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Schwimmen lernen: Was mache ich falsch und warum versteht mich mein Trainer nicht?

05. Juni 2021


Schwimmen lernen

„Ich liebe Triathlon, aber mit dem Schwimmen werde ich nicht mehr warm“ oder: „Hauptsache ich überstehe das Schwimmen und dann kommt der Spaß.“
Solche Aussagen von Triathleten hört man als Trainer häufiger. Muss das sein? In diesem Beitrag versuche ich, euch zum Umdenken zu bewegen.

Der Triathlonsport ist bei den Wenigsten die zweite Karriere als Sportler nach dem Schwimmen. Die meisten Triathleten sind Quereinsteiger und haben das Kraulschwimmen erst im Erwachsenenalter gelernt. Zudem ist der typische Triathlet berufstätig und hat nur wenig Zeit, die wöchentlich für das Schwimmtraining entbehrt werden kann.

Schwimmen ist daher eher das ungeliebte Kind und muss halt irgendwie mitgeschliffen werden. Wirklich Spaß kommt dabei leider selten auf. In YouTube-Videos wird oftmals nach Tricks gesucht, um irgendwie den Knoten platzen zu lassen. Meist führen dabei Schwimmer Übungen aus, die zwar mühelos aussehen, für die meisten jedoch nicht umsetzbar sind.

Wahl der Qual: Die richtige Trainingsgruppe finden

Um alles richtig zu machen, schließen sich viele Sportler Trainingsgruppen an oder ziehen einen Schwimmtrainer zu Rate. Diese sind meist selbst ehemalige Schwimmer und trainieren, neben Triathleten, vor allem junge, versierte Schwimmsportler.

Ihre alltägliche Arbeit besteht darin, den jungen Athleten Trainingsprogramme anzuweisen und kleine feine Techniktipps zu geben. Oftmals geht es aber nur ums Durchgeben von Abgangszeiten oder die Kontrolle der Schwimmpace.

Ich selber war lange Zeit Teil so einer Schwimmgruppe. Mit 6 Jahren erlernte ich das Schwimmen und wechselte erst zum Triathlon als ich 19 war. Unser damaliger Coach war zeitgleich auch Trainer der Triathleten. Weltklasse Profis und Hobby-Triathleten schwammen teilweise auf benachbarten Bahnen. Die Trainingsprogramme waren jedoch exakt die selben, wie von den Schwimmspezialisten über 400 und 1.500 Meter. Der Schwimmtrainer versuchte also, den Triathleten das Gleiche zu vermitteln wie uns Schwimmern.

Unterschied Schwimmen vs. Schwimmen im Triathlon

Ein Teil des Trainings war das Technikprogramm. Dieses war eher eigenverantwortlich und wir Schwimmer hatten wenig Probleme, es sauber durchzuführen. Der Trainer mühte sich zeitgleich mit den Triathleten und den gleichen Übungen ab. Meist aber waren diese bereits durch vorherige Einheiten ermüdet und technisch weniger versiert. Sie bekamen die Übungen schlicht und ergreifend nicht sauber hin und hatten auch generell im Schwimmen das Nachsehen. Wo es bei uns um Nuancen in der Technik ging, hatten sie Probleme überhaupt eine einigermaßen saubere Technik zu schwimmen.

Nach vielen Jahren schaue ich ab und an immer noch in dieser Gruppe vorbei. Eigentlich ist es immer noch wie damals: Die Schwimmstile sind nach wie vor nahezu unverändert und die Triathleten hecheln den Schwimmern mit sehr viel Abstand hinterher.

Die Bedürfnisse kennen

Warum hat es bei so vielen Athleten trotz Schwimmtrainer nicht geklappt sich weiter zu entwickeln? Wahrscheinlich weil Triathleten keine Schwimmer sind und deshalb auch nicht so trainieren sollten.

Schwimmer haben Wassergefühl, eine extreme Flexibilität und trainieren viele Stunden die Woche im Wasser und müssen zudem nicht auch noch Laufen oder Radfahren. Ihre Bewegungsmuster sind in jungen Jahren schon sehr gut geschult worden, um das Wasser zu fühlen und darin entspannt voran zu kommen. Sie können sich beim Schwimmen auf Details fokussieren, ohne bewusst darüber nachzudenken.

Triathleten kämpfen im Gegensatz dazu mit Reflexen wie etwa dem Kopfstellreflex oder dem Tauchreflex oder beidem, haben Probleme mit dem Austarieren ihres Körpers und können mit dem Begriff „Wassergefühl“ nur wenig anfangen. Im Wasser sieht es aus, als ob sie sich nach vorne prügeln, statt entspannt dahin zu gleiten.

