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Nachgefragt im Verein & Verband: Was sollten Eltern über Triathlon für Kinder wissen?

16. Juni 2021


Triathlon Kinder Eltern

Zuzusehen, wie das eigene Kind im Sport über sich hinauswächst, erfüllt Triathleten mit Stolz. Hat irgendwie was! Aber wo liegt beim Triathlon für Kinder die Grenze zwischen Förderung und (Über-)Forderung? Ab wann geht das Angebot im Verein los? Und wie können wir Eltern unterstützen, wenn Kinder nicht nur Spaß, sondern auch Talent zeigen? Titelbild: Bayerischer Triathlon Verband

Es ist die vermutlich romantischste Vorstellung von Eltern, die selbst Triathlon betreiben: gemeinsam mit dem Nachwuchs zu sporteln – und auf diese Weise alles mit auf den Weg zu geben, was für ein gesundes, aktives Leben nötig ist. Hach, da hüpft das Mutter-/Vaterherz!  Schließlich wollen wir (die alte Leier!) „nur das Beste“ für unsere Kinder. Und Sport ist bekanntlich das Beste, was Körper und Geist so passieren kann. Schnell drängt sich also die Frage auf: Wie begeistert man das Kind fürs Schwimmen, Radfahren, Laufen?

Triathlon für Kinder: Wie die Eltern, so …

Der erste Schritt: Wir leben genau das vor – und gehen schwimmen, radfahren, laufen. Easy! Die kindliche Neugierde weckt das allemal und das Interesse kommt von allein. Allerdings lauert schon hier die erste Stolperfalle.

Dazu ein Beispiel: Wenn ich regelmäßig Yoga mache, fängt auch meine fünfjährige Tochter an, aus Überzeugung (immerhin etwa 7 Minuten) mitzumachen; wenn sie Bilder von Fahrradtouren sieht, äußert sie den Wunsch, „wie Mama“ mit dem Rennrad zu fahren; wenn wir zusammen laufen gehen, düst sie stolz wie Bolle auf ihrem kleinen MTB sitzend vor mir her.

Aber macht sie das aus Überzeugung? Weil ein wahnsinniges Talent für sportliche Leistung in ihr schlummert? Weil sie die Quality-Time mit mir schätzt? Oder weil sie mir einfach „nur“ nacheifert? Je nach Antwort auf diese Fragen stehe ich als Mutter dann schon vor der nächsten: Wie fördere ich das Interesse des Kindes denn nun, ohne es zu überfordern?

Training im Verein: Ab welchem Alter kann mein Kind mit Triathlon anfangen?

Dass ich mit diesen Fragezeichen nicht allein dastehe, zeigt sich im Gespräch mit Simone Blumoser von „Trisport Erding“. Sie ist nicht nur im gesetzlichen Vereinsvorstand, sondern auch Motivations-Fee, Vertrauensperson, manchmal auch Sport-Animateurin, vor allem aber Trainerin der Kinder- und Jugendsparte des Vereins: Bei den „TriKids“ legt sie den Grundstein für die Triathlon-Begeisterung vieler Kinder. Und auch für so manche Triathlon-Karriere, wenn es die Kids von der Schülersektion in die Jugend und schließlich sogar in den Landeskader schaffen.

Letzteres kann durchaus passieren – und untermauert allemal, wie wichtig die Trainingsangebote für Kinder und Jugendliche im Triathlon ist: „Das ist die Basis des Ganzen. Nur über die Vereinsarbeit können die Kaderathleten entdeckt werden“, macht Simone deutlich.

Aber fangen wir vorne an: „Ab 8 Jahren ist Training bei uns möglich. Es gibt eine Schüler-Gruppe und eine Jugend-Gruppe. Erstere geht bis 14. Die Jugend ist dann auch noch einmal in Leistungsgruppen unterteilt. Was aber in jedem Alter essentiell ist, damit man die Kids bei der Stange hält: Der Spaß muss im Vordergrund stehen.“

  • Eltern-FAQs: 3 schnelle Fragen an Simone Blumoser (Verein Trisport Erding)

