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Till bloggt – Hitzefrei? Langdistanz ist kein Kasperle-Theater!

03. Juli 2019



Langdistanz-Triathlon ist schwer. Manchmal aber auch schwerer. In meinen Augen soll das auch so sein. In den meisten Fällen werden einem Athleten bei einer Langdistanz auf dem Weg ins Ziel 3.800 Meter Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und 42,2 Kilometer Laufen in den Weg gelegt. Und in manchen Fällen kommen dann noch ein paar Stolpersteine hinzu. Quallen im Wasser, Wellengang oder eben auch Neoprenverbot und Hitze auf der Strecke, wie zuletzt in Frankfurt und möglicherweise am kommenden Wochenende auch in Roth.

  • Titelbild: Getty Images for IRONMAN

Der folgende Blog soll die kleine Anzahl an Athleten, die nur glücklich sind, wenn sie sich sinnlos beschweren können, zum denken anregen und die restlichen 99% zum Lachen animieren.

Zum Thema Neoprenverbot will ich hier nur ganz beiläufig mit einem Satz eine Denksportaufgabe mit auf den Weg geben. Wie kommt es, dass so einige Athleten bei Neoprenverbot so tun, als könnte man ohne Neo gar nicht schwimmen, obwohl sie knapp 90 Prozent ihres Schwimmtrainings komplett ohne Neo überlebt haben? Verstehe ich nicht.

Jetzt aber mal zur Hitze

Beim Ironman in Frankfurt war es mal wieder ein bisschen wärmer und direkt wird auf allen Kanälen wieder von einem unbarmherzigen Hitzerennen geredet und die selbsterklärten Experten wissen sofort, was der Veranstalter alles falsch gemacht hat und was man hätte anders machen müssen. Seit Sonntag bekomme ich auf allen Kanälen mündlich, telefonisch oder per Social Media-Nachricht den verbalen Durchfall der Alleswisser mitgeteilt. Ein Ritual, dass sich nach jedem so genannten „Hitzerennen“ in Deutschland wiederholt. Sei es Roth, Frankfurt oder sonst wo.

Da schreibt jemand: „Wenn man bei Gewitter das Schwimmen absagt, muss man dann nicht auch bei Hitze zum Beispiel die Laufstrecke auf einen Halbmarathon verkürzen?“ Ganz ehrlich, wenn ich sowas schon lese, dann braucht man nicht weiter zu diskutieren. Gewitter und Hitze, das ist wie das berühmte Vergleichen von Äpfeln und Birnen. Auf Gewitter habe ich als Athlet null Chance mich einzustellen oder der Gefahr aus dem Weg zu gehen. Logisch wird da nicht geschwommen. Auf Hitze hingegen kann ich mich als Athlet einstellen und den Effekt minimieren. Das verlangt halt ein bisschen Hirn und gesunden Menschenverstand.

Interessant ist, dass es immer entweder Athleten sind, bei denen der Tag nicht so lief, wie es der eigene Anspruch vorgegeben hat oder Menschen, die weder vor Ort waren, noch Fachwissen besitzen, die sich beschweren.

Aus irgendeinem Grund scheint bei manchem die Meinung vorzuherrschen, dass bei den Veranstaltern immer so ein Hobbyvorturner rumsitzt, der am Wochenende mal die Kristallkugel befragt, in welcher Form und Farbe das Rennen durchgeführt wird. Newsflash: Dem ist nicht so. Zum einen gibt es für die meisten Siuationen ganz klare Vorgaben, zum anderen werden in Extremsituationen Experten hinzugezogen. Das medizinische Team, die Behörden, und so weiter.

Schön zum Beispiel auch der Athlet, der nicht die Minimalintelligenz besessen hat, im Vorfeld schon zu wissen, dass er bei bis zu 39 Grad auf der Strecke, keine persönlichen Rekorde aufstellen wird und von Anfange an losgelegt hat wie die Feuerwehr um dann glorreich nach der Hälfte des Rennens einzugehen. Was macht man dann? Na klar, sich beschweren und um seiner Beschwerde noch Nachdruck zu verleihen die Ansage „das Rennen hätte so nie stattfinden dürfen“ mit „ich kenne die Zahlen und werde diese auch öffentlich machen“ mit reinzupacken. Na Bitteschön, lieber Sportsfreund, welche Zahlen kennste denn? Das kleine Einmaleins, die Zahlen eins 1 bis 10 oder vielleicht auch die Wurzel aus 17?

