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Krafttraining: Gibt es das perfekte Workout für Triathleten?

10. Februar 2022


Krafttraining Triathlon

Dass Triathlon der beste Outdoor-Sport der Welt ist, wissen wir ja. Als Triathlet könnte man sich im Fitnessstudio also irgendwie als Exot fühlen. Dennoch: Krafttraining an und mit Geräten sollte regelmäßig auf dem Plan stehen. Aber welches Workout bringt’s wirklich?

Dass das Triathlon-Training nur aus Schwimmen, Radfahren, Laufen besteht, gilt längst als überholt. Bis zur Startlinie des gewählten Wettkampfes gehört mehr dazu – unter anderem regelmäßiges Krafttraining. Auch mit Geräten. Aber mit welchen? Reichen Kleingeräte wie Kurzhanteln oder muss es gleich die Butterfly-Presse sein, die man vermutlich eher im Fitnessstudio als im Homegym herumstehen hat? Und gibt es eigentlich so etwas wie ein „perfektes Workout“ für Triathleten?

Krafttraining im Triathlon: Wie die Profis, so die Agegrouper?

Es sind nicht nur Fragen wie diese, vor denen sich Triathleten beim Thema Krafttraining wiederfinden. Hinzu gesellt sich das Thema Effizienz. Die Zeit ist gerade bei Agegroupern knapp bemessen und muss sinnvoll eingesetzt werden. Viel ins Kraftpaket- und Muskelprotz-Dasein zu investieren, wirkt zunächst weniger zielführend, als sich mit Dauerläufen zum obligatorisch schnittigen Ausdauersportler auszubilden. Aber Krafttraining kann und sollte so viel mehr sein, wie auch Coach Philipp Seipp betont: „In meinen Augen ist Krafttraining bei Triathleten eine Vehikel-Sportart: Sie soll dazu führen, dass man in der Zielsportart eine größere Balance aufweist und die Bewegung mit größtmöglicher Qualität ausführen kann.“

Seipp setzt nicht nur bei seinen Profis aus der gleichnamigen Squad (u.a. Laura Philipp und Sebastian Kienle) auf Krafttraining. Auch bei dem von ihm gegründeten Agegrouper-Trainingsangebot KickAssSports gehört Krafttraining zur Grundausstattung im Trainingsplan. „Eine Erfahrung, die ich bei fast allen Ausdauersportlern gemacht habe: Bei denjenigen, die beispielsweise in der Ansteuerung der hinteren Kette Schwierigkeiten oder zu viel Spannung auf der Frontalkette haben, können gewisse Übungen Sinn ergeben“, sagt der Trainer, dem die Profis vertrauen. Er konkretisiert: „Hier möchte ich die Trainingsmuster mit dem Thema PNF ansprechen: Stabilitätsübungen, die genau in diesen Ketten funktionieren. Damit haben wir große Erfolge erzielt. Da sollte das Training mindestens zwei-, besser dreimal pro Woche stattfinden.“

  • Exkurs: Was ist PNF?

  • PNF ist die Abkürzung für Propriozeptive Neuromuskuläre Fazilitation. Die Methode kombiniert Flexibilität sowie eine Verbesserung des Bewegungsradius‘ mit Kräftigung. Klingt gut, allerdings: Bei PNF kommt es umso mehr auf eine gekonnte Ausführung an. Während statisches Stretching als Einstieg gilt, ist PNF also anspruchsvoller. Unterschieden wird die Methode in drei Klassen: Bei der Contract-Relax-Methode wird der anzuprechende Muskel angespannt, gehalten, dann entspannt und gedehnt, bei der Antagonist-Contract-Methode der Gegenspieler-Muskel, bei der Contract-Relax-Antagonist-Contract-Methode wird beides kombiniert. Wichtig ist, dass die Methode gezielt für die Muskelkräftigung und auch nicht bei allen Muskelgruppen eingesetzt wird.

Pushen für die Ausdauer: Immer nur Stabilität statt Hypertrophie?