  • Woran erkennt ihr, dass es einem Kind Spaß macht?
    Simone Blumoser: Das ist eine sehr valide Frage. Wir merken schon, ob ein Kind nur in den Verein geschoben wird oder ob es daran wirklich Freude hat – und die Eltern merken das in der Regel auch. Da wir mit 8 anfangen, sind die Kids dann auch in einem Alter, in dem sie das ganz offen äußern. Wenn immer wieder die Frage kommt „Muss ich heute wirklich ins Training?“ ist das ein Anzeichen dafür, dass das Kind wenig intrinsisch motiviert ist.Da außerdem vieles bei uns spielerisch abläuft, wir viele Gaudi-Staffeln machen, ist es auch ein Hinweis, wenn dabei kaum Beteiligung oder Motivation festzustellen ist. Ab und an haben wir auch die Situation, dass Eltern nicht merken, dass ihr Kind nicht die große Freude an der Sache hat. Dann versuchen wir zunächst einmal, Kontakt zum Kind aufzunehmen – und erst dann zu den Eltern.
  • Wie viel Training kann ich meinem Kind zumuten?
    Simone Blumoser: Je nach Saison, besteht für die Schüler das Angebot, bis zu dreimal in der Woche zu trainieren: Die Laufeinheit umfasst eineinhalb Stunden, Schwimmen je nach Level bis zu zweimal pro Woche. Bei den Jugendlichen wird es dann in der Vorbereitung zu Wettkämpfen schon auch fünfmal in der Woche. Grundsätzlich gilt aber die Regel ‚Immer kurz und knackig!‘.Die Ausdauer kommt später, aber je besser die schnelleren Kapillare trainiert sind, desto stabiler ist die Basis für lange Belastungen. Da alles sehr spielerisch abläuft, merken die Kids teilweise gar nicht, wie oft sie eigentlich sprinten. Die Jugendlichen stellen dann irgendwann fest, wie gut ihnen der Sport tut. Wenn das der Fall ist, haben wir alles richtig gemacht, denn genau darum geht’s: den Kids zu vermitteln, dass der Sport dem Körper, aber auch dem Geist guttut – Leistung ist sekundär. Wir feiern eher denjenigen, der als letztes über die Ziellinie kommt.
  • Mit welchen Kosten muss ich rechnen, wenn mein Kind mit Triathlon anfangen möchte?
    Simone Blumoser: Die Kinder kommen in den meisten Fällen mit einem Mountainbike, Laufschuhen und Badekleidung zu uns. Wie hohe Kosten dann noch auf die Eltern zukommen, ist schwer zu sagen. Aber: Einen Neo brauchen sie auf alle Fälle – und auch beim Rad gibt es nach oben hin kaum Grenzen.

Sonderthema Schwimmen: Technik für das ganze Leben

Also ab mit dem Kind in den Triathlon-Verein und los geht’s? Grundsätzlich gilt: Ja – aber es kann sich lohnen, das Thema Schwimmen gesondert anzugehen. Und zwar ganz unabhängig von irgendwelchen Ambitionen der Eltern oder der Kinder. Dass der Nachwuchs früh im Schwimmverein geschult wird, ist für jedes Kind empfehlenswert.

Das betont auch Dr. Thomas Moeller, Bundestrainer der Nachwuchsathleten der Deutschen Triathlon Union (DTU): „Grundsätzlich haben wir eine gute Nachwuchsarbeit und -Struktur in Deutschland und sind sicherlich besser als viele andere Länder aufgestellt“, erwähnt er lobend. „Aber die größte Reserve verbirgt sich im Schwimmen: Das Schwimmen technisch so zu erlernen, dass es später für eine hohe Leistung reicht, ist der Bereich mit dem höchsten Optimierungspotenzial.“

Moeller – übrigens selbst stolzer Papa – empfiehlt deswegen: „Eltern sollten zweigleisig fahren, was die Vereine angeht: Sie sollten ihre Kinder im Laufen und Fahrradfahren mit einer bestimmten Kontinuität an die Sache heranführen, das Schwimmen aber eventuell dem Schwimmverein überlassen.“

Auch bei Erwachsenen, so der Nachwuchs-Bundestrainer weiter,  sei das nicht anders. „Laufen und Radfahren lassen sich noch spät optimieren, aber im Schwimmen ist es schwierig bis unmöglich, konditionelle und vor allem technische Defizite auszugleichen. Hinzu kommt, wenn ich mich schwimmtechnisch verbessern will, brauche ich einen täglichen Support – es muss also jemand danebenstehen, der mir sagt, an welchem Fehler ich arbeiten soll. Und zwar bloß an einem über einen gewissen Zeitraum, etwa von einem Jahr, und nicht an zehn Fehlern gleichzeitig.“

Triathlon-Training im Jugendalter: (Bald-)Profis am Werk

Doch da wir gerade beim Thema Verband sind: Was bedeutet es eigentlich für die ganze Familie, wenn der Nachwuchs beschließt, Profi werden zu wollen? Klar, der typische Weg in den Leistungssport beginnt bei den Vereinen (siehe oben), wie auch Moeller erklärt. Aber das ist nur der Anfang: „Über die Landesverbände wird eine Sichtung angeboten. Dort wird ein talentiertes Kind von einem Scout entdeckt, steigt in den Landeskader auf – und dann vielleicht in den Bundeskader. Begleitend dazu haben wir entsprechende Wettkampfformate: vom Schüler-Triathlon über den DTU Jugend-Cup bis hin zur Junioren-WM.“

Und hier beginnt er wirklich, der Ernst des Lebens: Wer an einem Sportinternat mit Anschluss an einen Stützpunkt trainiert, findet sich bei 15 bis 20 Stunden Training pro Woche wieder, wer im häuslichen Umfeld an der Karriere arbeitet,  liegt bei 10 bis 15 Stunden. „Um dich bei letzterem Weg gegen andere durchsetzen zu können, musst du aber ein unheimliches Talent mitbringen“, sagt Moeller und ergänzt: „Aus DTU-Sicht sind diese Athleten hochinteressant. Denn sie trainieren noch nicht unter optimalen Bedingungen und sind trotzdem herausragend.“

