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Marathon in Eigenregie: Der Lauf, die Daten und die Orga

27. April 2020



Geschafft, Leute! Der Marathon ist eingetütet und es gibt gleich mehrere Gründe, warum dieser Lauf mit Sicherheit unvergesslich bleiben wird. Es war die richtige Entscheidung durchzuziehen! Wie ich das Marathon-Wochenende erlebt habe, wie es mir auf den 42,195 Kilometern ergangen ist und noch ein paar Tipps, worauf ich bei der Orga geachtet habe – hier kommt der Blog zum Marathon in Eigenregie.

Es ist Samstagmorgen, kurz vor acht, ich wache auf und da ist es: Das Kribbeln! Verdammt nochmal, kann das sein? Wochenlang schlawiniere ich mich durch den Trainingsplan, bin auf der Suche nach der nötigen Motivation für diesen Marathonlauf und plötzlich fühlt es sich so verdammt real nach Race-Wochenende an? So bescheuert. So geil. Ich stehe auf und rasiere mir die Beine.

Am Frühstückstisch halte ich Tamara einen Monolog sondergleichen. Ich weiß schon gar nicht mehr, was ich alles gefaselt habe, aber dieses Frühstück war Ausdruck meiner Vorfreude – und meiner Aufregung. Ich redete ungefragt auf sie ein: Pacing-Strategie, Verpflegung, nochmal das Pacing, Streckenverlauf, wie werde ich mich motivieren, wann wird es wohl schmerzhaft? Ich sinniere förmlich übers Marathonlaufen. Ich meine zu erkennen, dass Tamara erleichtert ist, als ich endlich einen Punkt mache.

Durch den Tag: Finale vor dem Marathon

Kurz darauf finde ich mich in meinen Laufschuhen wieder. Ich reaktiviere ein Ritual aus den guten alten Zeiten: Früher bin ich beim Warm-Up am Tag vor dem Wettkampf immer in exakt den gleichen Klamotten – von der Socke, über die Unterbuxe bis zur Kopfbedeckung – gelaufen, wie ich sie auch im Rennen trug. Das habe ich schon lange nicht mehr gemacht. Mit diesem Hauch von Nostalgie im Rücken und vielen guten Erinnerungen im Kopf spule ich mein 20 minütiges Programm ab, um die Beine nochmal durchzuspülen. I’m ready!

Den Rest des Tages verbringe ich mit ausruhen, essen und trinken. Wie irrsinnig das ist: Jetzt, in den letzten 24 Stunden vor dem Marathon, will ich auf einmal alles richtig machen.

Race Day: Wenn der Coach brennt

Als ich am frühen Sonntagmorgen aus dem Fenster schaue, den blauen Himmel und die aufsteigende Sonne sehe, bin ich für einen Moment ganz ruhig. Fühlt sich wie Belohnung an. Die letzten Wochen waren anspruchsvoll und anstrengend, nicht wegen des Trainings, sondern insgesamt.

Dieser Augenblick, hier und jetzt, ist ein bisschen so, als würde plötzlich alles Sinn ergeben. Allein dafür hat es sich schon gelohnt am Marathonziel festzuhalten – und das war beileibe nicht einfach.

Die letzten drei Stunden vor dem geplanten Start vergehen wie im Flug. Zwischendurch noch eine Message von Coach Goerkeman: „Kein Witz, bin genauso aufgeregt als wäre es ein normaler Race Day – kein Unterschied! Was sind wir doch für Freaks.“ Ich muss wohl nicht dazu sagen, dass das der letzte Funke war, um mich vollkommen anzustecken. Ich habe richtig Bock auf diese 42,195 Kilometer!

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Getting ready!

Der Marathon: Auf geht’s

Um kurz vor 10 Uhr ist alles startklar. Tamara, meine Mutter und meine Tante verteilen sich auf der Strecke. Meine Schwester und mein Schwager cruisen mit ihren Rädern entgegen meiner Laufrichtung auf der Runde, um ein bisschen mentalen Support zu leisten. Mein Vater hat sich spontan zum mitlaufen entschieden, 20 Kilometer ebenfalls entgegen meiner Richtung. Alex, ein alter Kumpel, begleitet mich in Social Distance auf den ersten 15 Kilometern. Nick ist mit Kamera und Smartphone auf dem Rad dabei, um die Action einzufangen und Chris ist mit seinem Foto-Equipment ebenfalls bereit.

