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Der Volks- und Straßenlauf – Tradition, Kultur und sportliches Allerlei

25. Februar 2020



Sei es, um die langen wettkampf- und adrenalinfreien Wintermonate zu überbrücken, als Formcheck vor einem größeren Ziel, für einen sportlichen Ausflug mit der Family oder einfach nur zum „Leute gucken“: Wer kennt ihn nicht, den guten alten Volkslauf? Fernab der großen, bunten, lauten und teuren Events halten die lokalen Veranstaltungen dem Laufsport die Stange. Ein Ausflug in die Welt von unverbesserlichen Idealismus, Tradition und Sportkultur.

Sucht man die erste Anlaufstelle eines Volkslauf, um an seine Startnummer zu kommen oder sich noch schnell per Nachmeldung in die Startliste einzutragen, dann sollte man nach folgenden Gebäuden Ausschau halten: Schule, Turnhalle, Vereinsheim oder – falls kein Gebäude in der Nähe ist – nach alten Pavillons, die von Wind und Wetter schwer gezeichnet sind und die besten Jahre längst hinter sich haben.

Oder man folgt einfach dem, durch vollkommen übersteuerte Durchsagen unterbrochenen, musikähnlichen Rauschen. Meistens schallt dieses Klangkauderwelsch aus einer Box, die auf einer wackligen Ständerkonstruktion montiert wurde. Nur eines von etlichen kleinen Details, die den liebevollen Charme von Straßen- und Volksläufen ausmachen. Und es ist ganz genau gut so, wie es ist: Ein bisschen unbeholfen, ein bisschen sporadisch, aber mit Herz, Leidenschaft und ganz viel Einsatz.

Trendbewegung Volkslauf: Tradition seit 1963

Im bayerischen Bobingen hat 1963 alles angefangen. Otto Hosse und Walter Gelke hatten in der Schweiz Volkslauf-Luft geschnuppert und konnte ihren Verein, den TSV Bobingen, überzeugen, einer solchen Veranstaltung eine Chance zu geben. Bereits bei der Premiere waren über 1.600 Teilnehmer am Start, die Augsburger Allgemeine Zeitung attestierte am 14. Oktober 1963 nach dem Lauf: „Die Organisation dieser Mammutveranstaltung klappte nahezu mustergültig und der Sinn und Zweck des Ganzen, der Bewegungsarmut gehörig zu Leibe zu rücken, wurde vollkommen erfüllt.“ Der Volkslauf war geboren.

Binnen kürzester Zeit sprießen in ganz Deutschland Volksläufe nach dem Bobingener Beispiel aus dem Boden. Es dauerte keine fünf Jahre, da liefen bereits über 100.000 Menschen bei rund 60 Volksläufen mit. Im Jahr 1999 wurde die Millionengrenze geknackt und mittlerweile nehmen jährlich mehr als zwei Millionen Menschen an den über 3.500  Straßen- und Volksläufen in Deutschland teil.

Die üblichen Volks- und Straßenläufe versprühen jedenfalls nach wie vor einen Hauch Nostalgie. Egal ob gewollt oder ungewollt (wahrscheinlich eher zweiteres), das gehört auch einfach dazu. Der Charme liegt doch ganz genau darin, dass alles so schön unperfekt ist.

Während sich gehypte Sportevents ständig neu erfinden, bleiben die guten alten Läufe „umme Ecke“ die wohltuende Konstante im Leben eines Ausdauersportlers.

Und da gehören auch die Eltern, die ihre plärrenden Kinder beim 400-Meter-Bambinilauf über die Strecke zerren, genauso dazu, wie die durchtrainierten Opis in ihren feinen Trainingsanzügen von damals. Oder der Triathlet in seinem Einteiler. Nicht zu vergessen die lokalen Top-Athleten, die ebenso wenig fehlen dürfen, wie die lustige Mädelstruppe, die einmal im Jahr gemeinsam laufen geht – bei genau diesem Volkslauf. Oder die Fußballmannschaft, die Jahr für Jahr vom Trainer dazu verdonnert wurde mitzulaufen, weil der Verein seit Jahren eben diesen Lauf auf die Beine stellt. Diese Liste von sportlichen Stereotypen lässt sich beliebig fortsetzen. Und sie alle findet man auf den Strecken der Volksläufe im ganzen Land.

Einer für alle, alle für einen

Jeder hat so seine Läufe. Meistens wirklich nur ein paar Kilometer von zuhause entfernt und eigentlich als Pflichttermin im Kalender markiert, gehören sie ins persönliche Sportjahr. Wenn man zu dieser Sorte gehört, dann fällt einem auch auf, dass es immer wieder die gleichen fleißigen Leute sind, die bei den Traditionsveranstaltungen durch die Gegend wuseln. Niemand in den Vereinen ist so gut mit dem Veranstaltungswesen vertraut, wie die älteste Generation – so zumindest der Eindruck, der entsteht.

Es ist das Ehrenamt, das diesen wichtigen Teil der Sportkultur erhält. Es sind die kleinen Vereine, die mit noch kleineren Arbeitsgruppen von Freiwilligen, die Läufe für Jedermann und -frau auf die Straße bringen. Nicht etwa, um damit großes Geld zu verdienen, sondern oftmals, um ihrem Verein etwas Gutes zu tun und ein paar Euro in die Vereinskassen zu spülen.

Als Triathlet ist man schon fast verwirrt, wenn man sich für eine handvoll Euro eine Startnummer anstecken darf und für Kaffee und selbstgebackenen Kuchen nur zwei Euro auf den Tisch legt.

All die Großveranstaltungen sind tolle Erlebnisse und mit Sicherheit ihre Teilnahmegebühr wert. Allerdings funktionieren auch diese Events nur, weil die Basisarbeit in den örtlichen Vereinen gemacht wird. Das sollte man zu schätzen wissen. Ein Hoch auf die Volks- und Straßenläufe!

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1 Kommentare

  1. Schöner Artikel! Und einen Vorschlag an alle Leser: Unterstützt doch einfach einmal im Jahr einen Lauf / eine Sportveranstaltung eurer Wahl in eurer Umgebung! Man muss in der Regel kein Vereinsmitglied sein, um als Volunteer mitzuhelfen. Das hilft den Vereinen und man bekommt meist viel Dankbarkeit von allen Seiten. Zudem erweitert es den Horizont und man bekommt mehr Verständnis für Abläufe und Dinge, die Drumherum passieren.