Challenge Roth abgesagt: Ein Sommer ohne Märchen
26. März 2020
Die Nachricht verbreitete sich heute mittag, wie ein Laubfeuer: Der Challenge Roth wird dieses Jahr nicht stattfinden. Und das fühlt sich komisch an. Vor wenigen Wochen war da noch eine riesige Vorfreude auf das Rennen der Top-Stars, es kündigte sich ein nie da gewesenes Spektakel in Roth an. Auch unsere Planungen reichten längst bis zur Rother Race Week. Ein Kommentar über richtige Entscheidungen, Mut und die besondere Beziehung zum Challenge Roth.
Mein Telefon klingelt. Ich hebe ab: „Bocki, der Challenge wird abgesagt.“ Kurz vor der offiziellen Bekanntgabe telefoniere ich mit einem Felix Walchshöfer, der gerade so ganz und gar nicht nach Rennveranstalter klingt. Da, am anderen Ende der Leitung spricht nicht der Felix, der voller Energie, Ideen und Begeisterung mit seinem Team seit fast 20 Jahren den Challenge Roth ausrichtet. Nein, da spricht ein Felix, dem das Herz blutet. Es ist die Ambivalenz zwischen dem Wissen, eine richtige Entscheidung getroffen zu haben, und dem Schmerz, den diese Entscheidung mit sich bringt. Roth ist eben mehr als ein Triathlon.
Mir läuft es kalt den Rücken herunter. Ja, die Absage des Challenge Roth trifft mich tatsächlich ins Mark. Ich überlege kurz, wie ich dieses Gefühl beschreiben kann und sage dann zu Felix: „Das ist fast so, als würde Deine Freundin mit Dir Schluss machen.“ Zugegeben, etwas pathetisch. Aber in dem Moment ist mir nichts passenderes eingefallen. Die Entscheidung fühlt sich einfach so richtig und so falsch gleichzeitig an.
Bei aller Rationalität, die in der jetzigen Coronakrise ganz besonders wichtig ist, kann ich nicht verleugnen, dass meine ersten Gedanken nach der Rother-Rennabsage von Emotionen geleitet sind. All die anderen Verschiebungen und Absagen habe ich bisher wenig überrascht, wenig bewegt zur Kenntnis genommen. Ich weiß auch, dass es gerade wichtigeres gibt als Sport und Triathlon.
Und gerade weil es mich jetzt im Fall des Challenge Roth anders bewegt, merke ich die besondere Beziehung zu diesem Rennen umso mehr.
Wir sprechen fast eine halbe Stunde miteinander. Die Entscheidung, den Challenge Roth in diesem Jahr abzusagen, mag vielleicht eine der schwersten in der Geschichte des Rennens gewesen sein, aber es ist mit Sicherheit auch eine der besten. Wie hieß es in den vergangenen Wochen so oft? „In der Krise zeigt sich der Charakter.“ Ich habe den Challenge Roth mal als „die Mutter aller Rennen“ bezeichnet, vielleicht ist er auch so etwas wie ein großer Bruder für Triathleten. Dass die emotionale Nähe zwischen Veranstalter, Athleten, Helfern, Partnern und dem Landkreis Roth der Vergangenheit nicht bloß leeres Geschwätz war, beweist sich nun. Felix und sein Team sind sich ihrer Verantwortung bewusst, nicht nur dann, wenn es um Show und Spektakel geht, sondern auch jetzt, wenn sich eine Durchführung des Challenge Roth als moralisch unmöglich ergibt.
Die Durchführung ist moralisch unmöglich. Das ist der Punkt. Der Challenge Roth hätte zum jetzigen Zeitpunkt nicht abgesagt werden müssen. Ein Spiel auf Zeit wäre möglich gewesen, die Verantwortung an die Behörden abzugeben ein leichtes. Es gibt aktuell noch keinen Beschluss, keine Befugnis, kein Veranstaltungsverbot. Was es aber gibt, ist Ungewissheit und Unsicherheit. Eigentlich ist Allen klar, dass eine Großveranstaltung in wenigen Monaten quasi unmöglich ist – so lange es aber keine offiziellen Entscheidungen gibt, sorgt das für Unbehagen bei den Teilnehmern, wenn sich Veranstalter nicht positionieren oder äußern. Diesen Druck lässt man in Roth nun aus dem Kessel.
