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Tamara bloggt – Triathlon mit zwei Gesichtern: Sprint- vs. Langdistanz

07. Juni 2019



Nachdem ich letztes Jahr eigentlich ausschließlich Rennen über die Mittel- und Langdistanz absolviert habe, geht es für mich in dieser Saison vor allem darum möglichst schnell die Sprintdistanz zu absolvieren – willkommen in der Bundesliga! Wie groß der Unterschied zwischen einem Sprint und längeren Strecken tatsächlich ist, habe ich an den letzten beiden Wochenenden im direkten Vergleich hautnah erfahren. Ich nehme euch mit durch meine Gefühlswelt.

  • Titelbild: Harald Eggebrecht / tri2b.com

Der erste Unterschied zwischen meinen Rennen über die Mitteldistanz beim Triathlon Ingolstadt und in der Woche darauf in der 1. Triathlon Bundesliga im Kraichgau, liegt ganz einfach in den Rahmenbedingungen: In Ingolstadt fällt der Startschuss Sonntagmorgen um 8:00 Uhr, im Kraichgau starten wir Samstagabend um 18:30 Uhr. Während ich in Ingolstadt also ganz normal meine Routinen abwickeln kann, stellen sich im Kraichgau ganz andere Herausforderungen.

Meine Routinen bei der Mitteldistanz, das bedeutet: Drei Stunden vor dem Startschuss aufstehen, Frühstück mit Weißbrot und Honig, dann ab zur Wechselzone, kurzes Warm-Up, nochmal in eine Banane beißen und los geht’s. Vor dem Bundesliga-Start musste ich mir also erstmal den ganzen Tag um die Ohren hauen. Aber zum Glück in guter Gesellschaft! Auch wieder ein Unterschied zwischen Sprint und Lang: In der Bundesliga starte ich mit meinem Team, den Mädels vom MRRC München.

Wir sitzen sozusagen alle im gleichen Boot. Auf längeren Strecken hingegen bin ich eigentlich komplett auf mich allein gestellt.

Jetzt komme ich aber mal zum Sportlichen! Vor dem Startschuss in Ingolstadt habe ich mir eine gute Startposition gesucht, von wo ich einen guten Überblick habe und glaube meine Ideallinie finden zu können. Mit etwa 200 anderen Athleten und Athletinnen (ja, hier starten Männer und Frauen gemeinsam) geht es los. Wenig Hauen, wenig Stechen und vor allem ein gleichmäßiges Tempo. Gegeneinander ist hier Fehlanzeige, so kenne ich es auch noch von der letzten Saison: Auf längeren Strecken versucht jeder möglichst schadenfrei das Schwimmen hinter sich zu bringen und das Rennen beginnt meistens erst so richtig, wenn man auf dem Rad sitzt.

Startschuss im Kraichgau. Kurz zuvor haben die Teams Stellung bezogen, die Startpositionen ergeben sich nach der Platzierung in der Tabelle. Hier muss also jeder das Beste aus seinen Möglichkeiten machen. 60 Athletinnen sprinten los! Und die allermeisten davon sind richtig gute Schwimmerinnen. Um hier bestehen zu können, sollte ich mindestens im Hauptfeld aus dem Wasser kommen. Das bedeutet: Ellenbogen ausfahren! Rücksicht ist in der Bundesliga fehl am Platz und auf den 750 Metern wird ordentlich gerangelt. Besonders heftig geht es an den Bojen zur Sache, spätestens hier ist klar:

Athleten, die sich für die härteren Sportler halten, nur weil sie auf der Langdistanz starten, waren wohl noch nie bei einem Bundesliga Rennen an einer Boje dabei…

Ab in die Wechselzone! Ich klettere aus dem Ingolstädter Badesee und trabe in Richtung Wechselzone. Ich lasse mir eher etwas mehr Zeit, als dass ich unnötig irgendwelche Fehler mache, die mir eventuell später zum Verhängnis werden.

Knall auf Fall: In der Bundesliga ist sich jede selbst die Nächste…

Und im Kraichgau? Ehrlich gesagt habe ich an den Wechsel kaum noch eine Erinnerung. Zurück an Land sind wir zu unseren Rädern gesprintet, als wäre das Rennen dort bereits zu Ende. Hier muss jeder Handgriff sitzen und es muss schnell gehen! Sonst ist meine Ausgangsposition, die ich mir beim Schwimmen erkämpft habe, sofort zu Nichte gemacht und alle Chancen auf eine gute Platzierung verspielt. Ich muss mich zusammenreißen! Denn meine Platzierung ist nicht für mein Ego, sondern für das Team. Am Ende zählt nämlich jeder Platz, wenn wir in der Gesamtwertung gut dastehen wollen.

