Best of Bocki #55 – Noch 5 Tage bis zum Marathon: Ein Spaßlauf
22. April 2020
Eine Mission. Das ist es, was in den letzten Wochen gefehlt hat! Während ich Anfang Dezember mit einem sportlich ambitionierten Ziel in die Marathonvorbereitung gestartet bin, sind mir ab der ersten Märzwoche die Felle davon geschwommen. Der Weg zum Marathon war ein Irrlauf, der am Sonntag auf die letzte Etappe über 42,195 Kilometer einbiegt. Allerdings gab es kurz vor dem Finale noch eine entscheidende Kehrtwende.
Ich glaube, es gibt ihn. Den kleinen, aber feinen Unterschied beim Laufen – und dieser liegt in der Herangehensweise. Auf der einen Seite kann ich topfit sein, 100 Prozent motiviert und gewillt sein, wirklich alles richtig machen zu wollen. Diese Voraussetzungen sind vermutlich nötig, wenn ich mich auf die Jagd nach einer persönlichen Bestzeit mache oder ein anspruchsvolles Ziel erreichen will.
Dann gibt es aber auch die andere Seite. Wenn ich laufe und dabei das Erlebnis über das Ergebnis stelle. Vielleicht ist das eine emotionalere Art des Laufens, bei der es mehr um Gefühl und Spaß geht, weniger um Top-Leistung. Ich möchte damit nicht sagen, dass sportliche Leistung konträr zum Spaß am Sport steht. Nur glaube ich, dass es einen Punkt gibt, an dem sich die Wege von Läufern trennen.
Das Marathonziel: Von Top zu Flop?
Als ich im Dezember ins Lauftraining eingestiegen bin, hätte ich mich ohne zu zögern der ersten Gruppe zugeordnet. Mir war alles wichtig! Ich habe zu Beginn die Ernährung umgestellt, ihr erinnert euch vielleicht an die Beiträge zum intermittierenden Fasten.
Ich habe akribisch den Trainingsplan erfüllt, mich zu langsamen LIT-Läufen gezwungen (die mir keine Freude bereitet haben) und harte HIT-Sessions geballert (die auch nicht zu meinen Lieblingseinheiten zählen). Ich habe Lauf-ABC gemacht, Stabi- und Athletik, Physio und was nicht alles.
Ich wollte alles richtig machen und die Entwicklung von Form und Fitness hat bestätigt, dass es sich lohnt manche Dinge wider Willen durchzuziehen.
Hat sich gut angefühlt! Natürlich. Wenn Du etwas tust, das besonders zäh ist, wo Du dich durch kämpfen musst und das vielleicht sogar entgegen Deiner eigentlichen Lust – und Du dann Bestätigung und Fortschritt erfährst, dann ist das ein ganz besonderes und spezielles Gefühl. Schwer zu beschreiben irgendwie.
Es ist auch nicht unbedingt ein Gefühl, sondern mehr eine Erkenntnis: „Ach, okay! Es lohnt sich ja wirklich, wenn ich meine Spaß- und Komfortzone verlasse, den Arsch zusammenkneife und tue was nötig ist, um meinem Ziel näher zu kommen…“ Ihr wisst was ich meine.
Von Erleuchtung zu sprechen, wäre zu hoch gegriffen. Bei Zeiten möchte ich das aber nochmal mit genau diesem Drive angehen und schauen, worin das dann bei einem Rennen gipfeln kann. Wie ihr sicher nicht jetzt erst merkt, habe ich nämlich auf dem Weg zum Marathon an irgendeinem Punkt eine andere Abbiegung genommen und die Absage des geplanten Marathons hat dann ihr übriges getan.
Mein sportliches Ziel und meine Ambitionen sind mir aus den Händen geglitten. Und mit ihnen auch die Konsequenz, die Disziplin und das Durchhaltevermögen, was nötig gewesen wäre, um realistisch dazu in der Lage zu sein den Marathon in 2:40 Stunden oder schneller zu rennen.
Durch die Larifari-Einstellung in Sachen Marathonlauf, die mich in den letzten sechs Wochen begleitet hat, würde ich mir keinen Gefallen tun, wenn ich auf Teufel komm‘ raus an meinem Ziel festhalte, das ich mir vor fünf Monaten gesteckt habe. Um ehrlich zu sein fühlt sich das im ersten Moment bereits wie eine kleine Niederlage an und fast so, als müsste ich mir eingestehen, dass ich in den letzten Wochen den Weg des leichtesten Widerstands gegangen bin.
Im zweiten Moment wäre ich aber schön bescheuert, wenn ich mir durch falschen Stolz und Ehrgeiz den Spaß nehmen lassen würde. Denn was wäre die Option, wenn ich mich von der ersten Erkenntnis leiten lassen würde? Richtig, ich bräuchte am Sonntag gar nicht erst loslaufen. Das Ziel mag der Marathon in einer – für mich – schnellen und anspruchsvollen Zeit gewesen sein. Die Mission jedoch muss sein, dass ich dadurch nicht den Spaß und die Freude verliere.
