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Der Zusammenhang zwischen Darmgesundheit und Leistungsfähigkeit

28. Januar 2021


Eine Läuferin läuft im Herbst über eine Tartanbahn

Wir haben uns in den letzten Monaten intensiv dem Thema Darmgesundheit gewidmet. Jetzt kommt die alles entscheidende Frage: Welchen Einfluss hat der Darm auf die sportliche Leistungsfähigkeit?

Die Variabilität der physiologischen Reaktion auf Training und Ernährung wird auf Faktoren wie Alter, Geschlecht, Trainingshistorie, psychologische und genetische Faktoren zurückgeführt. Doch könnte es sein, dass es einen weiteren Mitspieler gibt?

Ist es möglich, dass die Darmmikrobiota ebenfalls die Reaktion auf Training und Ernährung beeinflussen kann?

Trotz des wachsenden Interesses am Einfluss des Darmmikrobiom auf die Gesundheit und personalisierter Ernährungsansätze haben bisher nur sehr wenige Studien den Einfluss des Darmmikrobioms auf die sportliche Leistungsfähigkeit untersucht.

Klar ist aber: Die Mikroorganismen im Magen-Darm-Trakt spielen eine wichtige Rolle bei der Nährstoffaufnahme, der Vitaminsynthese, der Energiegewinnung, der Entzündungsmodulation und der Immunantwort und tragen so zur Gesundheit bei. Insbesondere für Spitzensportler spielt die Darmmikrobiota mit ihrer Fähigkeit, Energie zu gewinnen, das Immunsystem zu modulieren und die Magen-Darm-Gesundheit zu beeinflussen, eine wichtige Rolle für die Gesundheit und sportliche Leistungsfähigkeit (Mohr et al., 2020).

Die erste gute Nachricht: Untersuchungsergebnisse zeigen, dass Sportler andere Mikroben im Darm beherbergen als Nicht-Sportler. Sportler weisen im Vergleich zu Über- oder Untergewichtigen, eine deutlich höhere Mikrobenvielfalt auf. Und diese korreliert bekanntlich positiv mit einer verbesserten Darmgesundheit. Ob dies allerdings nur am Training selber oder einer anderen Ernährungsweise der Sportler im Vergleich zu Nicht-Sportlern liegt, ist nicht abschließend geklärt (Mohr et al., 2020).

Zusammenhänge zwischen Mikrobenzusammensetzung und Leistungsfähigkeit

Zwei Studien (Allen et al. (2018) / Estaki et al. (2016)) konnten einen positiven Zusammenhang zwischen der VO2max bzw. VO2peak und einem hohen Anteil an Butyrat-produzierenden Bakterien finden. Zur Erklärung: Butyrate sind kurzkettige Fettsäuren, die von den Darmbakterien gebildet werden. Sie beeinflussen den Fett- und Kohlenhydratstoffwechsel. Außerdem tragen sie zu einer verbesserten Schutzbarriere der Darmschleimhaut bei.

In einem Versuch mit Mäusen wurde aufgezeigt, dass die Leistungsfähigkeit von Mäusen mit einem vielfältigen Mikrobiom höher war, als derer mit einer geringen Mikrobenvielfalt (Hsu et al., 2015). Bei Tieren gilt es daher als gesichert, dass ein Zusammenhang zwischen Leistung und Mikrobenvielfalt besteht. Dies wird sich in Studien am Menschen noch abschließend zeigen müssen.  Dies ist auf dem aktuellen Forschungsstand aber noch nicht evidenzbasiert. Da allerdings viele Studien am Tier wie am Mensch zu ähnlichen Ergebnissen kamen, könnte es gut sein, dass dies auch am Menschen bestätigt werden wird (Hughes, 2020).

Mögliche Mechanismen über die der Darm die Leistungsfähigkeit beeinflusst

Forscher nehmen an, dass das Darmmikrobiom über verschiedene Mechanismen einen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit haben kann, bisher sind diese allerdings noch nicht eindeutig bewiesen. Die vielversprechendste Annahme der aktuellen Forschung ist dabei, dass spezielle Bakterien die Verfügbarkeit von kurzkettigen Fettsäuren (z.B. Butyrate, Acetate, Propionate) erhöhen, welche sowohl Einfluss auf den Fettstoffwechsel als auch auf den Kohlenhydratstoffwechsel haben. Nicht nur kann es zu einer erhöhten Fettoxidation unter Belastung kommen, auch die Kohlenhydrataufnahme über die Kohlenhydrattransporter in der Muskelzelle könnte verbessert werden, was zu einer erhöhten Leistungsfähigkeit führen könnte. Es konnten auch Veränderungen im Laktatstoffwechsel beobachtet werden, wie beispielsweise verringerte Laktatkonzentrationen unter Belastung. Weitere Annahmen sind eine erhöhte antioxidative Enzymaktivität und damit verbunden verringerte Entzündungsreaktionen.

Noch nerdiger wird es bei weiteren wissenschaftlichen Hypothesen. So könnten Veränderungen in der Nervenfunktion oder Cross-Talk zwischen Darmmikrobiom und Mitochondrienfunktion eine Rolle spielen. Es wird zudem angenommen, dass die Darmmikrobiota die Physiologie und Funktion der Skelettmuskulatur über verschiedene Metaboliten beeinflusst, welche unter anderem IGF-1 (Insulin-like-growth factor-1) positiv stimulieren können, sowie präventiv auf oxidativen Stress und Entzündungen wirken, als auch die Bildung von neuen Mitochondrien fördern können.