Also alles für die langen, langsamen, ausdauernden Muskelfasern (Typ 1), nichts für die kurzen, schnellen und kraftvollen Muskelfasern (Typ 2)? So einfach ist das leider nicht, wie auch Seipp erläutert: „Eine Ausdauerleistung ist immer auch eine Kraftleistung – das Treten des Radpedals, der Armzug im Wasser. Wenn die Ketten wirklich interagieren und zusammen funktionieren, kann auch die Herz-Kreislauf-Systemleistung in die Peripherie gebracht und das wiederum in Vortrieb umgewandelt werden.“ Anders ausgedrückt: „Eine gute Anwendung im Bauch-Rumpf-Rücken-Bereich sorgt dafür, dass ich die Power, die mein Herz-Kreislauf-System erbringen kann, auch auf dem Pedal, der Straße, im Wasser landet.“

Krafttraining muss dennoch gerade im Langdistanz-Training gezielt statt uferlos eingesetzt werden. Am Beispiel von Lauras Trainingsplanaufbau macht ihr Coach deutlich, was das bedeutet: „Über den Winter versuchen wir immer, eine gute Basis zu schaffen, die uns über das Jahr trägt. In den entsprechenden Phasen wird diese Basis dann ausgebaut. Krafttraining steht immer in Konkurrenz oder Opposition zu einer extrem niedrigen Laktatbildungsrate, die für einen Ironman eben zuträglich ist. Aus diesem Grund versuche ich, das mit Blick auf die großen Ironman-Rennen langsam abzubauen.“

Krafttraining Triathleten Laura

Klein- und Großgeräte für das Triathlon-Krafttraining

Nichtsdestotrotz: Gerade für die Ökonomisierung der Bewegungen im Triathlon ist auch Krafttraining mit Widerstand (Gewichte/Geräte) entsprechend relevant – wenn auch nicht im Sinne von klassischem Maximalkrafttraining. Das Ziel lautet vielmehr: gezielte Reize zu setzen und besagte Ketten zu stärken. „Fast immer kann man aus gewissen Fehlmustern auf nicht-funktionierende Ketten schließen – und diese Ketten dann entsprechend trainieren. Dadurch werden Bewegungsmuster verbessert: Eine besser gestreckte Hüfte bringt auch für einen Halbmarathon entsprechende Effekte.“

Bleibt eigentlich nur noch die Frage nach der Ausstattung. Wird’s Zeit für das Geräte-Investment in der Pain Cave? „Niemand braucht zu Hause eine Gym-Ausstattung – außer er ist Profi. Kleingeräte hingegen können sich lohnen: ein Terraband, ein Flossingband, ein paar Gummi-Loops,  ein Besenstiel. Dann habt ihr schon mal die Basisausstattung, mit der ihr sehr viel machen könnt.“ Philipps Empfehlung ist ganz klar, lieber in eine vernünftige PNF-Ausbildung zu investieren, um zu Hause eine effektive Stabi-Einheit durchführen zu können. Wenn es doch das Homegym werden soll, seien Gewichtsscheiben und eine Olympia-Langhantelstange eventuell eine gute Anschaffung, so der Coach. Kurzhanteln und eine Bank können ebenso ein guter Kompromiss für den Anfang sein.

  • Exkurs zu zyklusgerechtem Krafttraining: Müssen Frauen anders trainieren als Männer?