Mit einem Schwimmtrainer bei Triathleten verhält es sich, als ob ein Formel 1-Mechaniker ein Motorrad reparieren soll. Vieles scheint ähnlich und doch ist es grundverschieden. Das Training kann gut gehen, aber häufig geht es schief.

Triathlon-Trainer statt Schwimmtrainer

Daher sollten schwimmschwache Triathleten eher vermeiden in Schwimmgruppen mit reinen Schwimmtrainern zu trainieren. Sinnvoll sind eher Trainer, die um die Bedürfnisse von Triathleten Bescheid wissen, also Triathlon-Trainer! Gerne auch diese, die selber keinen Schwimmbackground haben und das Schwimmen selber erst lernen mussten.

Solche Trainer setzen Dinge wie Körperwahrnehmung oder Beweglichkeit nicht voraus oder überfordern euch mit zu vielen Technikdetails. Sie können euch aber Wege aufzeigen, dass ihr im Triathlon-Wettkampf entspannt aus dem Wasser kommt. Ihr bekommt eine konkrete Orientierung und keine illusorischen Technikziele, um euch zu verbessern.

Es empfiehlt sich dabei eher in Kleingruppen mit gleich starken Athleten zu trainieren. So seid ihr motiviert und könnt euch gegenseitig supporten. Verbringt zudem viel Zeit im Wasser und lernt das Schwimmen lieben. Statt Videos von Profi-Schwimmern bei YouTube anzuschauen, nehmt euch selber auf und schaut, was ihr grundlegend falsch macht.

Dabei ist es anfangs nicht wichtig, wie der Arm unter oder über Wasser angelegt wird, ob ihr einen 2er oder 6er Beinschlag macht, die Finger zusammen oder leicht auseinander sind oder ob ihr ins Wasser durch die Nase oder Mund stoßweise oder gleichmäßig ausatmet.

Versucht stattdessen die Basics richtig zu machen:

  • • Entspannt euch
    • Balanciert euch waagerecht aus und streckt den Körper
    • Atmet auf die Schulter
    • Macht euch lang, indem ihr Arme und Beine streckt
    • Führt den Armzug möglichst lang und gerade unterhalb des Körpers durch

Ihr werdet bald merken, wie Schwimmen immer mehr Spaß macht und ihr entspannt durchs Wasser gleitet. Viel Erfolg dabei! Und wenn ihr noch mehr Schwimmtipps braucht, dann schaut gerne auf meinem Instagram-Account „Dein Schwimmcoach“ vorbei. Dort teile ich regelmäßig mein Wissen mit der Community!

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4 Kommentare

  1. Schöner Artikel! Bitte mehr zum Thema Schwimmen. Auch gerne was für wirklich richtige Anfänger… bzw. Leute die mit schwimmen beginnen wollen.

  2. So wahr! Ich habe vor zwei Jahren angefangen und kotze heute immer noch schon nach dem Aufwärmprogramm.

  3. Oh jee – auch nach vielen Triathlon Jahren finde ich mich in Johanns Artikel gut (oder eben nicht gut ..) wiedergegeben – leider. Ich schwimme seit Jahren allein und stagniere logischer weise – allerdings macht mir das Schwimmen im Training Spass – coronabedingt erst 2X im Fühlinger See dieses Jahr- und direkt einmal Ärger mit den Ruderern .. Gruss aus Köln

  4. das ist leider der Unterschied zum Radeln oder Laufen. Schwimmen ist leider viel mehr von einer guten Ausführung abhängig als Laufen oder Radfahren.
    Wer den Arm in der Zug und Druckphase sehr falsch hält oder die Füsse 90 Grad ins Wasser stellt wird mit noch so viel Kraft nicht schnell schwimmen.

    Wenn es mir der Trainer nicht beibringt muss ich selbst schauen, wie ich meine technischen Defizite erkenne und abstelle. Sicher muss man nicht wie Phelps im Wasser liegen und schwimmen. Aber der Arte Film „Im Körper der Topatleten“ war für mich eine Offenbarung.
    Und dann muss ich selbst schauen was ich draus mache.
    Ein zweiter, wenn auch schrecklicher, „Erweckungsmoment“ war meine erste und zweite Unterwasser Video Aufnahme. Freundlicher Komentar von Holger Lünnig, „Immerhin da ist viel Verbesserungspotential. Ich muss heute noch schmunzeln wenn ich daran denke.
    Ich bin bestimmt kein guter Schwimmer, aber immerhin fühlt es sich gut an und ich mache es gerne.

    Danke für den Artikel. Den Basics stimme ich 100% zu.
    Wolfgang