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Abnehmen oder Zunehmen: Wie erreiche ich mein Wunschgewicht im Sport?

30. Oktober 2022



Nicht nur in der Off-Season stehen wir Sporttreibende nicht selten vor einem Dilemma in puncto Gewicht: Die Lust, einfach mal zuzuschlagen, ist groß – der Respekt davor, sich entsprechend Kilos anzufuttern, aber auch.  Alles, was du zum Thema Gewichtsmanagement im Sport wissen musst, verrät dir Ernährungsexpertin Pia hier.

Ganz klar: Aufgrund des hohen täglichen Energieverbrauchs stellt Gewichtsmanagement für Sportler eine besondere Herausforderung dar. Denn meistens befinden sich Sportler bereits im Normalgewicht, streben allerdings eine weitere Optimierung der Körperzusammensetzung an. Aber auch viele Alltags-Athleten beschäftigen sich mit dem Gewicht und dem Gewichtsmanagement. Gründe hierfür ist einerseits das Ziel einer Verringerung des Körperfettanteils. Die Hoffnung: dadurch eine Maximierung der Konkurrenzfähigkeit und Erhöhung der Leistungsfähigkeit zu erreichen. Andererseits spielen auch ästhetische Anreize eine Rolle.

Wie schafft man es also, die Körperzusammensetzung zu optimieren – und das Gewicht langfristig konstant halten? Und: Ist das überhaupt notwendig?

Zunehmen, abnehmen oder Gewicht halten?

„Je leichter, desto schneller!“ – so oder so ähnlich denken viele Sportler. Klar also, dass das Thema Gewichtsmanagement immer mitschwingt. Zuerst sei also gesagt: Dieser Glaubenssatz ist falsch. Gewicht ist nicht alles. Leider ist dies aber ein weit verbreiteter Irrglaube. Ein Sixpack ist kein Symbol für eine hohe Leistungsfähigkeit. Fälschlicherweise werden jedoch oft Ästhetik und optische Aspekte mit einer hohen Leistungsfähigkeit gleichgesetzt.

Der individuelle Körperbau und Veranlagung werden oftmals zu wenig berücksichtigt. Jeder von uns ist anders. Und das ist gut so. Natürlich bringt damit auch nicht jeder dieselben Voraussetzungen für eine Sportart mit. Deshalb spielen nun einmal viele große Menschen Basketball. Aber auch hier gibt es immer wieder Ausnahmen, die zeigen, dass durch gutes Training auch kleinere Athleten mitspielen können. Auch im Laufsport beobachtet man zunehmend sehr unterschiedliche Athletentypen. Zum Glück! Die Zeiten der abgemagerten Läufer sind (größtenteils) vorbei. Natürlich gibt es immer Ausnahmen, aber in der Breite zeigt sich inzwischen ein sehr viel athletischeres Bild.

Sport im Wandel: Gewicht ist nicht alles – zum Glück!

Denn die Erfahrung der vergangenen Jahre und verstärkte Forschung haben offengelegt: Der Optimierungswahn nach weniger Gewicht kann nicht nur in einem gestörten Essverhalten enden, sondern vor allem die Gesundheit und Leistungsfähigkeit langfristig negativ beeinträchtigen.

Anstatt gegen den eigenen Körper zu arbeiten, sollten wir mit dem eigenen Körper arbeiten! Nur dann kann man sich auch langfristig im eigenen Körper wohlfühlen – und sein volles Potential bei maximaler Gesundheit ausschöpfen. Denn was hinter den Fassaden oft keiner sieht, sind die Strapazen, die auf den Körper wirken, wenn dieser langfristig einem Energiemangel unterzogen wird.

3 Indizien dafür, dass das Körperbild entscheidender ist als das Gewicht

Das Körpergewicht steht meist als Synonym für ein gewisses optisches Körperbild. So wiegen größere Menschen mehr als kleinere Menschen. Aber ist das auch leistungslimitierend? Nein! Im Gegenteil: In vielen Sportarten ist groß zu sein sogar ein enormer Vorteil – weil genau das etwa eine größere Armspannbreite beim Rudern oder eine größere Körperhöhe beim Basketball bedingt.