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Der Zusammenhang zwischen Mikrobendiversität und Leistungssteigerung

Verbesserungen dieser Funktionen resultieren allerdings nicht immer zwangsläufig in einer verbesserten sportlichen Leistung. Weitere Studien sind notwendig, um die Auswirkung verschiedener Mikrobenstämme und probiotischer Nahrungsmittel auf die Leistungsfähigkeit näher zu untersuchen (Hughes, 2020).

Train the gut

Das Darmmikrobiom spielt zudem eine entscheidende Rolle bei der Nahrungsverwertung, etwa bei der Verstoffwechselung von Kohlenhydraten unter Belastung. Bei Langzeitausdauerbelastungen ist sowohl ein intakter Magen-Darm-Trakt als auch die Energiezufuhr unter Belastung entscheidend.

Die Aufnahmefähigkeit und Verträglichkeit unter Belastung ist trainierbar und wird unter dem Konzept „Train the gut“ zusammengefasst.

Durch gezielte Ernährungsinterventionen kann die Magenentleerungsrate, die Aufnahmefähigkeit und Verträglichkeit verbessert und Magen-Darm-Beschwerden reduziert werden. Der Darm ist somit hoch adaptiv (Jeukendrup, 2017).

Ausdauersport, Sporternährung und Darm – Nicht immer im Einklang?

Das gilt natürlich auch andersherum. Studien haben gezeigt, dass langes exzessives Training nämlich leider auch einen negativen Einfluss auf die Darmfunktion haben kann. Häufig konnte eine erhöhte Darmpermeabilität, also eine gesteigerte Durchlässigkeit der Darmbarriere festgestellt werden. Das kann langfristig zum sogenannten „Leaky gut Syndrom“ führen, bei dem aufgrund der gesteigerten Darmdurchlässigkeit verstärkt unerwünschte Nahrungsbestandteile (Bakterien und Toxine) in den Blutkreislauf gelangen, was zu chronischen Entzündungsprozessen im Darm führen kann und sekundär häufig zur Entwicklung von Nahrungsmittelunverträglichkeiten beiträgt (Stewart et al., 2017). Dass das Thema Darm im Ausdauersport eine Rolle spielt, spiegelt sich auch in Zahlen wieder:

Schätzungsweise 30 bis 50 Prozent der Ausdauersportler haben mit Magen-Darm-Beschwerden zu kämpfen.

Diese können vor allem die Wettkampfleistung stark beeinträchtigen (de Oliveira et al., 2014). Der erhöhte Energiebedarf verbunden mit einem erhöhten Kohlenhydratbedarf im Ausdauersport sollte demnach nicht mit einer hohen Zufuhr von Einfachzucker, ballaststoffarmer Ernährung und Fertigprodukten kompensiert werden. Dies mag zwar kurzfristig Erfolg haben, kann langfristig aber einen negativen Einfluss auf das Gleichgewicht des Darmmikrobioms haben. Der Einsatz von zuckerhaltigen Sportgetränken, Gels & Co. sollte demnach gezielt implementiert werden und Bedarf einer ausgewogenen Ernährung als Basis. Dies kann sonst zu Lasten einer hohen Bakteriendiversität gehen.

Was führt zu mehr Diversität?

Dieses Thema haben wir ausführlicher im vergangenem Blogartikel besprochen. Hier aber nochmal kurz und knapp, welche Lebensmittel ein vielfältiges gesundes Darmmikrobiom fördern können:

  1. Ballaststoffreiche Ernährung mit Vollkornprodukten und ausreichend Gemüse und Obst
  2. Probiotische Lebensmittel wie Naturjoghurt, Kefir, Apfelessig, fermentiertes Gemüse, Tempeh & co.
  3. Eine zuckermoderate Ernährung und wenig verarbeitete Lebensmittel mit Zusatzstoffen.

Was das konkret für dich heißt

Ein gesunder und gut funktionierender Darm ist gerade im Ausdauersport von entscheidender Bedeutung für die sportliche Leistungsfähigkeit. Da der Darm häufig hohen Belastungen ausgesetzt ist, ist es umso wichtiger, ihn durch eine ausgewogene Ernährungsweise, reich an präbiotischen und probiotischen Lebensmitteln, zu unterstützen. Durch gezielte Ernährungsstrategien kann seine Aufnahmefähigkeit und Verträglichkeit trainiert werden und somit zu einer unmittelbaren Leistungsverbesserung im Wettkampf beitragen. Der Darm kann somit als Schlüsselorgan für Ausdauersportler angesehen werden, dem mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte. Es bleibt spannend, welche möglichen Potenziale im Hinblick auf die Förderung der Gesundheit und Leistungsfähigkeit noch entdeckt werden.

Weiterführende Links

 

 

 

 

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2 Kommentare

  1. Super Interressant! Danke für den Artikel. Ich denke schon länger über das Thema nach und werd jetzt auch einmal eine Zeit lang abends ein Stress repair Produkt versuchen.. DANKE habt Ihr wieder sehr gut recherchiert.