  • Eltern-FAQs: 3 schnelle Fragen an Dr. Thomas Moeller (DTU)

  • Wie erkenne ich denn, dass mein Kind Talent für mehr hat?
    Dr. Thomas Moeller: Talenterkennung ist – aus meiner Sicht – bis heute nicht zufriedenstellend in der Sportwissenschaft gelöst. Je früher ich versuche, Talent im Sport zu erkennen, desto größer ist die Unsicherheit in der langfristigen Prognose. Wir reden schließlich über eine Zeitspanne von rund zehn Jahren! Da kann viel anders laufen als gedacht.Aus unserer Sicht ist es wichtiger, dass die Leute das koordinative Talent mitbringen. Bewegungsmuster zu erlernen oder zu korrigieren, sollte leichtfallen. Auch der Spaß an der Bewegung ist entscheidend. Außerdem ist es wichtig, dass die Athleten eine gewisse Veranlagung für Schwimmen und Laufen mitbringen. Das Radfahren spielt eine untergeordnete Rolle: Da ist die Chance größer, dass man später noch gut optimieren und gegebenenfalls korrigieren kann.
  • Wie unterscheidet man nun zwischen elterlicher Forderung und Förderung?
    Dr. Thomas Moeller: Natürlich müssen auch wir hinterfragen, ob der Sport der Traum der Eltern oder der des Kindes ist. Wie es um die Eigenmotivation bestellt ist, bekommt man eigentlich nur mit, wenn man die Athleten in einem Trainingslager beobachten kann – losgelöst von den Eltern. Allerdings sind die Athleten, wenn sie mit uns als DTU auf Trainingslager fahren, schon sehr weit im Prozess. Da steht dann eher die Frage ‚Profikarriere oder nicht?‘ im Raum.
  • Mit Blick auf die Altersrange der Kaderathleten dürfte auch die Pubertät noch eine Herausforderung sein, oder? Die Motivation ist in dieser Phase ja bekanntlich wechselhaft.
    Dr. Thomas Moeller: Das ist tatsächlich weniger ein Problem, denn: Wenn die Athleten gut eingebunden sind, ist der Sport Teil ihres Lebens. Problematischer wird die Zeit rund ums Abitur. Hier stellen sich die Athleten erstmals die Frage, ob sie nun in Richtung Profikarriere gehen oder auf etwas anderes wie ein Studium oder eine andere berufliche Ausbildung setzen.Dennoch lässt sich nicht leugnen: Die Pubertät prägt das Training sehr. Bei den Jungs ist das alles relativ einfach, da sie meist ab 16 dank der hormonellen Umstellung eine positive, mitunter sprunghafte Leistungsentwicklung erleben, während bei den Mädels alles anders kommt. Die Veränderung zur Frau geht nicht selten mit einer Leistungsstagnation über zwei bis drei Jahre einher. Da sie gerade aus einem Aufwärtstrend kommen, ist das eine ganz, ganz schwere Phase. Für uns ist es wichtig, dass wir in dieser Zeit keine zu hohen Erwartungshaltungen im Umfeld bezüglich der späteren Leistung befeuern – denn dann gehen uns die Athletinnen verloren.

Triathlon für Kinder im Verein oder Verband? Hauptsache für die Zukunft!

Ob im Verein oder im Verband: Nichts geht ohne die Unterstützung der Eltern. Das gilt übrigens nicht nur in Bezug aufs Elterntaxi zum Training oder die Organisation des Alltags. Auch finanziell sind die Eltern gefragt. „Die Eltern sind im Triathlon wichtige Förderer“, stellt Dr. Thomas Moeller heraus. „Denn was man auch nicht vergessen darf: Triathlon ist teuer aufgrund der benötigten Ausrüstung!“

Womit wir übrigens wieder beim Verein wären. Denn gerade die „Arbeit an der Basis“ ermöglicht es so manchem Kind überhaupt, die Passion für den Ausdauersport nicht nur zu entdecken, sondern auch zu leben. „Mit unseren Leih-Neos und -Räder versuchen wir als Verein aber natürlich zu unterstützen, wo es möglich und nötig ist. Das geht allerdings nur dank der Veranstaltungen, die wir organisieren: Wenn wir Einnahmen haben, dann stecken wir die in die Kinder- und Jugendarbeit“, erklärt Simone Blumoser. Definitiv ein weiteres Argument für den Weg über den Verein!

Mit dem Geld werde eben nicht nur das Training finanziert, sondern „auch mal eine Runde Eis nach einem Wettkampf“. Auch Trainingslager und besagtes Equipment wäre sonst nicht für jede Familie finanzierbar. Vereine lassen also nicht nur sportliche Eltern-, sondern eben auch Kinderträume wahr werden. „Ganz gleich, wie viele Wochenstunden dann jeder einzelne von uns leistet, geht alles davon in die Nachwuchs-Angebote – und hinter dieser Entscheidung stehen wir alle als Vereinsverantwortliche!“

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