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Challenge Miami und Ironman 70.3 Dubai: Die Siegesformel

14. März 2021


schwimmen profi triathlon Siegesformel

Am vergangenen Freitag ging es in Dubai und Miami endlich wieder rund. Schwimmexperte Johann Ackermann hat die Rennen verfolgt und die Auftaktdisziplin live auf Instagram kommentiert. Dabei hat er interessante Beobachtungen gemacht. Seine These zur Siegesformel.

Frodo, Ryf und Co. waren bei den Rennen am Start und zeigten den Konkurrenten mal wieder eindrucksvoll die Hacken. Beeindruckend waren die Siege von Daniel Bakkegaard und Jodie Stimpson. Wäre die Zeitstrafe von Lucy Charles-Barclay nicht gewesen und hätte sie das Rennen gewonnen,  dann wären alle Siegerinnen und Sieger vorne aus dem Wasser gestiegen. Das Schwimmen war also ein Schlüssel zum Erfolg beim Rennausgang.

Leistungsdichte im Schwimmen nimmt zu

Aufgrund der extrem hohen Leistungsdichte scheint es mittlerweile selbst auf der Mitteldistanz immer schwerer mit einer durchschnittlichen Schwimmleistung am Ende ganz vorne zu landen.
Auf der Kurzdistanz ist dies bereits seit den letzten Jahren ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Wer nicht unter den Top 10 aus dem Wasser steigt, gewinnt dort kein WTS-Race mehr. Selbst extrem laufstarke Athleten wie Richard Murray oder Mario Mola haben dann keinen Stich mehr.

Nun scheint sich diese Entwicklung also immer mehr auch auf die windschattenfreien, längeren Distanzen auszuweiten. Es ist wahrscheinlich, dass es auch im Ironman diese Entwicklung geben wird. Ein Überradfahrer oder Überläufer wird nicht mehr in der Lage sein, nach einem größeren Schwimmrückstand aufzuholen. Auch diese Entwicklung ist auf Hawaii bereits sichtbar.

Dies liegt vor allem daran, dass sich die Leistungsdichte vorne immer mehr „staut“. Viele gute Athleten steigen vorne aufs Rad und bilden in der Gruppe – selbst mit 10 bzw. 20 Meter-Windschatten-Regel – ein Kollektiv, bei dem, wie in Dubai und Miami gesehen, selbst ein Lionel Sanders beim Radfahren nicht aufschließen kann.

Alle Profis kämpfen um Anschluss im Schwimmen

Mittlerweile ist das auch allen Profi-Triathleten bewusst und sie trainieren daher extrem hart, um in dieser Disziplin Anschluss zu finden. Dies sieht man ebenfalls am Beispiel Sanders, der darüber wöchentlich in seinem Vlog berichtet und nahezu unmenschliche Einheiten aus dem Wasser postet. Das gleiche findet sich bei anderen Weltklasse-Athleten, deren Schwäche das Schwimmen ist.

Warum aber können die Athleten wie Sanders, Skipper oder Hanson die Lücke beim Schwimmen nicht schließen? An ihrer Kraft oder Ausdauer und ganz besonders an ihrem Trainingsfleiß kann es wohl nicht liegen. Denn kaum jemand trainiert härter als Sanders. Auch im Wettkampf stürmen sie über den Track, unermüdlich, unerbittlich. Wie Kienle letztens bei Instagram schrieb, „fängt das Problem an, wenn er das Wasser berührt“.

Die Antwort auf das Problem liegt wahrscheinlich an vielen kleinen Dingen, die addiert einen Rückstand ergeben. Allerdings haben die erwähnten Athleten etwas gemeinsam: Alle haben das Schwimmen erst in späten Jahren, teilweise nach dem 20. Lebensjahr erlernt. Und was sich in diesen frühen Jahren unseres Lebens erwiesenermaßen am meisten gefestigt hat, ist unsere Motorik. Unser motorisches Lernvermögen ist in späteren Jahren aufgrund der sogenannten Hirnplastizität zwar nach wie vor möglich, jedoch deutlich limitierter.

An dem Spruch, was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr ist also etwas wahres dran.

Unser Gehirn und unser Nervensystem ist nicht mehr so formbar wie in früheren Jahren. Und gerade komplexe Bewegungen und Empfindungen, wie das Wassergefühl benötigen eine möglichst präzise Motorik. Diese ist bei Schwimmeinsteigern einfach noch nicht vorhanden und muss mühsam erlernt werden. Schwimmtraining ist für sie also mehr ein Motorik oder „Hirn“-Training als nur eine physisches Training.

