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Ein Sport für Selbstdarsteller: Sind Triathleten die besseren Menschen?

28. November 2018



So schön der Triathlon-Sport auch ist, genauso nervig kann er sein. „Triathlon ist so ein geiler Sport! Nur die Leute, die ihn betreiben sind leider manchmal echt ätzend“, hat mal irgendjemand gesagt, der mir damit ziemlich aus der Seele gesprochen hat. Natürlich sind nicht alle Triathleten ätzend. Aber warum missbrauchen so viele Leute den Sport um sich im Alltag, im Freundeskreis oder in der Karriere zu profilieren?

Neulich habe ich einen Blog gelesen, in dem es um Parallelen zwischen erfolgreichen Geschäftsführern und Triathleten ging: „The Skills That Successful CEOs Share With Triathletes“ hieß der Beitrag, den ich, zuerst belustigt und dann genervt, gelesen habe. Es war mal wieder der Beweis dafür, dass sich Triathleten viel zu oft viel zu wichtig nehmen. Autor des Blogs war ein – ich vermute mal – erfolgreicher Geschäftsmann und natürlich sechsfacher IRONMAN-Finisher, der das auch direkt im zweiten Satz klarstellte. Ein ganz ähnliches schriftliches Meisterwerk, von einem anderen Autor, trägt den bescheidenen Titel: „How Being a Triathlete Makes Me a Better CEO“. Inhaltlich unterschieden sich beide Texte kaum, beide Male stand nämlich jede Menge Bla Bla Bla drin.

Hi, ich mache Triathlon … Shut up!

Es geht in den Beiträgen um gewisse Eigenschaften, die man offenbar auf jeden Fall und ausschließlich nur dann erlangt, wenn man ein Triathlet ist. Hohe Motivation, Zielstrebigkeit, Ziele setzen, Pläne schmieden, Disziplin, Durchhaltevermögen – solche Oberflächlichkeiten halt. Wenn ich das nun alles lese, dann frage ich mich: Wären diese Männer im Umkehrschluss dann schlechtere Geschäftsführer, wenn sie keine Triathleten wären? Was wäre denn, wenn sie ihre Freizeit zum Beispiel bei der freiwilligen Feuerwehr verbringen würden? Oder in einer Band, um mit anderen Menschen zusammen Musik zu machen? Oder – stellt euch das mal vor – die würden ihre Zeit neben dem Job damit verbringen soziale Kontakte zu pflegen, ihre Familie und Freunde zu treffen und vielleicht sogar einfach mal zu chillen.

Ich habe noch nie einen Bericht mit dem Titel „Ich bin ein besserer Boss, weil ich bei der freiwilligen Feuerwehr bin!“ gelesen. Oder: „Wie mir meine Band-Kumpels dabei helfen ein besserer Chef zu sein.“ Schade eigentlich.

Hier ist das Ding: Eine gut gemeinte Erklärung für solche Beiträge ist meine Vermutung, dass die Autoren inspirieren und zeigen wollen, wie man ein erfolgreicher Unternehmer wird. Nämlich indem man diese positiven Attribute, die man als Triathlet offenbar haben MUSS, auf sein restliches Leben und die Arbeit überträgt. Die Erfolgsformel erscheint daher relativ simpel: arbeite hart und viel, werde Triathlet (am besten Ironman) und zack! bist Du erfolgreich.

Nun, zum einen ist das doch Bullshit und zum anderen stelle ich mir die Frage, ob solche Beiträge Interessierte nicht sogar davor abschrecken, selbst Triathlon zu machen oder es mal auszuproberien? Was ist denn mit den Menschen, die nicht den ultimativen Willen in sich haben ihr gesamtes Leben dem Sport unterzuordnen? Muss ich, wenn ich Triathlon machen möchte, wirklich ständig hochmotiviert, zielstrebig, diszipliniert sein? Haben Menschen nichts im Triathlon verloren, die sich keine (sportlichen) Ziele stecken und vielleicht auch mal ein Training abbrechen oder ganz ausfallen lassen, wenn sie einfach keinen Bock haben?

Triathlon: Sport einfach nur zum Spaß?