Und genau das ist die Eigenschaft, warum ich einen Start in der Liga so sehr mag. Hier kämpft man nicht für sich allein, sondern fürs Team!

Ich cruise mittlerweile über die ersten Kilometer der Radstrecke in Ingolstadt. Ein männlicher Mitstreiter nach dem anderen schießt an mir vorbei, davon darf ich mich nicht aus der Ruhe bringen lassen. Ich versuche meinen Rhythmus zu finden, alles um mich herum auszublenden und ich freue mich schon drauf, wenn ich in etwa 40 Kilometern – also nach der ersten Runde – meine Familie und Freunde am Streckenrand sehe! Für diese ruhigen und harmonischen Gedanken ist im Kraichgau keine Zeit. Auf den vier Runden kamen wir immer wieder an den Zuschauermassen vorbei und wurden angetrieben.

Bundesliga – Radfahren in der Gruppe: Hier wird taktiert, es geht um kluge Renneinteilung, denn das Rennen entscheidet sich meistens erst auf der Laufstrecke.

Das Radfahren in der Bundesliga ist geprägt von taktischen Spielchen. Und die Mädels in der Gruppe wussten genau, wie sie ihre Kräfte fürs abschließende Laufen schonen: Kurz vor den Wendepunkten schlichen sie sich nach vorne und ließen sich dann wieder in den Windschatten zurückfallen. Ich hatte zwar die Worte von Coach Nils im Ohr: „Halte Dich beim Radfahren zurück!“ Aber irgendwie hatte ich meine Wut über dieses Taktieren nicht im Griff und bin immer wieder vorne in der Gruppe gefahren. Naja, wieder etwas gelernt und beim nächsten Mal werde ich nicht mehr so doof sein.

Bleiben wir noch kurz im Kraichgau, denn hier geht es jetzt schnell: Mit Maximalpuls schießen wir in die Wechselzone und schlüpfen in die Laufschuhe. Im Sprinttempo geht es aus der Wechselzone und fünf Kilometer lang bin ich am Anschlag unterwegs. Ich verpflege mich kaum, denn ich will keine Sekunde verlieren! Das Ziel erreiche ich vollkommen fertig als 22. und aufgrund der starken und ausgeglichenen Teamleistung dürfen wir uns mit dem MRRC München am Ende über den 6. Platz von 15 Teams freuen.

Zurück in Ingolstadt. Mit recht müden Beinen fahre ich in die Wechselzone. Meine Flasche mit sieben Gels habe ich vorschriftsmäßig ausgetrunken und freue mich nun auf die abschließenden 20 Kilometer. Bevor ich in die Laufschuhe schlüpfe, ziehe ich mir noch Socken an. Ich investiere beim Wechsel lieber ein paar mehr Sekunden, laufe dafür dann aber ohne Schmerzen und Blasen an den Füßen. Auf den ersten Metern bremse ich mich und rede mir ständig ein, nicht zu schnell loszulaufen. Ich achte auf eine ruhige Atmung, versuche den Puls nicht in die Höhe schießen zu lassen und vor allem an den Verpflegungsstellen nehme ich lieber einen Gang raus, um ausreichend Flüssigkeit und Energie zu mir nehmen zu können. Kaputt, aber nicht vollkommen zerstört erreiche ich das Ziel!

Cool! In Ingolstadt erreichte ich als erste Frau das Ziel und durfte endlich mal so einen Zielbanner in die Höhe halten!

Fazit: Beides hat seinen Reiz!

An beiden Wochenenden habe ich die gleichen Sportarten in der gleichen Reihenfolge gemacht. Allerdings waren beide Wochenenden komplett unterschiedlich. Während in der Bundesliga die Taktik und das Durchsetzungsvermögen im Vordergrund steht, sind bei der Mitteldistanz hauptsächlich die Distanz und das Nicht-Überpacen die Herausforderungen. Bei der Bundesliga geht es auch nicht nur um mich, sondern um meine Mädels und mein Team! Auf längeren Strecken hingegen erbringe ich die Leistung nur für mich selbst. Beides hat seinen Reiz! Letztes Jahr habe ich voll und ganz die Langdistanz mit all ihren Facetten ausgekostet.

Dieses Jahr genieße ich es mit meinem Team in der Bundesliga unterwegs zu sein und mich anderen Herausforderungen zu stellen.

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