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Meinung zum Thema eSports: Ist das Sport oder kann das weg?

17. Februar 2019


Niclas_048

Der Titel dieses Blogs ist zwar ein ziemlich provokanter Einstieg in das Thema, aber es ist eben genau die Frage, die ich mir stelle: Ist eSports wirklich eine Sportart? Oder ist es eher der Versuch der finanzkräftigen elektronischen Unterhaltungsindustrie das Computerspielen aus den Kinder- und Jugendzimmern herauszuholen und salonfähig zu machen? Das wäre ja auch schön und gut, aber ein Sport ist es für mich deshalb noch lange nicht. Meine Meinung.

Wieso dieses Thema? Weil ich Triathlet bin und jetzt endlich mal wieder die Chance habe zu erzählen wie ultimativ hart und herausfordernd unsere Sportart ist? Nein, ich möchte mit diesem Blog nicht darauf hinaus, dass Triathlon der einzig wahre Sport ist. Ist er nämlich nicht. Allerdings soll es darum gehen, was Sport für mich bedeutet und was eine Sportart auszeichnet. Es würde mich außerdem brennend interessieren was ihr über diese Fragestellung denkt und wie es euch damit geht, wenn Computerspielen als Sport bezeichnet wird. Und denkt dran, mir geht es hier ums Computerspielen – nicht um so etwas wie Zwift.

Ich fange mal ein paar Jahre früher an: Mit fünf oder sechs Jahren stand ich zum ersten Mal in aktiver Rolle auf einem Fußballplatz. Zuvor kannte ich Fußball nur als Zuschauer von den Sonntagsspielen meines Vaters. Enttäuscht brach ich das erste Training nach einer Weile ab und erklärte meiner Mutter, dass ich nicht mehr zum Fußball möchte, da es keine Bratwurst gab (das war ich nämlich von den Spielen gewohnt). Trotz dieser herben Erkenntnis, dass nicht jeder Besuch „aufm Platz“ mit einer Bratwurst belohnt wird, hing ich meine Fußballschuhe doch nicht sofort an den Nagel. Ganz im Gegenteil: Den Großteil meiner Kind- und Jugendzeit verbrachte ich mit Fußballspielen.

Meine Verbindung zum Sport

Wenn ich zurückdenke, dann hat Sport für mich immer schon mit Bewegung zu tun. Mit Schwitzen und Muskelkater. Mit Hinfallen und Aufstehen (das ist beim Fußball auf dem Ascheplatz genauso unangenehm wie beim Radfahren auf Asphalt). Mit Fitness und Gesundheit. Mit draußen sein und frischer Luft. Beim Sport spüre ich meinen Körper, Lunge und Muskeln brennen vor lauter Anstrengung und das Blut pulsiert durch meine Adern. Sport hat für mich auch etwas mit Freiheit zu tun, mit Natur und Abenteuer.

Meine Verbindung zum Computerspielen

Der krasse Kontrast dazu war (und ist) für mich das Computerspielen. Natürlich hatte ich auch eine Spielkonsole, auf der ich ab und zu herumgedaddelt habe, oder einen Game Boy. Aber Lan-Partys zum Beispiel, bei denen man sich mit seinen Kumpels in einem Raum eingeschlossen und ganze Nächte durch gezockt hat oder virtuellen Welten, Online-Rollen- oder Strategiespiele konnten mich nie begeistern. Und das soll jetzt nicht heißen, dass ich es nicht verstehen würde, wenn jemand davon in den Bann gezogen wird! Das kann ich – auch wenn ich diese Erfahrung nie so speziell gemacht habe – nachvollziehen und nichts liegt mir ferner als darüber urteilen zu wollen oder es in ein schlechtes Licht zu rücken. Es war nur schlicht und einfach nie meine Welt.

Meine Vorstellung, die ich vom Computerspielen habe, sieht ungefähr so aus: In einer dunklen Ecke, in einem miefigen Zimmer, sitzt ein pummeliges Kind mit ungeschwaschenen Haaren, das sich von Soft Drinks und Fast Food ernährt. Ja, verteufelt mich für dieses, an Oberflächlichkeit kaum zu übertreffende Bild in meinem Kopf. Dabei möchte ich ja auch gar nicht bleiben. Denn was ich sagen möchte:

All das, was ich mir vor meinem geistigen Auge vorstelle, hat rein gar nichts mit Sport zu tun, wie ich ihn kenne.

Nicht ansatzweise hätte ich eine Chance, wenn mich jemand zum Computerspielen herausfordern würde. Egal ob es dabei um Fifa, Baller- oder Strategiespiele gehen würde. Ich wäre aussichtslos unterlegen und mache mir auch keinerlei Illusionen darüber, dass jede Menge Geschick, Konzentration und Können dazugehört, um ein guter Computerspieler zu sein. Aber auch das – und jetzt haben sich hoffentlich alle Gemüter wieder beruhigt – hat für mich nichts mit Sport zu tun.

eSports: Die faszinierende Welt des Gamings

Jetzt wollte ich mich mit diesem Blog natürlich nicht ins Verderben stürzen, sondern habe mich mit dem Thema eSports durchaus ein bisschen beschäftigt. Es ist wirklich unglaublich und ehrlich faszinierend was für eine gewaltige Trendbewegung dahinter steckt und wie krass die Entwicklung dieses Marktes ist. Bei großen Turnieren oder Meisterschaften sitzen mehrere tausend Menschen in einer Halle und schauen den Mannschaften über Großleinwände beim Computerspielen zu. Und dabei kann es sogar um Preisgelder in Millionenhöhe gehen.