Erst vor kurzer Zeit hatte ich ein Gespräch darüber wie seltsam ich es finde, dass ich wirklich kaum einen Triathleten oder eine Triathletin kenne, die Triathlon als reines Hobby betreiben. Und mit Hobby meine ich, dass es ein sportlicher, aktiver Zeitvertreib ist, der aber nicht das restliche Leben bestimmt. Offensichtlich ist es so (und wird so vorgelebt und zelebriert), dass Triathlon nicht nur die Kombination von drei wirklich geilen Ausdauersportarten ist, sondern dass Triathlon direkt zur Lebenseinstellung werden muss. Train, eat, sleep, repeat.

Ich bin mir fast sicher, dass Triathlon sich im Moment stark entwickelt. Weg von einem Sport für Egomanen und Selbstdarstellern, hin zu einer sportlichen und zeitgemäßen Bewegung für die Gesellschaft. Triathlet zu sein war mal etwas sehr Besonderes; eine Möglichkeit um sich abzugrenzen oder abzuheben und zu zeigen, was für ein toller Hengst man ist. Mittlerweile ist es nicht mehr so spektakulär. Zum Glück! Triathlon wird selbstverständlicher, da es immer mehr Menschen gibt, die Triathlon betreiben. Es muss ja nicht immer Ironman sein! Klar, gibt es über eine Sprint- oder Kurz-Distanz vielleicht nicht so viel Heldenhaftes zu erzählen, wie über den langen und harten Kampf über 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und 42 Kilometer laufen. Aber wie sympathisch ist es bitte, wenn man es eben nicht nötig hat, den Triathlon zur Selbstdarstellung zu missbrauchen?

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9 Kommentare

  1. Hallo
    Leider muss ich Dir recht eben. Die Stimmung zwischen den Triathleten an den Wettkämpfen ist leider nie so freundschaftlich, sportlich, gelassen und fair wie bei ganz normalen Volksläufen. Viele wollen etwas beweisen was oft zu sehr gefährlichen Situationen führen kann. Das ist mehr als bedenklich.

  2. Hey Niclas,
    sehr schön geschrieben – der Artikel spricht mir aus der Seele. Die „Community“ war für mich einer der Gründe, mich wieder intensiver anderen Sportarten zuzuwenden. Mir macht es nichts, mit dem Cross-Rad am Start eines Dorftriathlons schief angeschaut zu werden, richtig viel Lust unter solchen Bedingungen Sport zu machen hab ich dennoch nicht. Irgendwann kommt mein „Comeback“, da bin ich mir sicher, denn der Sport an sich ist toll – und viele Triathleten sind es zum Glück auch!

    Dominik

  3. Mhh…Ich bin hin und her gerissen zwischen „Irgendwie hast du Recht. Das kann ich nachvollziehen“ und „Das ist dein bislang schlechtester, weil oberflächlichster Artikel“. Nicht böse gemeint! 😉 Es reicht meiner Meinung nach nicht, in einem kleinen Absatz zu behaupten, es sei Bullshit, der Sport mache aus Managern besser Manager. Du gehst zu wenig auf den Sport an sich ein, darauf, was man an Trainingsaufwand leisten muss, um erfolgreich einen Triathlon zu meistern – egal ob Schnupper-, Volks- oder Sprint-Distanz. Der Vergleich mit dem Hobby Freiwillige Feuerwehr hinkt meines Erachtens nach auch. Außerdem wird die zunehmende Kommerzialisierung des Sports außer Acht gelassen – durch die Profis selbst aber auch durch sogenannte oder selbsternannte Influencer.

    Triathlon ist die Kombination gleich dreier, doch recht anspruchsvoller, Ausdauersportarten. Jede einzelne Sportart für sich zu meistern, erfordert schon einen recht hohen Trainingsaufwand. Sich darauf vorzubereiten, diese drei Sportarten im Rahmen eines Wettkampfs zu meistern, lässt den Aufwand, selbst für eine Sprintdistanz, in die Höhe schießen. Für dich, mich und viele andere hier, ist es alltag, fünf, sechs Mal die Woche zu trainieren. Für die meisten bedeutet das jedoch, Dinge, die vorher im Alltag selbstverständlich waren aufzugeben und dem Sport unterzuordnen – auch ohne einen ungesunden, selbstdarstellenden Ehrgeiz an den Tag zu legen. Dementsprechend ist das finishen des ersten Triathlons für viele eine absolute Ausnahme- und Meisterleistung welche zur „Sucht“ werden kann. Diese Menschen haben jedes Recht darauf ungemein stolz zu sein.