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Edelhefer: Nick kümmert sich um Instagram und filmt nebenbei noch – YouTube coming soon!

Und los! Wir finden auf Anhieb den richtigen Schritt und pendeln uns bei einer Pace von 3:50-52 Minuten pro Kilometer ein. Fühlt sich gut an. Die Atmung ist ruhig, die Schritte leise, die Beine leicht. Wir gehen die ersten fünf Kilometer bei 19:21 Minuten durch und starten auf die zweite Runde, es läuft gut und kontrolliert: Wir passieren die zehn Kilometer-Marke nach 38:37 Minuten.

Mittlerweile haben sich zwei Freunde samt Nachwuchs an die Strecke gesellt – ich freue mich tierisch über das Wiedersehen im Vorbeilaufen. Auch wegen dieser Augenblicke lohnt sich das alles hier.

Nach der dritten Runde verabschiedet sich Alex. Vor mir liegen also noch 27,2 Kilometer im Alleingang. Ich versuche weiterhin die Kontrolle zu behalten und nicht zu überzocken. Läuft. Der Halbmarathon rückt näher und ist nach 1:20:58 Stunden geschafft.

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Ich bin den Marathon mit dem gleichen Schuh gelaufen, den ich schon im Training im Einsatz hatte: Dem Beacon v2 von New Balance.

Die folgenden 12 Kilometer vergehen unspektakulär. Nach 33 Kilometern liege ich auf Kurs für eine Endzeit um 2:43 Stunden. Das ändert sich bei Kilometer 34.

Ich versuche das Tempo zu halten, aber kann mich nicht wehren: Ich werde langsamer, mit jedem Schritt werden die Beine schwerer. Die zurückliegenden 34 Kilometer wirken beim Gedanken an die verbleibenden acht wie Kindergeburtstag.

Ich schleppe mich zu Kilometer 36 – der erste Kilometer über vier Minuten. Ich habe Angst vor einem kompletten Einbruch und entscheide mich für einen kurzen Cola-Stopp bei Kilometer 38. Sicher ist sicher, die Energie muss jetzt rein und darf nicht daneben gehen!

Die Marathon-Pace: Ab Kilometer 34 wurde es hart!

So konnte ich den Tiefpunkt noch bis Kilometer 40 hinauszögern: Seitenstechen, ich kann nicht mehr aufrecht laufen, geschweige denn stehen. Ich krümme mich, drücke auf die schmerzende Stelle und nach ein paar Augenblicken kann ich weiter“laufen“.

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Ich trotte, wanke oder wie auch immer die richtige Bezeichnung für diese Art von Fortbewegung lautet. Kilometer 41, check. Bekanntermaßen folgen nun die längsten 1.000 Meter, die es in der Läuferwelt gibt. Geschafft.

Noch 200 Meter. Und dann liegen. Did it!

Ohne Worte.

Nach 2:47:08 Stunden netto Laufzeit liege ich also auf einem Feldweg. Mit Cola-Pause und Seitenstechen-Massage war es eine brutto Zeit von 2:49 Stunden. Ich bin happy. Und verdammt erleichtert. Durchgezogen! Marathon, baby! Jeder einzelne Schritt hat sich gelohnt und ich bin wirklich, wirklich froh und zufrieden. Das war der beste Lauf, der in mir steckte.

So happy! Bin erleichtert und zufrieden, dass der Marathon geschafft ist!
  • Zahlen, Daten, Fakten zu meinem Marathon

  • Traininsgwochen: 19, davon sind zwei ausgefallen wegen Krankheit
  • Trainingskilometer: 1.165 Kilometer gesamt, 68,5 Kilometer Wochenschnitt
  • Längster Lauf: 32,5 Kilometer (2. Februar)
  • Lange Läufe (30+ Kilometer): Drei
  • Gewicht: 79 kg beim Trainingsstart, 77,3 kg am Race Day
  • Marathonschuh: New Balance Beacon v2

Organisation des Marathons: Strecke, Verpflegung und Co

Ich bin den Marathon auf einer fünf Kilometer-Runde gelaufen. Die Strecke war komplett asphaltiert und topfeben. Das ist natürlich Geschmacksache, aber es gab einige Gründe, die meiner Meinung nach für eine kurze Runde gesprochen haben: Ohne Zuschauer und Mitstreiter war es schön an verschiedenen Punkte Family und Freunde zu sehen, ich konnte Verpflegung bei Tamara deponieren und eine kurze Runde lässt sich einfacher ausfindig machen, wenn man Ampeln oder Queren von Hauptstraßen vermeiden möchte.

