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Der Lockruf des Geldes: Wie viel Idealismus steckt hinter der PTO?

04. Februar 2020


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Vor ein paar Tagen war ordentlich Musik im Triathlonprofi-Zirkus: Die Professional Triathletes Organisation (PTO) hat sich neu aufgestellt. „Mal wieder“ könnte man fast sagen. Nach anfänglicher Euphorie – die vor allem durch üppige Geldsummen ausgelöst wurde – habe ich versucht mehr über Sinn und Zweck der PTO herauszufinden und zu verstehen. Denn: Warum soll jetzt etwas klappen, das in den Jahren seit 2014 bereits wiederholt gescheitert ist? Ein Blick auf die Geschichte, Hintergründe und die neuen Chancen der Triathlonprofi-Gewerkschaft.

Als sich vor ein paar Wochen so gut wie alle Profi-Athleten öffentlich als PTO-Member vorgestellt haben, konnte man sich vor überschwänglicher Euphorie kaum retten. Eine Sache ist bei dem ganzen Hype jedoch irgendwie untergegangen: Was macht die PTO eigentlich und wofür ist sie da? Zu all den neuen Mitgliedern gesellte sich nämlich die Meldung zur Premiere des Collins Cups mit einem Rekordpreisgeld in Höhe von zwei Millionen Dollar, die nun endlich beim Challenge The Championship in Samorin stattfinden soll. Das Durcheinander war perfekt.

Alles in allem: Es war ein einziges Kauderwelsch, wie sich die Meldungen plötzlich verbreiteten und vermischten.

Leider kam die PTO mit ihren Absichten etwas kurz und wurde von den prallen Geldsummen, die plötzlich im Netz kursierten, fast in den Schatten gestellt. Schade, wie ich finde, weil es bei der PTO eigentlich um viel mehr geht als nur Geld. Das wird allerdings erst dann klar, wenn man sich mit einigen Athleten auseinandersetzt und nicht zuletzt durch die Kontaktaufnahme zu den Offiziellen der PTO. Aber eins nach dem anderen.

PTO – Professional Triathletes Organisation

Wenn man es nicht besser wüsste, dann könnte man meinen, dass die PTO etwas Neues ist. Ist sie aber nicht. Ende 2014 wurde im Rahmen der Challenge Bahrain, die später zum Ironman 70.3 wurde, bereits ein Zusammenschluss vorgestellt, der sich Professional Triathlon Union – kurz PTU – nannte. Das, was sich dort ankündigte, wurde dann im Juli 2015 offiziell vorgestellt und die PTU präsentierte sich als ein Bündnis von Profi-Triathleten, die gemeinsame Interessen vertreten und durchsetzen sollte.

Die Führungsrolle hatte damals ein englischer Ex-Triathlonprofi, Richard Allen, inne. Und die Liste der Athleten, die sich damals der PTU anschlossen, konnte sich eigentlich sehen lassen. Unter anderem waren dabei: Rachel Joyce, Helle Frederiksen, Mirinda Carfrae, Sebastian Kienle, Pete Jacobs, Dirk Bockel, Dylan McNeice, Tim O’Donnell, James Cunnama und Andi Dreitz.

Öffentlich in Erscheinung getreten ist die PTU allerdings nie.

Bereits ein Jahr später, also 2016 folgte dann die Wachablösung: Aus der PTU wurde die PTO und ein amerikanischer Age Grouper namens Charles Adamo wurde also Geschäftsführer eingesetzt – Adamo ist außerdem eine der wenigen Konstanten von 2016 bis heute, denn er ist immer noch an Bord. Als Vorsitzender der PTO ist er maßgeblich an der Ausrichtung beteiligt und wird dabei besonders tatkräftig von Rachel Joyce und Dylan McNiece unterstützt. Diese beiden wirken ebenfalls von Beginn an an der Entwicklung der PTO mit – Joyce als ehemalige Top-Athletin, McNeice als immer noch aktiver Profi.

2017 gab es außerdem die erste, groß angekündigte Premiere des Collins Cup: Im Rahmen des Challenge Roth sollte das Format ursprünglich zum ersten Mal ausgetragen werden. Aus den Plänen wurde damals aber nichts. Nun soll es Ende Mai, wie erwähnt, beim Challenge The Championship so weit sein.