    Auch der mentale Aspekt spielt beim Betreiben dieser Sportart eine ungemein große Rolle. Ich habe selbst die Erfahrung gemacht, dass der Sport das eigene Arbeitsleben unglaublich positiv beeinflusst. Man lernt, seinen Körper und die mentale Leistungsfähigkeit kennen, geduldig aber halt auch selbstbewusst zu sein und dies im Job anzuwenden. Dies als Bullshit zu bezeichnen ist schon etwas gewagt.
    Und wen wundert es, dass selbst die kleinsten Sprintdistanzen auf dem Dorf zu einer Ausstellung von 12.000 Euro teuren Super-Tri-Bikes wird, wenn die aufkommende Berichterstattung, vor allem in den sozialen Medien durch Influencer, ob Profi oder Amateur, einem suggeriert, dass es eben dieses oder jenes Bike sein muss, dass es diese und jene Leistungsdiagnostik samt Laufanalyse sein muss, um diesen Sport vernünftig betreiben zu können.

    Zum Glück wird Seitens der Wettkampforganisatoren bereits einiges getan, um den Einstieg, bspw. mit dem Anbieten von sehr kurzen Distanzen, zu erleichtern. Aber Triathlon ist und bleibt eine Sportart mit Suchtpotenzial, in welcher die Gefahr besteht, dass das Höher, Weiter, Besser von ganz alleine kommt.

  4. Geil geschrieben, aber der Triathlon ist ja schon fast selber schuld das die Szene so geworden ist. Jedes Jahr immer mehr Equipment und noch schneller und teuerer. Am Ende verdient die Szene über die Hobby und Amateure ihr Geld. Da ist doch klar was da für Typen mitmachen.
    Ich bin selber im Sozialviertel große geworden und habe nach der Schule nicht mal eine Ausbildung gemacht, bin dann mal von ganz unten in der Gesellschaft gestartet und habe es für mich doch geschafft das ich heute sehr glücklich bin und mir auch mein Leben leisten kann was ich will. Ohne das ich Unterstützung hatte, sagen wir es mal so, ich musste sehr für erwachen werden. Allerdings würde ich nie auf die Idee kommen zu schreiben das ich wegen Triathlon da bin usw. Ich mach den Sport auch erst richtig seit 3 Jahren und was ich da schon mitbekommen habe 🙁
    Wenn ich mir überlege was die Startplätze und das Material und Training die letzte 3 Jahre bei mir gekostet hat, naja also wenig ist das nicht. Für uns Hobby Athleten ist es halt auch schwer neben 8-10 Stunden Arbeit an 5-6 Tagen noch genug zu trainieren. Oft habe ich mich gefragt, ob Leute wie ich, die auch auf Sozial Media immer viel aktiv sind den Sport auch nicht mit kaputt machen. Ich versuche es eher als Motivation für andere zu sehen, aber ich kann den ganzen Text oben schon echt verstehen. Wenn ich im Schwimmkurs im Winter bin, habe ich auch nur irgendwelche Dr. oder Ingenieure. Alle zwar sehr nett, aber trotzdem merke ich, dass ich da einfach ein total andere Typ bin. Es gibt halt einfach zu wenig Sanders, oder Anderes Niedrig Typen im Hobby oder Amateur Bereich oder sogar im Profi Bereich. Weil der Sport einfach viel zu teuer ist!!! Wenn ich mir überlege wie viel ich trainiert habe die letzten 3 Jahre seit dem ich den Sport mache und fast 73.31 Minuten hinter Dir rein bin in Allgäu, dann weisst ja was los ist bei uns Hobby Athleten 😉

  5. Du hast sicher recht, wenn du sagst, dass sich viele Triathleten zu wichtig nehmen. Andererseits muss ich sagen, dass es genug gibt, die nicht jedem gleich erzählen, dass sie x Langdistanzen gefinisht haben. Wenn Du mal ein Wochenende in Roth verbringst, dann stellst du schnell fest, dass es einfach eine super Stimmung ist und wenn am Montag dann alle in der Schlange fürs nächste Jahr stehen, dann hörst du nicht viel, wie geil sie am Vortag performt haben.