Außerdem habe ich mir eine feste Startzeit vorgenommen: 10 Uhr Startschuss! Irgendwie hat mir das geholfen auch vorher meinem bekannten Pre Race-Rhythmus zu folgen und in Stimmung zu kommen. Diese „Startzeit“ hatte ich übrigens schon im Vorfeld festgelegt!

Bei der Verpflegung habe ich in den ersten 2:15 Stunden auf Wasser und Gel gesetzt, welches ich quasi „am Mann“ dabei hatte – Nick hat die Sachen für mich transportiert und angereicht, wenn ich sie brauchte. Das war natürlich Luxus! Wenn ihr also vorhabt auch einen Lauf in Eigenregie durchzuziehen und die Möglichkeit habt, dann lasst euch begleiten.

Wenn euch sonst noch etwas interessiert, dann nichts wie raus mit euren Fragen! Ich mache an dieser Stelle nun erstmal einen Punkt und überlege, welches sportliche Abenteuer wohl das nächste sein könnte…

Und eins noch: Vielen, vielen Dank für eure Support und euer Interesse! Dieser Marathonlauf war etwas ganz besonderes für mich und ihr, als Pushing Limits-Community, habt einen Bärenanteil daran, dass ich nicht kurz vor knapp die Segel gestrichen habe. Danke dafür. Einfach Danke!

Euer Bocki

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9 Kommentare

  1. Geiler Scheiß! Hatte auch einen langen Koppellauf auf dem Programm gestern und es hat mich echt motiviert zu wissen, dass du auch ballerst :)!

  2. Großer Respekt, dass du es durchgezogen hast! Das Gefühl im Anschluss war sicherlich genial. Mein eigenes Projekt steht in drei Wochen an und momentan stehen noch ein paar sehr lange Einheiten an und dein Bericht hat mir einen guten Push für die letzten bevorstehenden Einheiten gegeben. Danke dafür!

  3. Ganz großes Kino Bocki! Du hast mich begeistert meinen ersten Marathon nun auch in eigenregie zu planen, da Berlin leider abgesagt wurde. Geiler Scheiß, habe nun auch wieder voll Bock! 👏

  4. Hut ab, geil durchgezogen! Stimmung kommt sehr gut rüber im Video. Motiviert auf alle Fälle selbst zu ballern!!

    Welche Pace- und Ernährungsstrategie hast du dir denn vorher überlegt? Im TCC Podcast wirktest du noch eher „unvorbereitet“ auf Zellers Ratschläge 😉

  5. Herzlichen Glückwunsch zum Lauf und tollen Bericht. Bin am Sonntag den Leipzig-Marathon in Bayern gelaufen. Es ist schon was komplett Anderes – hat aber auch was: So ganz alleine zu laufen. Bleib gsund

  6. Mega Aktion Bocki!
    Es ist das eine von der Passion zu erzählen, aber nochmal etwas ganz anderes das dann auch durchzuziehen. Ich habe schon das Gefühl, dass du einfach Bock hast auf deinen Sport und die Bewegung. Egal das keiner deinen Namen in Ergebnisslisten finden kann.
    Eine geile Aktion die Lust macht auf was eigenes. Und so findet die OD vom Triathlon Fulda nun halt in Hannover statt. Hantelbank statt Schwimmbad, Tacx statt Teer und laufen gegen den inneren Schweinehund statt Startnummer 492 mit seinem teuren Outfit.
    Warum? Weil es doch der Sport selber ist der rockt. Und ja, es kribbelt schon zwei Tage vorher 😉

  7. Hi,
    das Video ist wirklich sehr motivierend. Habe schon öfters vorm laufen reingeschaut. Hammer Pace, schöne Lauftechnik.
    Ich find dein Laufshirt/Tanktop super, verrätst du mir, was das für eins ist?

  8. Marathon in Eigenregie?
    Habe ich auch gemacht.. Gel, Riegel und ein Wasser geschnappt und bin drauf los gelaufen.