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Rookie-Report: Mein erster Triathlon – als Helferin

23. Juni 2021


Triathlon Helfer

Damit die Finishline-Träume der Teilnehmer wahr werden, gehen sie bei der Organisation an Grenzen oder stehen stundenlang auf menschenleeren Straßen: Helfer sind die stillen Helden der Triathlon-Welt. Doch wie ist es eigentlich, „an der Basis“ mitzuwirken? Rookie Lena hat’s probiert. Ein Erfahrungsbericht.

„Endlich wieder Triathlon!“ – die Worte von Hartwig „Haddi“ Thöne schallen mir direkt aus den Boxen des Moderationswagens entgegen. Man hätte es nicht besser scripten können, aber in genau diesem Moment betrete ich das Areal am Kronthaler Weiher in Erding an diesem Sonntagmorgen um 7.30 Uhr. Die Sonne scheint, angenehme 25 Grad sind vorhergesagt, Thöne und Weltmeister Daniel Unger quatschen sich bereits warm. Perfekte Bedingungen für einen Triathlon also. Und zwar nicht nur für den ersten, den ich als Helferin miterleben darf, sondern für meinen ersten Triathlon überhaupt.

Heute auf dem Programm in Erding: Triathlon auf Abruf

Ja, richtig gelesen: Ich stehe heute zwar nicht als Teilnehmer an der Startlinie, dafür als Helfer direkt an der Finishline. Dem Ort, von dem alle träumen. Ich übrigens auch nach wie vor. Heute ist jedenfalls Position eins die meine. Das habe ich aus dem Briefing, das das Orga-Team erst vorgestern schicken konnte, verinnerlicht. Denn das Go für die Veranstaltung gab’s vom örtlichen Ordnungsamt vor gerade einmal sechs Tagen.

Bis zuletzt mussten die Athleten und Veranstalter zittern – und dann innerhalb weniger Tage alles final organisieren. Wahnsinn! Dass das Team von „TriSport Erding“ das geschafft hat, ist keine Selbstverständlichkeit. Vielmehr ist es Zeugnis der unbändigen Leidenschaft, mit der der Verein dieses Breitensport-Event (und damit den ersten Triathlon in Bayern seit Ausbruch der Pandemie!) auf die Beine gestellt hat. Jetzt schaut ganz Triathlon-Deutschland auf die Sprintdistanz, die hier und heute ausgetragen werden soll. Wenn‘s gutgeht, könnte es richtungsweisend für den Verlauf der restlichen Saison sein. Und zwar für alle Veranstaltungen, die da noch kommen sollen. So viel zum Thema #nopressure.

Triathlon-Helfer mit Herz und Seele

Umso wichtiger also, dass sich alle an die Regeln halten und strikt die Vorgaben beachten. Getestet und mit der inzwischen bekannten FFP2-Maske stehe ich in dem Trubel, den die letzten Vorbereitungen so mit sich bringen. Ich bin eine von 150 Helfern, die heute ehrenamtlich dafür Sorge tragen, dass es ein toller Tag für die rund 500 Athleten und 100 Kinder wird. Ein Tag, an dem sich Rookie-Träume erfüllen, Menschen über sich hinauswachsen oder sich selbst überraschen. Gar nicht so einfach, wenn selbst der ausgeklügeltste Plan spontan über den Haufen geworfen werden muss – etwa weil die zu niedrige Wassertemperatur von 18,4 Grad das Freiwasserschwimmen für die Schüler unmöglich macht. Tja, dann muss es eben doch der gute, alte Duathlon für die Jüngsten sein. Trotzdem ein Dämpfer für die ambitionierten Nachwuchs-Sportler. Erst ab der Jugend B darf geschwommen werden.

„Lena, du stehst dann da oben und zeigst den Kids einfach die Richtung zu den Fahrrädern – immer nach links und dann weiter“, weist mich Simone ein. Geht klar! Ich bewege mich also für die ersten Starter auf eine ungeplante Position. Doch da steht bereits eine Helferin. „Hier wirst du nicht gebraucht, wir sind ja da!“, raunt sie mir hart, aber herzlich zu. Klare Ansage! Alle haben eben Bock und nehmen ihre Verantwortung ernst. Offensichtlich. Ich ziehe mich zurück auf „meine“ Position. Scheint hier ein hart umkämpftes Feld zu sein – da füge ich mich lieber.

Als Helfer bei einem Triathlon: Warum eigentlich nicht?

Apropos Position eins: Ebenfalls an der Finishline für das Abnehmen der Transponder zuständig ist heute Susi. „Ich hatte damals in der Zeitung eine Helfer-Annonce gesehen“, erzählt sie mir beim ersten kurzen Plausch unter Helfer-Kolleginnen. „Ich dachte mir ‚Warum eigentlich nicht?‘ – und seitdem helfe ich Jahr für Jahr.“ Susi weiß also, wie’s läuft. Dass sie ihren freien Sommer-Sonntag hier stehend verbringt, ohne dass sie selbst Triathlon betreibt, scheint für sie Ehrensache zu sein. „Die Medaillen für die Kids sollen wir übrigens auch verteilen. Ich schaue mal, wo die eigentlich sind …“

Aber Susi und ich dürfen uns auch wahrlich nicht beschweren. Wir haben schließlich die beste Position überhaupt ergattert – nicht nur, weil wir in den Genuss von fünf Stunden unermüdlicher Dauermoderation von Haddi Thöne und Daniel Unger kommen, deren Bühne direkt gegenüber der Finishline platziert ist.

