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In der Triathlon-Krise: Ist man auch ohne Wettkampfpläne noch Triathletin oder Triathlet?

27. März 2023


triathlon krise

„Weiter, immer weiter!“ lautet das gängige Motto im Triathlon. Grundsätzlich gut. Aber was, wenn man sich irgendwie nicht nach „Weiter“ fühlt – weil die (realistischen) Ziele fehlen? Wie hält man in Krisenzeiten die Liebe zum Sport frisch? Und ist man auch Triathletin oder Triathlet, wenn man mal keine konkreten Race-Pläne hat?

Rückschau: Die letzten drei Jahre waren verrückt. Wenn ich heute darüber nachdenke, wie meine persönliche Triathlonreise als Thirty-Something losging und verlief, muss ich mich manchmal kneifen. Aus dem Nichts angefangen, ein paar Olympische und zwei Mitteldistanzen ins Ziel gebracht und irgendwie in die ganze Nummer reingerutscht – Triathlon, du hast mein Herz im Sturm erobert.

Dennoch: Jetzt, im verflixten vierten Jahr, scheint es, als sei die Luft raus. Wir stecken in der ersten Krise, unsere Beziehung hat sich verändert. Frage in die Runde: Ist es normal, dass man nach ein paar Jahren des ständigen Weiters plötzlich in diesen Zustand gerät? Geht es anderen Triathletinnen und Triathleten da draußen, die das Ganze schon seit Jahren machen, eigentlich auch ab und an so? Dass es Saisons gibt, in denen man es ruhiger oder eben gar nicht angehen lässt? Und wie zündet man das alte Triathlon-Feuer wieder an?

Die Liebe zum Triathlon – letztes oder neues Kapitel?

Wie der Triathlon und ich in diese Beziehungskrise gerutscht sind, ist schnell skizziert: Als ich anfing, mit dem Triathlon zu flirten, war alles neu, aufregend und unwahrscheinlich. Eine fabelhafte Eigenschaft dieses wahnsinnig attraktiven Sports zeigte sich schnell: Wenn man klein anfängt, kann man sich im Triathlon gut weiterentwickeln und ständig neu (heraus-)fordern. Das lässt die ganze Nummer ziemlich lang ziemlich spannend bleiben.

Sicher, ich musste coronabedingt gut eineinhalb Jahre bis zum ersten Höhepunkt, meinem ersten Triathlon (OD), warten. Aber bis dahin war das Ziel sehr klar. Schon bevor ich es überhaupt erreicht hatte, wusste ich, dass ich danach noch einen Schritt weitergehen könnte – und meldete mich für die erste Mitteldistanz an. Es folgte Nummer eins, Nummer zwei und die Erkenntnis: Langdistanz wäre für die nächsten Saisons logisch, aber in puncto Leistungsfähigkeit und Zeitkapazitäten fürs Training völlig unmöglich. Bis hierhin und nicht weiter. Ende der Geschichte. Oder war das bloß das Ende von Kapitel eins?

Triathletin oder Triathlet bist du, wenn …

Zur Wahrheit gehört: Für 2023 habe ich zum ersten Mal seit Jahren bislang kein einziges Rennen gemeldet (Stand: März) – und meine Trainingsstunden „so far“ lassen sich an einer Hand abzählen. Und, nein, auch einen langfristigen X-Jahres-Plan gibt es nicht. Vor allem, weil es in den letzten Monaten eben einfach Wichtigeres gab, als zu trainieren. Unter anderem: Leben. Und das war so fordernd, dass Triathlon oder zumindest das eigene Training plötzlich nichtig wirkte. Es gab Größeres, Existenzielleres. Und jetzt bin ich auf ganzer Linie ziellos. Habe ich also überhaupt noch das Recht, mich Triathletin zu nennen?

Fakt ist: In kaum einer Sportart definiert man sich so schnell über Startplätze. „Und wo startest du in diesem Jahr?“ ist die obligatorische Frage im Gespräch mit anderen Triathletinnen und Triathleten. Je nach Antwort entsteht schnell ein Bild des Gegenübers:

„Ich starte beim Challenge Roth!“ -> Krasser Typ!
„Ich starte beim Ironman Frankfurt!“ -> Hat Hawaii im Blick!
„Ich starte beim Stadttriathlon Erding!“ -> Ist gerne an der Basis!
„Ich starte beim Allgäu Triathlon!“ -> Kennt die Szene und weiß, was gut ist!