Will man sich also in späten Jahren noch zu einem guten Schwimmer entwickeln, reicht das normale Schwimmtraining nicht aus. Wir brauchen also einen Neuro-Hack, um hier wirklich einen Unterschied zu machen. Und dieser existiert auch. Er findet sogar seit Jahrzehnten Anwendung. Allerdings nicht im Bereich des Sports, sondern in der Behandlung von Krankheiten und Unfällen. Menschen mit Krankheiten wie ALS, MS, Parkinson oder akuten sowie chronischen Gehirnerschütterungen kann mittels Bewegungstherapie geholfen werden.

Übungen, die bisher in der Behandlung dieser Schädigungen genutzt wurden, finden in neuester Zeit immer mehr auch bei Spitzensportlern Anwendung. Im Profifußball, Basketball oder auch im American Football sind diese nicht mehr wegzudenken. Sogenannte Functional Fitness Trainer oder Neuro Athletik Coaches zeigen, wie wir uns motorisch weiter entwickeln können und Bewegungen optimieren, an deren Verbesserung wir uns bisher die Zähne ausgebissen haben. Und das, wie gesagt, mit altbewährten Übungen.

Eine kleine Auswahl dessen zeigen wir euch zweimal wöchentlich live auf „Schwimmcoach“ bei Instagram. Dort machen wir neben Zugseiltraining auch sensomotorische Übungen. Schaut gerne vorbei!

Cheers, euer Johann

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8 Kommentare

  1. ob Luc y wirklich gewonnen hätte, wenn die Zeitstrafe nicht gewesen wäre, ist Spekulation. Wer vorne ist und genügend Abstand auf den zweiten hat, muss nicht zwingend „all-out“ laufen. Außerdem konnte Lucy im Zelt auch regenieren, ob sie ohne die Zwangspause auf der Laufstrecke genauso schnell gewesen wäre, weiß auch niemand. Daher kann man nicht einfach die 2 Minuten abziehen und sagen, ohne die Strafe hätte sie gewonnen.

  2. Sehr cooler Beitrag! Vielleicht könnt ihr mal zum Thema 12 oder 20m Windschatten Korridor eine Diskussionsrunde mit einigen Pros organisieren! Wäre wirklich Interessant zu hören was in Dubai so los war! Mittlerweile müsste es auch schon technisch möglich sein die Abstände zu kontrollieren! Danke 🤙

  3. Moin zusammen, danke für Euren Beitrag. Bilder sind ja noch geiler als Text. Leider ist meiner Meinung nach Triathlon nicht die attraktivste Sportart zum Live gucken (machen mega – anschauen geht so – wenn Ihr versteht, was ich meine?!). Richtig geil fände ich, wenn Ihr eine Video Zusammenfassung veröffentlichen würdet. Würde ich sogar kostenpflichtig abonnieren.

  4. Live ist Live die Übertragung hat mir sehr gut gefallen. Es ist immer ein Anreize nach so einem Rennen.

  5. Mir fiel bei der Miami Übertragung des Männerfeldes auf, dass dort die „zwei“ unterschiedlichen Kraulstile gemixt wurden.
    So war ein Arm „gestreckt“ in der Überwasserphase, der andere angewinkelt und „flach“ über dem Wasser.
    T.O. hatte den durchgestreckten auf der Seite, zu der er auch im Zweierzug geatmet hat. Das konnte ich bei den anderen nicht erkennen – diesen Mischstil hatten da aber fast alle aus der ersten Schwimmgruppe.
    Dazu habe ich noch nie etwas gehört, gesehen oder gelesen. Kannst du darauf vielleicht noch kurz eingehen?

  6. @Wolfgang: Ob Lucy ohne die Zeitstrafe gewonnen hätte, ist einfach keine Frage, denn sie hat die Zeitstrafe für das falsche Überholen erhalten. Das gehört mit zum Rennen. Über sowas lässt sich allenfalls diskutieren, wenn die Strafe an sich zu hinterfragen ist (so bspw. mal Kienle in St. George). Nicht aber, wenn das Vergehen eindeutig ist. Sähe man anders, könnte man ebenso vertreten, das Lionel gewonnen hätte, wenn er schneller geschwommen, radgefahren und gelaufen wäre als Jan. Aber darum geht’s in dem Artikel ja auch gar nicht und als Aufhänger passt die Aussage schon.

  7. hallo Johann, für die Wettkampflängen bis zur klassischen Mitteldistanz sehe ich das auch so. Bei der Langdistanz traue ich das insbesonderen starken Läufern weiterhin zu, eine schlechtere Schwimmleistung auszugleichen.
    Ein „Schwimmcoach“-Video habe ich mal bei meiner Freundin gesehen und fand das sehr abwechslungsreich. Gibt es eine Möglichkeit, diese Einheiten auch außerhalb der „Zuckerberg-Welt“ zu sehen?

  8. Wird sich die kommenden Jahre noch ändern,Matthias.
    Am ehesten kannst du noch auf dem Rad was zurückholen, aber auch das wird immer schwieriger.