  1. Das absolute Körpergewicht sagt nichts über die Leistungsfähigkeit aus, da zum Beispiel auch besonders große Athleten im Leistungssport aufgrund ihrer Konstitution Vorteile haben.
  2. Das Gewicht unterliegt starken Schwankungen – je nachdem, was gegessen wurde. So binden der Verzehr von ballaststoffreichen und kohlenhydratreichen Lebensmittel Wasser, was sich auf der Waage mit einem höheren Körpergewicht zeigt. Ebenso kommt es bei Frauen in der zweiten Zyklushälfte aufgrund der erhöhten Östrogenkonzentration zu Wassereinlagerungen, was sich ebenso auf der Waage in einem höheren Körpergewicht widerspiegelt.
  3. Phänomen „Skinny fat“: Auch bei einem niedrigen Körpergewicht kann der Körperfettanteil erhöht sein, wodurch das optische Erscheinungsbild schwammig erscheint. Es kommt auf die Körperzusammensetzung an. Der Anteil der Muskelmasse bei gleichzeitig optimalem Körperfettanteil ist entscheidend.

Kurzes Zwischenfazit: Fokussiere dich also nicht auf ein Gewicht auf der Waage, sondern mache deinen Fortschritt anhand deines Spiegelbildes fest.

Optimales Wettkampfgewicht vs. optimales Alltags-Gewicht

Es ist wichtig, zwischen dem optimalen Wettkampfgewicht und dem optimalen Alltags-Gewicht zu differenzieren. Allerdings ist es nicht zielführend, ganzjährig ein sehr niedriges Körpergewicht anzustreben. Das kann nämlich dazu führen, dass man sich im Grenzbereich der Energieversorgung befindet. Die mögliche Folge: eine erhöhte Verletzungs- und Infektanfälligkeit.

Die entscheidende Komponente bei der Entwicklung der sportlichen Leistungsfähigkeit ist kontinuierliches Training. Und bei einer erhöhten Verletzungs- und Infektanfälligkeit wäre genau das natürlich nicht gewährleistet. Somit darf das optimale Alltags-Gewicht durchaus vom optimalen Wettkampf-Gewicht abweichen (2).

Wie sich das Gewicht im Saisonverlauf verändert

Betrachtet man die Entwicklung des Körpergewichts von Top-Athleten, so fällt auf, dass viele nicht ganzjährig dasselbe Körpergewicht haben. Vielmehr wird gezielt auf die Hauptwettkämpfe hin auf das optimale Wettkampfgewicht hingearbeitet.

Ein Beispiel, das ich gerne zeige, ist eine Fall-Studie einer kanadischen Mittelstrecken-Athletin: Über ihren Karriere-Zeitraum von neun Jahren dokumentierte ihr Coach und Mann Trent Stellingwerff,  ein international anerkannter Sportwissenschaftler, ihre Hautfaltendicke innerhalb des Saisonverlaufs. Es fällt auf, dass sich ihre Hautfaltendicke zu den Saison-Höhepunkten hin verringerte, sodass sie ihre maximale Leistungsfähigkeit abrufen konnte.

Jedoch hatte sie nicht ganzjährig einen sehr geringen Körperfettanteil, sondern in Vorbereitungsphasen und Off-Season höhere Werte. Vielleicht ist diese Periodisierung mit ein Erfolgsgeheimnis dafür, dass sie innerhalb ihrer neunjährigen Karriere nur zwei Verletzungsausfälle zu verzeichnet hatte (4).

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Abbildung: Veränderungen der Körperzusammensetzung (Hautfaltendicke-Messung) im Karriereverlauf einer Mittelstrecken-Läuferin (Stellingwerff, 2018).

Eine Gewichtszunahme in der Off-Season ist also normal und sogar erwünscht, damit sich der Körper regenerieren kann und nicht ständig am Limit befindet. Jedoch sollte man die Energiezufuhr in der Off-Season dem Aktivitätslevel anpassen. Heißt konkret: zum Beispiel auf drei Hauptmahlzeiten Wert legen, jedoch die Portionsgröße etwas verringern und weniger Zwischenmahlzeiten einbauen. So kann eine zu starke Gewichtszunahme vermieden werden.

(K)Eine Frage des Gewichts: Wie bestimme ich meinen Energiebedarf?

Aber was ist denn jetzt eine adäquate Portionsgröße? Die Antwort liefert ein Blick auf den Energiebedarf. Der Energiebedarf setzt sich aus dem Grundumsatz und dem Leistungsumsatz zusammen. Der Grundumsatz umfasst jene Energiemenge, die für den Organismus notwendig ist, um die normalen Körperfunktionen aufrechtzuerhalten. Dieser hängt von Alter, Geschlecht, Muskelmasse, Größe, Gesundheitszustand und anderen Faktoren ab. Alles was über den Grundumsatz hinaus geht, wird als Leistungsumsatz bezeichnet. Er setzt sich aus allen weiteren Tätigkeiten zusammen, die du im Tagesverlauf vollbringst. Um die normale Alltagsaktivität zu ermitteln, eigenen sich die sogenannten Physical Activity Level Multiplikatoren (PAL-Werte).