Und für so einen Traumtänzer sollen dann die Strecken verkürzt werden und allen, die sich richtig vorbereitet haben und sich auf das Rennen eingestellt haben, die Chance auf eine komplette Langdistanz genommen werden?

Zu den Zahlen, die er wahrscheinlich meint kann ich nur sagen: Es sind etwas mehr Athleten als im Schnitt nicht angetreten und es haben etwas mehr Athleten als im Schnitt das Rennen nicht beendet. Was absolut im Schnitt lag, war die Anzahl der Athleten die medizinische Hilfe benötigt haben. Da war alles normal.

Nun ratet mal warum. Zum einen, da der Veranstalter im Vorfeld auf das angesagt Wetter reagiert hat:mMehr Wasser, mehr Eis, die Laufstrecke mit mehr Schatten versehen, die Athleten vorgewarnt und vieles mehr.  Und zum anderen, da viele Athleten zum Glück schlau genug sind, sich richtig einzuschätzen.

Für die, die es noch immer nicht verstanden haben: Langdistanz-Triathlon ist nicht für diejenigen gemacht, die mit der Sänfte ins Ziel getragen werden wollen, die keine Lust haben sich anzustrengen und zu quälen. Es ist nicht für diejenigen, die eine Garantie haben wollen, dass sie bei jedem Rennen definitiv das Ziel sehen und dabei am liebsten eine Garantie bekommen, dass die Luft 21 Grad, das Wasser 21,9 Grad und der Gegenwind 0 km/h ist.

Kinners, Langdistanz ist ein Abenteuer und nicht das Goldene Königreich, in dem einem die Sachen auf dem Tablet hinterher getragen werden. Bei einem solchen Abenteuer darf mal Unvorhergesehenes passieren. Man darf durchaus auch mal scheitern. Das macht in meinen Augen doch erst den Reiz des Abenteuers Langdistanz aus!

Echte Helden sind in meinen Augen die, die sich auf besondere Situationen einstellen können. Sei es durch die Anpassung des eigenen Rennverhaltens oder durch die Erkenntnis, dass man für die Extrembedinungen noch nicht ausreichend trainiert ist und lieber erstmal den Stecker ziehen sollte.

Glückwunsch an alle, die in Frankfurt am Start waren und viel Erfolg an alle, die in Roth an den Start gehen. Egal ob Neo oder nicht. Ihr könnt das und auch Felix und sein Team werden alle Entscheidungen im Sinne des Athleten treffen.

Und jetzt Attacke!

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6 Kommentare

  1. Danke! Der Beitrag hat mir nochmal mehr Lust gemacht in 1-2 Jahren das Projekt Langdistanz anzugehen!
    Weiter so! Ein Hoch auf Abenteuer, Quälerei und echte Männer! (und krasse Frauen 😉 )

  2. Sehr gut geschrieben! Genau weil es ein Abenteuer ist, mache ich die LD‘s. Und genau deshalb ist es so eine intensive Erfahrung

  3. Genau so! Ich kann das rumgejammere auch nicht mehr lesen. Wie hat Faris gesagt: „Wer 3,8km nicht ohne Neo schwimmen kann, der ist auf der Langdistanz falsch!“ Sehe ich genau so. Und bei Hitze kann man keinen Marathon rennen, weil es lebensgefaehrlich ist? Was ist mit Veranstaltungen wie Marathon des Sables oder dem Badwater Ultramarathon im Death Valley. Da herrschen Temperaturen von 50 Grade und mehr. Also nix mit lebensgefaehrlich, einfach nur richtig drauf einstellen und dann ist das auch zu schaffen.
    Ich jedenfalls freue mich auf meine Langdistanz in Zurich in 2 Wochen, egal ob mit Neo oder ohne, bei Hitze oder Regen.

  4. Bäääm, danke für diese klaren und deutlichen Worte! Ich kann dir nur zustimmen!!! Auf die Hitze konnte man sich einstellen, aufs Neoverbot auch, dann gehts halt langsamer voran, aber das ist kein Grund rumzuweinen! Gegen Hitze kann man etwas tun, kühlen, kühlen, kühlen und dafür hatte der Veranstalter gut vorgesorgt! Dankeschön für den Artikel!

  5. Lieber Till, deine Kommentare treffen genau den Punkt. Ich hätte größte Lust dich gerne einmal persönlich kennenzulernen! Ich glaube wir haben ziemlich genau die gleiche Wellenlänge und könnten wunderbar plaudern! Ich freue mich über viele weitere coole Kommentare und Blogs von Dir auf diesem Kanal. Mach weiter so! Bist Du am Wochenende in Hamburg oder Roth?