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Christian bloggt – Von Kilometern und Kilos

06. Mai 2019



Unsere Statistik aus dem Trainingslager: Mehr als 600 Kilometer im Trainingstagebuch und zwei Kilo mehr auf den Hüften. Aufstehen, Sport, Frühstück, Sport, Abendessen, Schlafen und wieder das Ganze von vorne. Es ist herrlich! Ich bin quasi für das Leben im Trainingslager gemacht.

Wenn nur nicht immer die Bauchschmerzen beim ins Bett gehen wären. “Das Trainingslage ist nicht dazu da, um abzunehmen” dieser Satz vom Trainer ist für mich jeden Abend mein Fressfreifahrtschein.

Keine Finishershirt-Parade am Buffet

Unser Hotel ist kein ausgewiesenes Sportler-Hotel, somit gab es auch keine Finishershirt-Parade am Buffet. Gut, so lief man auch nicht Gefahr, sich zu Extra-Einheiten hinreißen zu lassen oder sich gar schlecht zu fühlen, wenn man keine vier Kilometer Schwimmen vor dem Frühstück auf Strava postet. Alles normale Urlauber… und wir. Wir, dass sind neben Sarah und mir noch unsere Trainer, Melanie und Stavro sowie Norbert, die sich alle drei noch etwas Feinschliff für den Ironman Südafrika abholen wollten. Dabei muss man Melanie und Stavro zugute halten, dass sie ihr eigenes Training stark nach hinten gestellt haben. Auch mit von der Partie waren Athleten, die sich ebenfalls auf die nächste Lang-, Mittel- oder Olympische Distanz vorbereiten oder gerade erst den Einstieg in den Triathlon gefunden haben. Bunt gemischt also und so unterschiedlich in Erfahrung und Alter, wie es nur sein kann.

Warum das Ganze

Sinn und Zweck dieses Trainingslagers war es natürlich nicht zuzunehmen, sondern den Stoffwechsel zu trainieren und Grundlagen zu schaffen. Am Besten geht das mit Radfahren. Viel Radfahren. Alles im GA1-Bereich, sofern es der Wind und die Berge zuließen. Einfach viele Stunden in Bewegung sein. Fuerteventura rauf und runter. Breite Straßen, wirklich unfassbare rücksichtsvolle Autofahrer, hier und da ein kleines Restaurant in schnuckeligen Dörfern, wo wir uns einen Kaffee und mal ein Stück Kuchen gönnen. Athletik am Strand, ein kleiner Vortrag über Ernährung, Freiwasserschwimmen und etwas Laufen haben das Programm rund gemacht. Auch wenn ich es hier gut aushalten kann, kann ich die Begeisterung meines Trainers für die Insel nicht ganz teilen. Als hätten tausende Rentner ihre Hosen verloren und die Landschaft damit bedeckt. Zuviel Beige.

Auf Mitochondrien-Jagd mit den Profis

Aber nicht nur wir Wald- und Wiesen-Triathleten sind hier auf Mitochondrien-Jagd. Maurice Clavel kommt uns bei einer Tour auf der Gegenfahrbahn entgegen. Er pedaliert mit augenscheinlich 12km/h und 400 Watt gegen den Wind. Wir nicken einander wissend zu. Dass ich dabei 50km/h drauf habe, aufrecht auf meinen Triathlonrad sitze und die Beine links und rechts wegstrecke, lässt meine Athleten-Credibility etwas sinken, sagt aber auch viel über den Wind auf der Insel aus.

Endgegner Wind

Apropos Wind: Ich habe den Kaffee auf. Sowas von. Es geht bergab, aber rollen tut es nicht. Ich trete in etwa soviel Watt wie auf der anderen Seite des Hügels berghoch. Ich hasse Wind! Es ist nur der Gedanke an das ausschweifende Hotel-Buffet, der die Beine am rotieren hält. Meine Geheimwaffe in Sachen Mentaltraining habe ich quasi gefunden. DAS Buffet! Wie sieht eigentlich das Finisherbuffet in Frankfurt aus?

Sarah:

Der noch kurz vorm Trainingslager abgehaltene FTP-Test ließ meine Erwartungen an das Radfahren in der Gruppe motivationsmäßig Richtung “0” wandern. Gedanklich sah ich mich schon ständig hechelnd und Anschluss suchend über der Lenkstange hängen, während alle anderen auf mich warten müssen.

Doch bereits die erste kurze Test-Ausfahrt am Ankunftstag auf Fuerteventura brachte mir wieder ins Hirn, wo mein „Problem“ (zumindest eines davon) liegt. Ich fahre viel, viel lieber draußen! Im Umkehrschluss – Rolle finde ich zumeist einfach nur langweilig, anstrengend und mühsam.

