, denn die sind mir alle ein bisschen zu langsam.

Zum einen Dynostics, die eine komplett Smartphone gesteuerte Spiroergometrie zu einem Bruchteil der bisherigen Kosten auf die Beine stellen. Hier bin ich allerdings wegen der nur äußerst oberflächlichen Auswertungsmöglichkeiten noch sehr skeptisch. Ich hoffe hier auf deutlich mehr in der Zukunft.

Zum anderen evalu aus München, die voll funktionsfähige Bluetooth gekoppelte Sensorsohlen herstellen, wie man sie bisher nur aus Lauflaboren kennt. Diese werten mittels Smartphone-App unter anderem die Lauftechnik aus und so können automatisiert Trainingsanleitungen angeboten werden. Hier bin ich sehr, sehr gespannt und habe ein gutes Gefühl für die künftigen Entwicklungen. Sicherlich auch, weil ich aktuell die Sohlen teste und das Team dahinter einen top Eindruck macht.

Denn das klingt jetzt erstmal alles mega gut, aber hier sind wir auch schon beim Knackpunkt der ganzen Sache angekommen. Es tun sich bei mir zwei Fragen auf:

1. Die zuverlässige Hardware und die erhobenen Daten sind mittlerweile zweifelsohne vorhanden. Doch sind die Unternehmen auch schon in der Lage diese vielen Daten, auf eine für den Nutzer gewinnbringende Art und Weise auszuwerten und so einen konkreten Mehrwert zu bieten?

2. Und wenn dem so ist, sind auf der anderen Seite die Nutzer schon so weit wirklich etwas mit diesen neuen Möglichkeiten anzufangen und können sie die neu entstehende Beratungskompetenz von Maschinen überhaupt anerkennen?

Kann Technologie menschliche Expertise ersetzen?

Ich denke: Ja… kann sie!

Natürlich aber nicht grundsätzlich und in allen Bereichen des Lebens. Aber ja, sie kann es sicherlich in sehr vielen Bereichen. Um eine Sportmetapher zu bemühen: Der Ball liegt aber aktuell definitiv bei den Technologieanbietern. Sie haben die Chance und gleichzeitig die große und schwierige Aufgabe, die vielen Daten, die sie Dank der neuen technologischen Möglichkeiten nun erheben können, in digitale Beratungskompetenz umzusetzen und die Nutzer davon zu überzeugen.

Sprich: Die Apps, die die Geräte steuern, müssen so gut sein, dass sie das Wissen und die Kompetenz von jahrelang ausgebildeten und durch viel Erfahrung geformten Trainern, Medizinern und Wissenschaftlern bündeln und teilweise ersetzen können. Da denk ich mir: Wow… das ist ne harte Nummer… aber machbar!

Denn werfe ich einen Blick auf Branchen, die schon deutlich weiter sind und registriere welch komplexe Aufgaben dort mittlerweile durch Technologie gemeistert werden, dann bin ich absolut positiv gespannt zu sehen was im Sport noch auf uns zu kommt.

Meine Sicht: Möchte ich auf menschliche Expertise gänzlich verzichten?

Nein, ich möchte auf keinen Fall auf menschliche Expertise verzichten. Ich möchte auf keinen Fall auf meinen Trainer, meinen Arzt und diverse Andere verzichten. Ich halte auch weiterhin menschliche Experten für unersetzbar. Ich wünsche mir aber, dass Technologie es mir ermöglicht das Gesamtbild meiner Selbst besser zu vervollständigen. Zum Beispiel Wissenslücken zu schließen ohne für profane Dinge jedes Mal einen Experten konsultieren zu müssen, weil er die Hoheit über die Gerätschaften hat. Wissenslücken über den aktuellen Zustand meines Körpers und meine aktuelle Leistungsentwicklung… und ja… auch über meine Gesundheit.

Ich bin der festen Überzeugung, dass sich Technologie – richtig eingesetzt – optimal die Kompetenz von menschlichen Experten ergänzt. Ich sehe es ja im Moment schon an ein paar konkreten Beispielen. Zum Beispiel die tägliche HRV (heart rate variability)-Messung, die mir einen guten Blick auf meinen aktuellen Regenerationszustand erlaubt und live meinem Trainer für die Trainingsplanung zur Verfügung steht.