Bei der Einbeziehung von Training wird es jedoch weitaus schwieriger. Denn vor allem der Trainingsumsatz ist sehr variabel und nicht so genau zu ermitteln, wie es Formeln suggerieren. Eine gute Einschätzung können hier die Metabolischen Äquivalente liefern (MET-Werte). Diese stellen einen Multiplikator einer körperlichen Aktivität anhand von spirometrischen Daten dar und eignen sich im Sportkontext zur Energiebedarfsbrechnung von Athleten besser.

Eine Energiebedarfsberechnung sollte allerdings vielmehr als eine Annäherung des Energiebedarfs mit der Energiezufuhr gesehen werden. Über das Führen eines Ernährungsprotokolls über sieben Tage kann man ein Gefühl für die eigene Energiezufuhr und Portionsgrößen erlangen. Man sollte sich jedoch nicht zu sehr auf die Zahlen versteifen (1).

Handlungsempfehlungen für ein gesundes Gewichtsmanagement

Ganz klar: Eine Gewichtsoptimierung sollte stets mit Verstand und Wissen angegangen werden. Starke Restriktions-Diäten mit einem großen Energiedefizit sind nicht zu empfehlen. Sie sind da meist wenig nachhaltig und gehen oftmals mit einem JoJo-Effekt einher. Vielmehr sollte eine langfristige Ernährungsumstellung und Sensibilisierung für Energiedichte verschiedener Lebensmittel und individuelle Portionsgrößen geschaffen werden.

Wenn du also nach der Off-Season drei bis vier Kilo mehr auf der Waage hast, dann ist das kein Problem. Durch den Wiedereinstieg ins Training werden die Kilos automatisch wieder weniger werden. Du strebst eine weitere Gewichtsreduktion an? Dann befolge am besten diese fünf Tipps (3):

5 Tipps für dein Gewichtsmanagement

  1. Wenn du deine Körperfettmasse verringern willst, dann strebe ein Energiedefizit von 500 kcal pro Tag an. Konstanz ist hier der Schlüssel!
  2. Iss drei regelmäßige Hauptmahlzeiten. Versuche nicht durch das Weglassen von Mahlzeiten Kalorien zu sparen. Dies holt dich hinterher doppelt und dreifach wieder ein.
  3. Iss ausgewogene Mahlzeiten. Sie sollten immer aus Kohlenhydraten, Proteinen und viel Gemüse/Obst bestehen. Durch einen großen Gemüse- bzw. Ballaststoffanteil erhöhst du das Sättigungsgefühl.
  4. Tracke für eine Woche deine Ernährung, um ein Gefühl für deine Portionsgrößen zu bekommen.
  5. Time deine Mahlzeiten rund um dein Training und stelle trotz des Energiedefizits eine gute Energieversorgung sicher.

Hier kommen sportgerechte Snack-Rezepte ins Spiel: Inspiration hierfür findest du zum Beispiel in den Kochbüchern von where’s the food?.

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To be continued …

Zwischen Off-Season-Genuss und RED-S: Was tun, wenn das Energiemanagement schief läuft? Im nächsten Blogartikel erfährst du, warum sich ein zu starker Energiemangel langfristig negativ auf deine Gesundheit und Leistungsfähigkeit auswirkt.

QUELLEN & LITERATUR

(1) Braun, H., Carlsohn, A., Großhauser, M., König, D., Lampen, A., Mosler, S., Nieß, A., Oberritter, H., Schäbethal, K., Schek, A., Stehle, P., Virmani, K., Ziegenhagen, R., & Heseker, H. (2020). Position of the working group sports nutrition of the German Nutrition Society (DGE): Energy needs in sports. Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin/German Journal of Sports Medicine, 71(7-8–9), 171–177. https://doi.org/10.5960/dzsm.2020.451
(2) Logue, D. M., Madigan, S. M., Melin, A., Delahunt, E., Heinen, M., Donnell, S.-J. M., & Corish, C. A. (2020). Low Energy Availability in Athletes 2020: An Updated Narrative Review of Prevalence, Risk, Within-Day Energy Balance, Knowledge, and Impact on Sports Performance. Nutrients, 12(3). https://doi.org/10.3390/nu12030835
(3) Manore, M. M. (2015). Weight Management for Athletes and Active Individuals: A Brief Review. Sports Medicine (Auckland, N.z.), 45(Suppl 1), 83–92. https://doi.org/10.1007/s40279-015-0401-0
(4) Stellingwerff, T. (2018). Case Study: Body Composition Periodization in an Olympic-Level Female Middle-Distance Runner Over a 9-Year Career. International Journal of Sport Nutrition and Exercise Metabolism, 28(4), 428–433. https://doi.org/10.1123/ijsnem.2017-0312

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