Lebenszeichen im Oktober 2019: PTO möchte Ironman kaufen

Die Jahre zogen ohne Auftritte oder bemerkenswerte Aktionen der PTO ins Land – bis Oktober letzten Jahres. Kurz vor dem Ironman Hawaii schickte die PTO ein Absichtsschreiben an Ironman. Man wolle das Unternehmen kaufen und es im Sinne des Sports und der Athleten zukünftig selbst weiterführen.

Unterstützung und Zuspruch aus Reihen der Profi-Athleten hielten sich zu diesem Zeitpunkt mindestens in Grenzen. Wirklich nachvollziehbar erschien der Vorstoß der PTO niemandem und wirkte eher wie Effekthascherei. Was seitdem allerdings bleibt, ist der fade Beigeschmack, dass IRONMAN das ausgemachte Feindbild der PTO darstellt.

Nach dem Schreiben an Ironman wurde es relativ schnell wieder ruhig um die PTO. Bis Ende Januar die große Allianz aller Profi-Athleten verkündet wurde. Im ersten Moment fand ich das spannend und interessant.

Im zweiten Moment habe ich mich aber gefragt: Warum? Warum sind plötzlich alle Top-Athleten bei der PTO dabei?

Und leider muss ich sagen, wirkte es so, als wäre es der Lockruf des Geldes. Denn ohne PTO-Mitgliedschaft keine Chance auf eine Teilnahme am Collins Cup – dem erwähnten Zwei-Millionen-Dollar-Preisgeld-Event. Es drehte sich in der Kommunikation rund um die Formierung der PTO auch um nichts anderes, als um den Collins Cup. Kaum ein Athlet hat seine PTO-Mitgliedschaft ohne Bezugnahme auf den Collins Cup bekannt gemacht.

Ich finde es auch gut, dass es den Collins Cup und dieses Preisgeld gibt – das übrigens viel mehr ein Antrittsgeld ist (aber dazu vielleicht an anderer Stelle nochmal mehr). Darüber hinaus soll es außerdem am Ende des Jahres nochmals einen finanziellen Bonus geben, der basierend auf der PTO Weltrangliste an die jeweils 50 bestplatzierten Männer und Frauen ausgeschüttet werden soll.

Also versteht mich nicht falsch: Ich freue mich für jeden, der mit dem Triathlonsport Geld verdienen kann.

Aber sollte das potentielle Geld die Hauptmotivation sein, um bei einer Profigewerkschaft – als welche sich die PTO versteht – dabei zu sein? Aufgrund der plötzlichen Entstehungsgeschichte im Kontext mit dem Collins Cup erschien es nämlich so. Wie viel Idealismus steckt also nun dahinter, wenn sich Frodo und Co. der PTO anschließen?

Die Antwort lautet: Jede Menge! Dafür muss man allerdings ein bisschen um die Ecke denken.

Bisher liest sich dieser Text so, als wäre ich skeptisch gegenüber der PTO und was der ganze Zirkus eigentlich soll. Und ja, ein paar Fragen haben mich definitiv beschäftigt. Ich konnte die rasante Entwicklung nicht wirklich einordnen und nachvollziehen. Allerdings bin ich meinem Verständnis mittlerweile ein ganzes Stück weiter.

Die Chancen der PTO

In der Zwischenzeit habe ich Kontakt mit den Offiziellen der PTO aufgenommen und mich außerdem mit einigen Profis ausgetauscht. Ich habe ihnen offen meine Bedenken und Eindrücke geschildert, habe dann aber auch verstanden, dass die PTO tatsächlich an einem Punkt steht, von wo aus sie nun die Entwicklung des Triathlonsports mitgestalten kann – die entscheidenden Meilensteine liegen aber erst noch vor ihr.

Einer meiner Kritikpunkte war zum Beispiel, dass ich nicht verstanden habe, warum Zibi Slufcik als Vorsitzender der Challenge Family im „Business Board“ der PTO vertreten ist – aber niemand von Ironman dort installiert wurde. Zibi und ich kennen uns und wir verstehen uns gut, es ist auch keinerlei Kritik an ihm. Sondern eher an der Besetzung der PTO. Allerdings gibt es einen guten und relativ einfachen Grund, der mir seitens der PTO mitgeteilt wurde: Bisher hat niemand von Ironman Interesse daran gezeigt, sich in der PTO einzubringen und sich dort an der Gestaltung des Sports zu beteiligen.