    Und ja, wemm du Triathlon halbwegs vernünftig betreiben möchtest, dann muss sich das restliche Leben in gewisser Weise unterordnen. Ein bisserl Triathlon geht halt nicht, was in der Natur der Sache liegt – ausser Du machst nur Jedermanns mit. Sobald es aber in Richtung Mitteldistanz geht, dann brauchts halt etwas Disziplin. Ich bin sicher einer von denen (oder der) im Bekanntenkreis, die als Langstreckler am wenigsten trainieren, aber unter 9 h pro Woche im Jahresmittel geht es halt nicht, wenn Du auf der Langstrecke halbwegs ohne Schmerzen ins Ziel kommen möchtest.

    Ich mache seit nun über 30 Jahre Leistungssport, von der Bahn über Marathon zum Triahtlon. Das was Du oben beschreibst trifft geanuso für die Läufer und auch für die reinen Radfahrer zu. Der Ehrgeiz und Konkurrenzkampf empfinde ich bei den Straßenläufern beispielsweise noch viel extremer. Beim Marathon entscheiden ja schon 5 min hin oder her, ob du an dem Tag gut warst oder abgekackt hast. Oder zum Material: Schau mal, welche Boliden bei RTFs am Start sind. Das ist durchaus mit einer Wechselzone vergleichbar. Ich glaube einfach, man möchte immer gutes Material haben und sich leistungsmäßig verbessern, wenn man etwas mit Leidenschaft betreibt.

  6. Gut formulierte Gedanken, …stellt sich mir noch die Frage: wenn Triathleten „automatisch“ als zielstrebig gesehen werden ist das natürlich auch ein Vorurteil, nur im Job eben positiv gesehen – gleichzeitig kann man immerhin vermuten, das ein Triathlet wenigstens „belastbar“, „ausdauernd“ und seltener krank ist, raucht und trinkt weniger häufig… das ist doch auch schon ganz gut… was das image angeht: wäre noch das allgemeine Vorurteil – „nicht team-fähig“ oder „noch so ein „Sportspinner“ mit denen ein Triathlet im Gegenzug auch Leben muss. Es gibt eben immer positive und negative Attribute die mit aufwendigen Hobbies verbunden sind. Oft lügen die Leute auch im Bereich Sport – genauso wie niemand gern als Hobby sein TV oder Netflix Konsum angibt – obwohl der ebenso wie Ironman Training mal locker auf 20h kommen kann…

  7. Gibt es eigentlich ausser mir noch andere Menschen auf dieser Welt, die nicht mindestens 1 Ironman gefinisth haben und die langsamer als 40 km/h Radfahren? Ich glaube nicht. Die meisten Leute schaffen es ohne großes Training und viel Anstrengung, nur durch ihr Talent.

  8. Wollte noch ergänzen, dass ich im Jahresschnitt 15 Std./Woche Sport mache. Ich komme bei der Mitteldistanz als einer der letzten ins Ziel und würde niemals den Ironman schaffen, auch nicht auf einer flachen Distanz. Hab halt, was das Talent angeht die Arschloch-Karte gezogen.Vor allem beim Radfahren. Deshalb beneide ich die schnellen Triathleten, deshalb bleibe ich dabei: Talent ist wichtiger als Training

  9. ich finde dass die meisten Triathleten Arschlöcher sind, weil sie alle mit dem angeben,
    was sie schon geleistet haben und wie schnell sie sind. Dabei ist mindestens die Hälfte nur Talent und
    nicht Training. Ich wünsche diesen Leuten, dass sie bald Sportinvalide sind und ihre dumme Schnauze halten.
    Aber hat halt auch was mit unserer Leistungsgesellschaft zu tun. Wer mehr leistet ist mehr Wert.