Genauso wäre es ja unfassbar cool die Entwicklung der Effizienz meiner Lauftechnik mit den evalu Sohlen über die Zeit verfolgen zu können, um so eventuell Trainingsinhalte im Detail anpassen zu können. Das Gleiche gilt natürlich auch für die Entwicklung des Verhältnisses von Fett- zu Glukosestoffwechsel im für mich relevanten Wettkampf-Leistungsbereich.

Soooooo viele Ideen fliegen da jetzt schon durch meinen Kopf – Ich bin einfach gespannt und freue mich auf jedes Experiment

Wie seht ihr das Thema? Auf welche Technologien seid ihr besonders gespannt oder welche nutzt ihr jetzt schon intensiv? Welche Technologie könnt ihr jetzt schon nicht mehr aus eurem Sport wegdenken?

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3 Kommentare

  1. 2 Fragen kommen mir bei deinen Ueberlegungen:

    Zum einen Ersetzen der Menschlichen Komptonente: Aerzte, aus Angst vor den Konsequenzen aus Fehler sind notorisch Konservativ. Im Zweifel gehen sie (zurecht) auf vorsicht. Eine Software allerdings wird immer objektiv bleiben und nicht anders Entscheiden bei einem Krankheitsbild je nachdem ob es ein Kind oder einen Erwachsenen vor sich hat. Das kann alles Vorteile haben, muss nicht immer. Ich denke nur einen Vorteil kann die Technik da haben in dem Sie ienfach die menschliche Komponente aus der Gleichung nimmt und Objektivitaet bewahrt.

    Zum Thema HRV wuerde mich deine Erfahrung interessieren. Du hast Morgens ja immer einen subjektiven Eindruck davon wie es dir geht und wie du dich fuehlst: Inwiefern tut dieser sich von deinen gemessenen Werte unterscheiden? Hat die Messung quasi immer den Finger auf dem Punkt oder bist du auch mal im Klinch mit der Software weil du denkst, die Messung sagt ich bin fit aber ich merke, heute sind die Beine nicht da weil Schlafmangel, Muskelkater oder oder oder…

  2. Hey Dom, schön von dir zu lesen. 🙂 Ich sehe es selber glaube ich eher als Segen, wenn die menschliche Komponente aus einigen Bereich entfernt wird. Ich denke zum Beispiel, dass langfristig der Straßenverkehr, wenn er in die Hand von Computern gelegt wird deutlich ungefährlicher werden wird. Klar, dafür müssen die Systeme sicher noch einige Entwicklungsschleifen durchlaufen… aber ich sehe die Objektivität der Technologie hier als klaren Vorteil. Aber wie du sagst.. selten hat etwas nur Vorteile. Empathie und der entsprechende Umgang mit einem Menschen und die Art und Weise der Informationsübermittelung spielen natürlich eine große Rolle. Hier ist die Technologie sich noch lange nicht auf dem menschlichen Niveau… wenn ich es auch zukünftig für nicht unmöglich halte. 😉

    Zum Thema HRV: Die morgendliche Messung hilft mir in erster Linie als Abgleich mit dem eigenen Körpergefühl. Wenn die Messung sich mit meinem Körpergefühl an dem Morgen deckt gibt es nicht viel zum Nachdenken. Wenn allerdings mal Diskrepanzen auftreten, was öfter vorkommt, dann muss man sich damit auseinandersetzen. Zum Beispiel merke ich selber oftmals die Erschöpfung des Körpers direkt am Folgetag einer harten Belastung. Körpergefühl sagt „top“ – HRV sagt „bäääääh“. Dazu hab ich dann mal recherchiert und es scheint tatsächlich so zu sein, dass der Körper auch einen Tag später noch so gepusht ist hormonell, dass die Erschöpfung des System nicht im Kopf ankommt. In diesem Fällen hilft mir die HRV sehr gut rechtzeitig meine Grenzen zu erkennen.

    Andersrum hilft es wie du schreibst auch mal den Arsch hoch zu bekommen, wenn man einfach nur Träge ist, aber die HRV einem sagt: Alter… du bist eigentlich fit heute! Ist aber natürlich immer abzuwägen.

    Ansonsten bahnen sich zum Beispiel Kränkeleien gerne in der HRV-Messung schon 1-3 Tage vorher durch niedrige Werte an. Wenn man sieht, dass der Wert über mehrere Tage trotz recht „geringer“ Trainingslast nach unten geht, dann weiß ich mittlerweile das irgendwas nicht stimmt. Und öfters ist es dann tatsächlich eine leichte Erkältung.