Irgendwann letzte Woche hat sich diese Denkweise bei mir breit gemacht und im Podcast, den ich gestern mit Nick und Dr. Zeller von der Triathlon Crew aufgenommen habe, hat Nick es nochmal wunderbar in Worte gefasst: „Es ist doch eigentlich scheißegal wie schnell Du läufst. Hauptsache Du kannst nachher sagen, dass es ein geiler Sporttag war.“
Das Beste kommt zum Schluss?
Mich von einem ursprünglichen Ziel loszusagen fällt mir unglaublich schwer. Aber die Vorfreude auf Sonntag, auf den Marathon und auf die Aktion an sich überwiegt und stellt mein Ego weit in den Schatten. Meistens ergeben die Dinge erst am Ende einen Sinn. Und vielleicht war dieses Marathon-Projekt genau dafür da, um zu erkennen, dass man manchmal – gewollt oder ungewollt – vom geplanten Weg abkommt und trotzdem die Chance hat etwas anderes daraus zu formen.
Bei mir wird es nun also ein Marathonlauf unter der Prämisse „Spaß haben“! Umso gespannter bin ich, was am Ende dabei rauskommt und wofür das Training dann reichen wird. In Social Distance wird Nick übrigens mit der Kamera dabei sein, Chris kommt zum Fotos machen und wir werden es sicherlich auch hinbekommen via Instagram ein paar Updates während des Laufs rauszuhauen. Wenn ihr also vorbeischauen wollt, ich würde mich freuen!
Haut rein! Und wir hören uns nächste Woche mit dem Erfahrungsbericht.
Euer Bocki
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Hey Niclas! Ich denke, jetzt bis Du genau am richtigen Punkt für diese ungewöhnliche Zeit angekommen, denn bei allem Ehrgeiz, der uns innewohnt: Ausgangspunkt all unseres sportlichen Strebens ist (oder sollte) der Spaß an der Sache sein. Und aus der philospohischen Sicht: Laufen ist eine der wenigen Dinge in unserer aller Leben, die einen inneren Wert besitzen, also nicht zwingend nur Mittel zum Zweck sind, sondern für sich selbst genommen wertvoll sind. In diesem Sinne: Mache Deinen Sonntag zu einem wertvollen Tag für Dich selbst und schaue weniger auf das Drumherum, sondern in Dich hinein.
Hallo Niclas, eigentlich wollte ich auch am Montag in Düsseldorf laufen. Nicht so schnell wie du. Für mich ist die 4 Stunden Marke schon eine Herausforderung. Wäre aber eigentlich möglich. 2018 war ich schon mal bis auf 2 Minuten dran. 2019 konnte ich wegen Verletzung nur Joggen. 2020 wärs echt drin gewesen. Aaahhrgh. Natürlich lauf ich auch am Montag. Aber Marathon ohne die anderen ist schon schwer. Das zieht schon gewaltig, wenn man am Rhein im Block los läuft. Peng ist man über die Brücke in Oberkassel, der Typ mit Down-Syndrom steht da immer mit seiner Mutter und feuert an, dann kurz vor Vodafone die Japaner. Über die Brücke zurück, über die Kö. Da hat mich 2017 so ne Tante im Reifrock und Sonnenschirm überholt :-((. Ab der Graf-Recke wirds dann anstrengend. Aber dann gibts immer wieder Bands und Anfeuerungen. Das alles wird mir fehlen. Aber Sonntag laufe ich und zwar im race pace!
Hau rein.
Hi Bocki… ich kanns soo gut verstehen.. ( nochmal ich weiss es ist alles Mist mit der Corona Situation und wir jammern alle auf hohen Niveau ) aber mental is das schon nen sportliches Sch… jahr.
Hoffnungen platzen am Fliessband.. Bei mir erst die MD Erlangen. Chiemsee steht „noch“ verdächtig ruhig.. und vor ein paar Tagen bei mir der einzige Hoffnungsschimmer der Berlinmarathon, bei den Mann mal Losglück hatte, auch zerplatzt..
Meine Gedanken gehen an alle die dieses Jahr in ner Ironmanvorbereitung steckten.. Alles Mist. Für Veranstalter und für uns Athleten. Ich werde sicher weiter trainieren und mal schaun das ich im September eine Form habe die mir erlaubt kurzfristig wenigstens einen Marathon zu laufen.. im Notfall einen kleinen oder ich mache es so wie Du.. Ich wünsche Dir viel Glück am Wochenende und die Motivation wenigstens ein bischen Spass zu haben.. Ich werden im Herbst dann folgen..auch wenn es zum ersten mal nach zwanzig Jahren keine Urkunde zum abheften gibt, wird es wohl eines der fordernsten Trainigsjahre ever gewesen sein. Sollte es nächstes Jahr mal am Tag der 90km Ausfahrt regnen, werde ich dann hoffentlich nicht winseln, sondern nur froh sein auf einen sicher stattfindenden Wettkampf trainieren zu dürfen. Ich freu mich drauf.. 🙂