Nun also die erste Draußen-Fahrt seit langem – auf den Extensions rumliegen und die Pedalen drücken. Die Anstrengung spüren, diese aber als positiv zu empfinden. Das Gefühl, sich so zu verausgaben, dass die Oberschenkel beißen und brennen und die Lunge nicht groß genug ist für die Menge an Luft, die gefühlt da hinein müsste. Das mag ich! Draußen! Und somit endete diese Fahrt mit einem 20-Minuten-Durchschnitts-Watt-Wert genau ein klitzekleines Watt-Wertchen unter dem besagten verk***ten FTP-Test. In meinem Kopf wurde der öfters niedergedruckte Satz „Watt the f**k“ metaphorisch umformuliert in „F**k the Watt“ – „Schenk den Zahlen nicht so viel Beachtung!” Bei den anschließenden Ausfahrten konnte ich die Berge dann mit einigem weniger an Anstrengung (dann wieder in GA1-Manier) als befürchtet erklimmen und auch der Gegenwind hat mich nicht so sehr gestört. Bei mir war’s dann eher der Seitenwind, der mein Vorderrad ständig hin und her schlackern ließ als hätte ich knapp unter drei Promille und mir bei den Abfahrten nervositätsbedingt eine wahrscheinlich höhere Herzfrequenz als bei den Auffahrten bescherte.

Home sweet Home

Es ist eine gewisse Gelassenheit und Routine ins Training eingekehrt, endlich. Mittlerweile weiß man selbst längere Einheiten besser zu planen und die Zeit, die man im Becken oder auf dem Rad laut Trainingsplan verbringen soll, werden gelassen abgenickt. 4.000 Meter schwimmen, dann kommt man eben ein halbe Stunde später ins Büro. Fast zwei Stunden Nüchternlauf, kein Problem, dann schmeckt das Frühstück gleich besser. Die geschaffenen Grundlagen sind merklich vorhanden und diverse zuvor unbekannte Muskelgruppen arbeiten plötzlich auch mit. Sogar die finanziellen Dinge sind endlich geklärt und fast schon alles bezahlt.

Beim Material geht es nur noch um Details. Trotzdem oder gerade deswegen ist der Postbote bei mir weiterhin Dauergast an der Tür, denn Details sind sooo wichtig! Von der Unterkunft über die Anfahrt bis hin zur Pastaparty ist alles unter Dach und Fach. Theoretisch sind wir an einem Punkt, ab dem wir nur noch trainieren müssen. Dieser Zustand ist wirklich Gold wert!

Vertrauen ist gut, viel Training ist besser?

Trotz Vertrauen in den Masterplan unserer Trainer und das gute Feedback aus dem Trainingslager wechseln sich Zuversicht und Zweifel täglich ab. Strava ist da nicht besonders hilfreich. Der ständige Vergleich mit anderen Athleten nährt den Drang, mehr machen zu müssen, unnötig. Ständig pendelt man zwischen “Das wird richtig gut” und “Hoffentlich sehe ich im Sanizelt gut aus”. Ich bestelle lieber noch besseres Material!

Wie lang kann so ein Ironman eigentlich sein?

Oft hört man die Floskel, dass so eine Langdistanz der längste Tag des Jahres sein soll. Länger dauert nur ein Brexit. Wenn wir uns über unsere möglichen Zeiten unterhalten, dann irgendwas unter 12h und das klingt schon lang. Wie lang dies wirklich ist, erleben wir erst so richtig, als wir unsere Trainingslager-Kameraden per Liveticker und Stream in Südafrika verfolgen. Ich hab mein Trainingsprogramm fertig, gefrühstückt, die Hausarbeit erledigt und bald gibt es auch schon wieder Mittag, da sind die drei noch nicht mal vom Rad runter. Beim Parkspaziergang fiebern wir immer noch mit, beobachten Zeiten und Platzierungen. Ich leide innerlich mit als ich sehe, wie viel Wind vor Ort herrscht. Am späten Nachmittag sind endlich alle drei heil im Ziel angekommen. Meine Güte, das war ein langer Tag. Und bald sollen wir auch so lange unterwegs sein?

Auf zum Endspurt

Habe ich gerade noch was von Routine erzählt? Bis vor kurzem lag unser Trainingspensum zwischen 12-15 Stunden pro Woche. In den kommenden zwei Monaten ist der Trainingsplan dagegen auf Speed. Der Umfang wird sich ein gutes Stück nach oben schrauben und wir werden öfters die 20-Stunden-Marke knacken. Auch bei der Intensität hat man den Regler reichlich nach rechts gedreht, was noch mehr essen bedeutet – eine völlig unterschätzte Disziplin. Das ständige Training, auch wenn es routiniert abgespult wird, versetzt einen in einen Zustand ständiger Erschöpfung und des Hungers.

Und dann, in weniger als zwei Wochen, ist schon unser Vorbereitungsrennen, die Challenge Heilbronn. Aus dem Training heraus! Was für ein schöner Satz, um jetzt schon die mäßige Leistung zu rechtfertigen. Alles testen, alles ausprobieren, alles darf schiefgehen, wird’s aber hoffentlich nicht. Danach, tja, danach geht wahrscheinlich alles ganz schnell. Erholen, ein paar Wochen Training was fließend ins Tapering übergeht und schon packen wir unsere Sachen für Frankfurt. Die ersten harten Einheiten des hoch gedrehten Plans haben wir gut hinbekommen, den Grundlagen aus den letzten Monaten sei Dank. Das lässt hoffen.

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