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Episode 2: Meinungsdauerbrenner | Windschattenfahren

13. Dezember 2017


Windschattenfahren im Triathlon

Verpönt, verflucht, verteufelt: Das Windschattenfahren. In den Köpfen der Menschen und Athleten ist Triathlon ein Einzelkämpfersport. Doch in den letzten Jahren verwässert vor allem die zweite Disziplin. Die Sportart Triathlon befindet sich mitten in einer Evolutionsphase vom Rand- zum Breitensport. Und die Windschattenthematik ist ein Punkt, an dem sich die Meinungen besonders reiben. Was tun?

Ich finde die Wettkämpfe, bei denen das Windschattenfahren erlaubt ist, hochspannend. Ich stehe auf die Dynamik, die Antritte, die Ausreißversuche und das taktische Geplänkel. Gerade deshalb liebe ich es, zum Beispiel die World Triathlon Series, als Fan am Bildschirm oder Streckenrand zu verfolgen. Oder als Athlet bei unterschiedlichen Liga-Formaten auf der Strecke mittendrin zu sein. Aber wir sind uns alle einig, darum geht es hier nicht.

Es geht um Windschattenfahren, wenn es verboten ist – und das ist nun mal immer noch bei den meisten Triathlons der Fall. Es gibt eine Sportordnung, die das Windschattenfahren verbietet und es gibt Strafen, wenn sich der Athlet nicht daran hält. Und trotzdem kommen immer wieder die gleichen Diskussionen über zu volle Strecken, unfaire Athleten und zu wenig Kampfrichter auf.

Aber mal ehrlich, das Windschattenthema ist kein Problem wegen zu weniger Kampfrichter. Wer das so sieht, der klaut auch, wenn die Polizei nicht neben einem steht. Viel entscheidender sind überlastete Strecken und die Sportler an sich.

Punkt 1 – Zu hohe Teilnehmerzahlen

Es fällt auf, dass eigentlich immer nur bei den richtig großen Triathlon-Events über Windschattenfahren gemeckert wird. Beim Ottobeuren Triathlon im Allgäu sind beispielsweise knapp 500 Triathleten gemeldet – als Einzel- und Staffelstarter auf der Sprint- oder Kurzdistanz. Da gibt es keine Probleme mit Windschatten. Und wenn doch, dann wird laut gebrüllt und mit den Armen gefuchtelt, bis der Lutscher klein beigibt. Die Startgruppen sind nicht größer als 50 Athleten. Wenn sich da einer nicht an die Regeln hält, wird der später mit Mistgabeln durchs Dorf gejagt.

Bei Mittel- oder Lang-Distanzen mit 2.000 oder mehr Teilnehmern ist das anders. Der Wettkampf wird anonymer, als Athlet verschwindet man in der Masse und plötzlich ist das Windschattenfahren unvermeidbar.

Ich glaube den Sportlern, die sagen, sie versuchen fair zu fahren – sei es an der Spitze einer Gruppe oder dahinter. Aber die Wenigsten dürften physisch stark genug sein, um einer Gruppe mit dutzenden anderer Athleten wegzufahren. Oder aber psychisch stark genug, um sich immer und immer wieder von großen Gruppe schlucken zu lassen und dann hinterher zu eiern. Auf manchen Strecken ist es schlicht und ergreifend zu voll. Dafür können aber weder die Athleten etwas, die sich angemeldet haben, noch die Kampfrichter, die der Situation einfach nicht Herr werden. Ich bin mir sehr sicher, dass auf einer Strecke, die viel Platz bietet, ein windschattenfreies Radfahren möglich ist. Aber auch nur dann, wenn die Startgruppen sinnvoll eingeteilt sind und die Startzeiten entsprechend angepasst werden.

Es liegt an den Veranstaltern, die immer mehr Teilnehmer auf die Strecke lassen. Oder – wie man’s nimmt – an der Strecke, die nicht mehr Teilnehmer zulässt. Triathlon ist mittlerweile ein gut bezahltes Business und je mehr Teilnehmer ein Event anlockt, desto höher sind am Ende die Erträge. Leidtragend sind am Ende die Athleten, die sich ein faires Rennen wünschen.

Punkt 2 – Die Athleten

Ich lehne mich mal aus dem Fenster und stelle die Behauptung auf, dass vor sechs bis sieben Jahren das Windschattenthema noch nicht so omnipräsent war wie heute. Das liegt wahrscheinlich auch daran, dass es noch nicht so viele Menschen gab, die Triathlon gemacht haben. Und die Triathleten von damals, sind vermutlich mit einem anderen Werteverständnis „groß“ geworden, als die Sportler, die nun nach und nach dazu kommen.

Damit meine ich, dass es unter den alten Hasen eine Art Ehrenkodex gibt, der besagt, dass auf Teufel komm’ raus nicht gegen manche Dinge verstoßen wird. Windschattenfahren steht auf der Liste, wenn es darum geht, womit man sich bei anderen Athleten richtig unbeliebt macht, sicher ganz weit oben. Und trotzdem ist das Problem in den letzten Jahren immer stärker geworden. Woran liegt das?

Zum einen sicher an den bereits beschriebenen vollen Strecken. Zum anderen aber sicher auch daran, dass nicht nur im Triathlon, sondern in der gesamten Gesellschaft, mittlerweile eine Haltung eingezogen ist, die durchaus bedenklich ist: Scheitern ist keine Option und um ein Ziel zu erreichen ist jedes Mittel recht. Jedes Mittel ist in diesem Fall das Ausnutzen des Windschattens anderer Athleten. Der Wettkampf wird einfacher, man spart Kraft und Energie, somit steigen die Chancen auch den Rest des Rennens hinter sich zu bringen.

Ruhmreich ist das sicher nicht, aber merkt ja keiner. Und die eigene Ehre? Geschenkt. Denn eine Rechtfertigung vor sich selbst ist immer schnell gefunden: „Aber die anderen fahren doch auch so dicht hinterher.“ Und das Schulterklopfen von Freunden und Kollegen lässt den Regelverstoß sowieso schnell vergessen.

Eure Meinung ist gefragt

Wie seht ihr das Ganze? Ist das Windschattenfahren in den letzten Jahren tatsächlich schlimmer geworden? Welche Erfahrungen habt ihr bisher selbst gemacht und habt ihr schon Konsequenzen daraus gezogen? Ab damit in die Facebook-Kommentare auf der Pushing Limits-Seite.

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3 Kommentare

  1. Ich glaube wirklich das es langsam aber sicher zum Problem wird!
    Ich bin der Meinung das die Strafe einfach härter sein sollte wenn man beim Ironman in Frankfurt einfach mal alle die Windschattenfahren betreiben aus dem Rennen nimmt sofort, und am Ende stehen 200 Athleten vor dem nichts Geld raus geschmissen für nichts!
    Alle anderen würden es sehen und sich zweimal überlegen nochmal Windschatten zu fahren!
    Natürlich nur Athleten bei denen es eindeutig ist das sie gegen Regeln verstoßen!
    Das gilt für die Profis aber auch, in letzter Zeit kommt es auch da zu großen Problemen!