Praktisch, denn hier bekommen wir auch den geballten Papa-Stolz ddes Duos mit: Sowohl Ungers Sohn Alfred, als auch Thönes Tochter Ronja und Sohn Tim gingen nämlich an den Start – mit Erfolg und teilweise sogar Treppchen-Platz. „Ich dachte eigentlich, ich wäre nicht so nervös“, resümiert Bundesstützpunkttrainer Unger im Gespräch später. „Aber dann fieberst du als Papa eben doch mit, ob alles klappt … egal, wie oft du das alles selbst schon erlebt hast.“

Das Ehrenamt macht Triathlon-Träume wahr

Andere Helfer erwartet unterdessen weitaus weniger Unterhaltung. Zum Beispiel diejenigen, die auf irgendeiner Landstraße im Landkreis Erding stehen und genervte Autofahrer um Rücksicht oder Umwege bitten. Oder die, die nach dem ganzen Spaß Absperrungen abbauen, Müll einsammeln, aufräumen. Natürlich auch die, die sich in den vergangenen Monaten mit mehr oder weniger absurden Hygienekonzeptanforderungen oder enttäuschten Athleten auseinandergesetzt haben. Oder die, die Kisten mit fruchtigen sowie alkoholfreien Erfrischungsgetränken, Bananen und Müsliriegeln von A nach B karren.

Damit so ein Triathlon über die Bühne gehen kann, muss verdammt viel getan werden. Immerhin: Laut den zuletzt 2019 veröffentlichten Ergebnissen des regelmäßigen Bundesfreiwilligensurveys ist der Bereich Sport und Bewegung mit einem Anteil von 13,5 Prozent der mehr als 28 Millionen sozial Engagierten in Deutschland der stärkste.

Dankbarkeit als schönstes Lob

Aber zurück nach Erding. Gegen 9.30 Uhr ist er endlich da, der Moment, in dem sich zeigt, warum sich all diese Mühen wirklich lohnen: Der erste Startschuss fällt für die TriKids, es folgen die Schüler, dann die Jugend, ab Jugend B ist auch das Schwimmen erlaubt. Für Jugend A und Agegrouper stehen 400 Meter Schwimmen, 20,5 Kilometer Radfahren und 5 Kilometer Laufen auf dem Race-Menü des Tages. Nach und nach stehen sie brav mit Abstand, in ihren Startgruppen aufgereiht am Startbereich, scharren mit den Hufen, richten die Schwimmbrillen oder schließen die Neos, bevor es im Rolling-Start-Modus losgeht.

Was ich dann erlebe, hatte ich selbst nicht erwartet. Ich finde mich fortan in einer herrlichen Atmosphäre der unendlichen Dankbarkeit wieder: Ganz gleich, wie alt oder schnell die Athleten auch sind, sind sie allesamt glücklich, hier und heute starten sowie finishen zu dürfen. Ab dem Moment des Starts bewege ich mich in einer Wolke der Glückshormone, die in der Event-Bubble wabert. Mit einem breiten Grinsen laufen die Teilnehmer links von der Finishline nach dem Schwimmen in Richtung Rad – mit einem ebenso breiten Grinsen kommen sie später im Ziel laufend wieder an.

Das ist also dieser Triathlon, von dem hier alle schwärmen!

Mehrere 100-mal sage ich an diesem Sonntag „Yeah, geschafft – herzlichen Glückwunsch! Warte, ich nehme dir den Transponder ab!“, gehe in die Knie, öffne den Klettverschluss des Zeitmessers, jubele Athleten entgegen, klatsche, reiche schnellstens ein Getränk, übergebe den Kids die Medaillen oder laufe Athleten hinterher, die auf der Suche nach etwas Trinkbarem oder mit Vollspeed an mir vorbei durch den Zielbereich steuern. Dass mich keiner entnervt zurückweist, sondern sich die meisten sogar noch „für alles“ bedanken, ist erstaunlich. Ich selbst bezweifle jedenfalls, ob ich zu so viel Manieren nach einer Sprintdistanz bei 24 Grad Mittagswärme noch in der Lage wäre.

Und dann sind schließlich auch die letzten Teilnehmer im Ziel. Unter dem Applaus der anderen werden sie empfangen. Haddi und Daniel moderieren eisern weiter. Typisch Triathlon. Das war er also, der 1. Corona Stadttriathlon in Erding – und (hoffentlich) auch der letzte. Zählweise und Name wurden schließlich bloß als Kompromiss eingeführt, weil die Teilnehmer-Shirts für den 28. Stadttriathlon Erding bereits im letzten Jahr gedruckt worden waren. Und zwar tausendfach. Die Hoffnung ruht nun auf einem „normalen“ Wettkampf im kommenden Jahr, damit sie dann mit regulärem Design ihre stolzen Träger finden können.

Weil die letzten Finisher etwas früher als geplant über die Ziellinie laufen, können dann auch etwas zeitiger noch diejenigen gefeiert werden, die das Ding gerockt haben – unter anderem die Gesamtsieger Lukas Krämer (55:11 Minuten) bei den Herren und Sarah Schönfelder (01:01:18 Stunden) bei den Damen. Sie haben sodann auch das letzte Wort des Tages. Schon klar, dass das nur eines sein kann: Danke!

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1 Kommentare

  1. Hey Lena,
    eine super Idee, dich auf die andere Seite zu begeben. Wir Triathleten können nicht dankbar genug dafür sein, dass es immer wieder Menschen gibt die ihre Zeit unentgeltlich und zumeist hoch motiviert, an den Wettkampfstrecken verbringen.