League of Legends (LoL) heißt eines der Spiele, die für vollkommene Ekstase sorgen. Bei LoL gibt es eine Weltmeisterschaft – und jetzt aufgepasst:

Das Finale der WM 2018 haben laut ESC.watch 205.348.063 Menschen live gesehen. Mehr als 205 Millionen Menschen. Live. Ich dachte wirklich mein Schwein pfeift.

Um das einzuordnen: Das Finale der Fußball-WM  haben im gleichen Jahr 163 Millionen Menschen (Eurodata TV) live gesehen. Wer glaubt, dass es bei den Spielen ums primitive Abknallen von menschlichen Avataren in irgendwelchen virtuellen Kriegsgebieten oder Ruinen geht, der liegt komplett falsch. Die gibt es zwar auch, aber Spiele wie LoL oder Dota 2 sind – wenn ich das alles richtig einordne – die eigentlichen Speerspitzen des eSports.

Es sind Spiele bei denen es vornehmlich um Taktik und Teamwork geht. Die Spieler kommunizieren untereinander und versuchen mit ihren digitalen Helden-Charakteren das gegnerische Team auszuhebeln. Die Sportschau hat bereits 2016 eine sehr interessante Doku über eSports veröffentlicht, die spannende Einblicke in eine Welt eröffnet, die mir persönlich vollkommen verschlossen war. Auch dort beschäftigen sich die Autoren mit der Frage: Ist eSports ein Sport? Und was ist eigentlich Sport? Wenn euch das Thema generell interessiert, dann dürften euch diese 45 Minuten begeistern und gut unterhalten.

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Ist eSports denn nun ein Sport?

Meine Antwort darauf lautet: Nein. Allerdings sehe ich auch Schach oder Schießen nicht als Sportart. Die Gründe dafür habe ich beschrieben: Sport hat für mich etwas mit körperlicher Bewegung und Anstrengung zu tun. Dennoch gibt es für mich ein Aber, auf das ich noch eingehen möchte.

Ich finde man sollte eSports wichtig und ernst nehmen. Aktuell bekomme ich mit, dass in meinem Heimatverein, bei dem ich damals mit dem Fußballspielen und später auch mit dem Triathlon angefangen habe, diskutiert wird, ob es im Verein ein Angebot für eSports geben sollte. Ich finde: Ja, unbedingt! Denn so wie ich es verstehe, kann das Computerspielen mittlerweile tatsächlich wichtige soziale Werte vermitteln: Es fördert den Teamgeist. Die Spieler müssen sich aufeinander verlassen können und in Gruppen zusammenarbeiten. Und sie lernen mit Niederlagen umzugehen oder feiern Erfolgserlebnisse.

Durch die digitale Vernetzung passiert das sogar nicht mehr nur lokal, sondern international. Und wenn ich ehrlich bin, sehe ich hier kaum Unterschiede zu den Dingen, die ich früher in der F-Jugend gelernt habe. Gut, wir haben uns halt vors Schienbein getreten und später den Schiedsrichter angepöbelt was am Computer irgendwie schwierig ist, aber dieses „alle für einen und einer für alle“-Ding ist schon irgendwie sehr ähnlich. Ob es in den eSports-Stadien Bratwurst gibt, müsste ich dann aber auch erst noch herausfinden…

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4 Kommentare

  1. Hey Niclas,
    interessantes und vor allem kontroverses Thema 🙂
    Meine Sportler-Karriere hat ebenfalls mit Fußball begonnen. Auch ich definiere Sport als „körperliche Anstrengung“.
    Allerdings ist diese Definition mittlerweile ziemlich veraltet.

    Als Kölner habe ich jedes Jahr die Freude, mir das Spektakel rund um die Gamescom anzuschauen.
    Klar, gibts noch „pummelige“ Kellerkinder. Aber mindestens 50 Prozent der Leute, die dort hingehen, sind so wie du und ich.
    eSport ist heutzutage en vogue. Man braucht sich nicht dafür zu „schämen“, wenn man sich die Nacht mit Zocken um die Ohren geschlagen hat. Geht man es systematisch an, kann das Zocken ja auch als Training bezeichnet werden.

    Allein von der Systematik betrachtet, geht das Computerspielen also durchaus als „Sport“ durch. Wie in jeder anderen Sportart kannst du auch bei eSports nur zu den besten gehören, wenn du hart dafür trainierst.
    Ich kann also gut verstehen, wenn diese Szene als „Sport“ bezeichnet wird.

    Für mich wäre das nichts, 8-10h vor dem Rechner zu sitzen und Bewegungsabläufe zu „trainieren“. Aber jeder Mensch ist da ja zum Glück anders.
    Die meisten können ja auch nicht verstehen, warum ich Marathon laufe 🙂

  2. Laut Duden ist Sport die Kurzform von disport = Zerstreuung, Vergnügen.
    Jeder der mal Intervalle geballert hat wird zustimmen dass zocken, zumindest während den Intervallen, mehr Vergnügen bereitet wie Laufen oder Radfahren.
    Ich denke aber auch dass ESport ein reiner Marketingbegriff ist und die Definition von Sport dringend überarbeitet gehört.

  3. Soweit ich weiß, forscht Prof. Dr. Froböse von der Spoho Köln zu diesem Thema und untersucht u.a. auch den Einfluss der körperlichen Fitness auf die Fähigkeiten eines Spielers. Das ist echt ein hochinteressantes Thema. Die Spieler müssen ja teilweise über viele Stunden hochkonzentriert sein und schnelle Reflexe haben. Versucht doch mal, mit ihm darüber zu sprechen.