  • Wer sich mit dem Thema Krafttraining beschäftigt, stößt vermutlich bald auf den Slogan „Women are not small men!“, der auf die Initiative von Dr. Stacy Sims zurückgeht. Sie sorgte mit ihrem Grundlagen-Werk rund um die Relevanz von zyklusorientiertem Training für viel Aufklärung und sensibilisierte dafür, dass Frauen ein anderes Training brauchen. Auch Seipp steht dafür ein, dass einiges beachtet werden muss: „Einerseits haben Frauen relativ dominante Frontalketten, sodass es noch mehr darauf ankommt, auf die rückseitige Kette zu achten. Es kommt noch einmal mehr auf eine ausbalancierte Stabilität in der Hüfte und im Rumpf an. Vor allem in der ersten Zyklushälfte empfiehlt es sich, mit höheren Lasten zu arbeiten, also mit einem ‚funktionellen Maximalkrafttraining‘.“
  • Dazu empfiehlt er Setups mit wenigen Wiederholungen (z. B. 5-4-3), wobei es nicht um Maximalkrafttraining mit Muskelaufbau gehe. „Wichtig ist, dass mit freien Gewichten und somit im Komplexsystem gearbeitet wird. Das hat sich bewährt.“ Auch bei PMS-Beschwerden habe er gute Erfahrungen mit Krafttraining gemacht: „Übungen mit eigenem Körpergewicht sind vor allem zum Ende der zweiten Hälfte empfehlenswert.“

Welches Workout bringt‘s für Triathleten?

Fazit: Wir müssen ran. Aber wie? Auf Nachfrage bei Philipp gibt es tatsächlich so etwas wie eine Workout-Empfehlung – wenngleich er bereits eingangs betont, dass ein Workout möglichst individuell mit Blick auf den Bedarf des Athleten ergänzt werden kann und sollte. Dazu kann es sich übrigens auch lohnen, einen Trainer „live und in Farbe“ auf die Übungsausführung schauen zu lassen. Bei Online-Programmen, wie sie auch KickAssSports bietet, liegt der Fokus im ersten Schritt auf der Ausbildung eines „funktionierenden Grundgerüsts“, wie es Philipp nennt. Dazu schlägt er folgenden Workout-Aufbau vor:

  1. Warm-up:

    20 – 25 Minuten Stabilitätsübungen im PNF-Muster (Warm-up)

  2. Main-Set:

    3 – 4 große Übungen (Beispiel-Setup: 3 x 12-15 Wiederholungen)

    Hip-Thrust (Hüftstöße)
    Ausführung: Start im Liegen, Beine werden angestellt zu Brückenform, Po und unterer Rücken werden vom Boden abgehoben und Richtung Decke gestoßen
    Erweiterung: Mit Langhantel (Gewicht) oder Hocker (Absenken/Aufrichten schwieriger)
    Training: Core, Po-Muskulatur, Oberschenkelrückseite

    Deadlift (Kreuzheben)
    Ausführung: Langhantel wird mit Start in der Kniebeuge vom Schienbein aus durch Aufrichten des Körpers bis auf Hüfthöhe gehoben
    Erweiterung: Mit Langhantel oder Kurzhantel (Kipp-Version des Deadlift: Vorkippen des Oberkörpers)
    Training: Oberschenkel, Nacken, Rumpf v. a. unterer Rücken

    Snatch (Reißen) oder Push Press (Drücken)
    Ausführung: Kraftvolles Heben der Langhantel bis über den Kopf, dazu Squat/Kniebeuge-Bewegung als Variation möglich; Drücken der Langhantel aus Schulterhöhe über den Kopf
    Erweiterung: Snatch auch mit Kettlebell möglich
    Training: Schultern, Oberschenkel, unterer Rücken, Po; Push Press: Delta-Muskeln u.v.m.

    Liegestütze oder Klimmzüge
    Ausführung: Absenken des Körpers aus der Planke heraus; Ziehen des Oberkörpers über Klimmzug-Stange
    Training: Schulter,  Sonder-Variationen mit Fokus auf Trizeps möglich

  3. Explosive Upgrade

    Erweiterung des Main-Sets um einzelne Übungen je nach Bedarf
    Option: Plyometrische Übungen (Schnellkraft)
    Seilspringen
    Boxjumps

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2 Kommentare

  1. Bei denjenigen, die beispielsweise in der Ansteuerung der hinteren Kette Schwierigkeiten oder zu viel Spannung auf der Frontalkette haben, können gewisse Übungen Sinn ergeben“. Mir fehlt leider das Wissen was die hintere und die Frontalkette ist