Aber wer ist man eigentlich noch, wenn man in einem Jahr darauf keine oder bloß eine schwammige Antwort hat?

Schluss mit dem After-Race-Blues!

Und während ich so darüber nachdenke, … bemerke ich, dass ich in derselben Zeit sicher die eine oder andere qualitativ hochwertige Trainingseinheit hätte absolvieren können. Vielleicht ist das alles also keine Beziehungs- oder Identitäts-, sondern vielmehr ein Trainingskrise. Ich muss mir selbst erst einmal wieder beibringen, was die „beauty of triathlon training“ eben auch ist: ein Glückshormon-Booster, der tatsächlich für einen klaren Kopf und dadurch quasi von selbst für Motivation sorgt. Weiß ich doch aus eigener Erfahrung. So what?

„Get! Shit! Done!“ – tippe ich und nehme den Trainingsvorschlag aus meinem nach wie vor still vor sich hinlaufenden Trainingsplan an. Einfach mal machen, könnte gut werden.

In diesem Sinne: Bin dann mal laufen!

Auf bald,
Lena

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6 Kommentare

  1. Hab im gleichen Jahr wie du meinen ersten Triathlon gemacht, aber danach ist irgendwie das Leben passiert. Studium, Job, Krankheit inkl. OP, Auslandssemester, alles hat zu sehr unregelmäßigen Trainingseinheiten geführt und eben auch dazu, dass ich dieses Jahr zu keinem einzigen Rennen gemeldet bin
    Aber die Liebe is trotzdem ungebrochen, ich verschlinge Triathloncontent und kann es kaum erwarten. 2024 findet man mich wieder an der Startlinie und bis dahin genieße ich mein Training und lauf manchmal zu viel oder gehe nicht schwimmen, weil ich einfach mehr Lust hab in der Sonne zu sitzen 😀
    Triathlet:innen sind wir trotzdem 😉

  2. Liebe Luisa,

    I feel you! Und ganz ehrlich: Diese gewisse Lockerheit dann auch in solchen Phasen genießen zu können, ist auch einfach was Feines – danach macht auch alles Strukturierte wieder Spaß.

    In diesem Sinne: See you at the finishline! 🙂

    Liebe Grüße
    Lena

  3. Liebe Lena,
    es scheint, als ziehst du dir erneut einen ziemlich schweren Rucksack auf, unbegründet.
    Das Feuer für Triathlon kann auch ohne Wettkampf in dir brennen, selbst ohne Training.
    Gerade in der Triathlon-Szene bin ich sehr selten auf Vorurteile gestoßen. Man helft sich, freut sich miteinander, tausch sich aus…
    Du kannst dich ganz frei dafür entscheiden, ob du einfach Teil der Szene sein möchtest, mit oder ohne Wettkampf. Das ändert nichts an deiner Definition als Type.

  4. Lieber Sven,

    schön zu lesen, wie du unsere Szene beschreibst! Kann ich zu 100 Prozent zustimmen. Aber keine Sorge: Der Rucksack ist gar nicht schwer. 🙂 Ist tatsächlich einfach mal wieder eine Feststellung, wie sehr man sich selbst über Wettkämpfe definiert – und genau das wollte ich teilen, weil ich glaube, dass das vielleicht bei dem einen oder anderen auch unbegründeten Druck auslöst. Und der muss nicht sein, denn darüber verliert man nicht selten den Blick fürs Wesentliche, nämlich den grundsätzlichen Spaß am Sport. 🙂

    In diesem Sinne: Lass mal alle weiterhin den Triathlon feiern – macht Bock! 🙂

    Liebe Grüße
    Lena

  5. Liebe Lena,
    meinem Trainer habe ich bereits mitgeteilt, dass unsere Zusammenarbeit spätestens im Oktober enden wird.
    Mich hat das selbe Thema erfasst. Aktuell bereite ich mich auf Frankfurt vor und zur Zeit habe ich eher einen mentalen Tiefpunkt erreicht.
    Der Plan für nächstes Jahr wird sein, keinen Plan zu haben. Ein Triathlon-Sabbatical quasi.
    Meiner Meinung nach, sollte man das Ganze entspannter sehen. Es ist unser Hobby und die meisten verdienen kein Geld damit.

  6. Triathlon ist Spaß an körperlicher Ertüchtigung, Freude an Bewegung und dient vor allem der Steigerung von Lebensqualität. In meinen Augen kann man Triathlet sein, ohne jemals einen Wettkampf bestritten zu haben.