Der Weg in die PTO wäre offen, nur kann, darf oder will man bei Ironman nicht mitmachen.

Und wie gesagt, erschien mir die PTO – auch aufgrund ihres Kauf-Vorhabens – wie ein Gegner von Ironman. Wäre das der Fall, dann wäre die PTO meiner Meinung nach bereits gescheitert, bevor sie richtig losgelegt hat. Denn als Profi-Gewerkschaft sollte sie unabhängig sein und in alle Richtung agil bleiben. Es sollten außerdem die Interesse der Sportler – und nur die Interessen der Sportler – im Vordergrund stehen. Aus diesem Grund konnte ich auch nicht verstehen, warum man mit Crankstart Investment einen Geldgeber ins Boot der PTO geholt hat. Man investiert schließlich nur Geld, wenn man die Chance sieht, es vermehrt zurück zu bekommen.

Nachgefragt bei der PTO

Meine Frage an die Offiziellen lautete also: Ist die PTO ein Gegen-Ironman-Instrument? Die Antwort: „Die PTO ist die Schweiz im Weltraum. Wir sind ein neuer Teil der Triathlon-Community und möchten alle anderen Mitglieder unterstützen – von den Rennveranstaltern, über die Verbände bis hin zu den örtlichen Vereinen und Clubs. Wir lieben Ironman und das gesamte Management. Das einzige Problem, das das Management derzeit hat, ist, dass es durch die übermäßig verschuldete Kapitalstruktur von Wanda extrem eingeschränkt wird und all die wunderbaren Dinge, die das IM-Management für den Sport tun möchte, somit verhindert werden.“ 

Ironman ist also nicht per se ein Gegner der PTO. Es ist vielmehr der Status Quo, an dem sich Ironman und der professionelle Triathlonsport befindet, den die PTO verändern möchte.

Durch die extreme Schuldenlast und Zinsen, die Ironman im aktuellen Geschäftsmodell abbauen muss, gibt es keinerlei Möglichkeiten, um Investitionen zu tätigen, die dem Sport oder den Athleten gut tun würden. Und hier sieht sich die PTO nun am Zug: „Die PTO hat sich an Ironman gewandt, um das Geschäft zu übernehmen und unsere Kräfte zu bündeln. Nun haben wir die entsprechenden Kapitalressourcen, um darüber zu sprechen und den Sport gemeinsam weiterzuentwickeln. So lange Ironman diese Gespräche mit uns nicht aufnimmt werden wir unser Hauptaugenmerk auf die Premiere des Collins Cups und ein fantastisches Rennen dort legen.“

Die PTO muss sich beweisen

Im Grund genommen ist die Ironman-Thematik nur eines von vielen Themen, bei dem sich die PTO einbringen kann und muss, wenn sie zukünftig einen gewissen Geltungsgrad im Triathlon einnehmen möchte. Ich denke dabei an Themen, wie den vereinten, pro-aktiven und standardisierten Anti-Doping-Kampf; die Anpassung von Wettkampf-Regeln, wie zum Beispiel eine Anhebung der Windschatten-Box auf 20 Meter in allen Profi-Wettkämpfen; eine nachvollziehbare Struktur zur Einschätzung von Leistung und der Wertigkeiten von Siegen oder Podiumsplatzierungen bei unterschiedlichen Wettkämpfen; und so weiter, und so weiter.

Spannend wird es dann, wenn es zu Situationen kommt, bei denen die PTO beweisen muss, was sie tatsächlich kann. Was wäre bei dem Szenario, wenn Ironman beispielsweise die Preisgelder für den Ironman Hawaii drastisch kürzt oder streicht? Treten dann alle Profis gemeinsam in den Streik?

Das ist natürlich nur eines von vielen Beispielen, aber wie es konkret aussieht, wenn die PTO die gemeinsamen Interessen der Profis tatsächlich vertreten muss, das bleibt noch abzuwarten.

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