Ich erzähle Felix davon, wie ich noch vor wenigen Stunden auf dem Supermarkt-Parkplatz in der Schlange stand, mit 1,5 Metern Abstand zum Vordermann, um darauf zu warten in die Filiale gelassen werden und einkaufen zu können.
Wie perfide ist da der Gedanke, in knapp drei einhalb Monaten mit zehntausenden Menschen am Solarer Berg zu stehen? Oder den Zieleinlauf im Stadion zu feiern?
Der diesjährige Challenge Roth hätte sich nicht richtig angefühlt. Und so bitter das auch sein mag, genauso richtig ist es, um den Spirit des Challenge aufrecht zu erhalten und 2021 ein umso größeres, bunteres, lauteres Triathlon-Festival zu feiern.
Mit der schweren Rennabsage sorgen Felix und sein Team dafür, dass bei den Athleten, den Fans, den Helfern und allen Partnern eine emotionale Baustelle weniger existiert. In dieser Situation, die für uns alle neu und deshalb so ungewiss ist, wird die Dimension deutlich, welche Rolle ein Triathlon für so manchen Menschen spielen kann. Als Veranstalter trägt der Challenge Roth eine Verantwortung, gegenüber all den Athleten, die sich jetzt und in den kommenden Wochen nicht richtig vorbereiten können; die vielleicht gar nicht nach Deutschland reisen können, weil es die Einreisebeschränkungen verbieten oder sie es sich vielleicht wirtschaftlich nicht mehr leisten können.
„Uns wird es auch weiter geben“
Die Absage des Rennens trifft den Challenge Roth auch wirtschaftlich schwer. Klar, es wurde bereits viel Geld für das Rennen investiert, Mitarbeiter müssen bezahlt werden und es drohen fehlende Einnahmen – beispielsweise durch das Ausbleiben der Triathlon-Expo, um nur eine Einnahmequelle zu nennen. Keine einfache Situation, aber auch diese Phase wird man in Roth mit vereinten Kräften überstehen. Die Athleten und die Triathlonszene steht hinter dem Rennen, wie hinter keinem anderen. Das wird sich sicherlich und hoffentlich genau jetzt beweisen. Das Versprechen von Felix ist jedenfalls klar: „Uns wird es auch weiter geben.“
Vorbildliche Kommunikation
Das Vorgehen des Challenge Roth-Teams war beispielhaft dafür, wie man in der aktuellen Lage vorgeht, wenn man das Wohl anderer Menschen über die eigenen Interessen und die eigene Wirtschaftlichkeit stellt. Die Entscheidung war richtig und wichtig, die Kommunikation bedacht und mit der nötigen Transparenz und Offenheit. Auf der Challenge Roth-Website finden sich außerdem bereits alle Infos für Athleten, wie nun weiter verfahren wird – die Teilnahmegebühren werden, abzüglich 90 Euro Bearbeitungsgebühren, komplett zurückerstattet und es gibt für alle Athleten, die 2020 teilnehmen wollten, ein Vorrecht bei der Anmeldung für den Challenge Roth 2021. Außerdem wird es am Freitag, 27. März, um 18:00 Uhr ein Facebook-Live auf der Seite des Challenge Roth geben, in dem nochmal viele Fragen geklärt werden.
Im Rheinland würde man jetzt sagen: Roth, Du bes e jeföhl. Wir freuen uns jetzt schon auf das Sommermärchen 2021!
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Danke für diese ganz besonderen Worte!! Volltreffer!
Bin seit ‚99 jedes Jahr dort, tw als Teilnehmer, meist als Supporter.
Es wird fehlen, aber wir sehen uns nächstes Jahr wieder. Da werden wir auch unseren Anteil dran haben und Heuer unterstützen!
Do bes e jeföhl!!