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Kommentar: 5 statt 100 Millionen-Dollar-Strafe für Lance Armstrong

20. April 2018


Niclas Bock Kommentar zu Lance Armstrong

Das traurigste Kapitel der Sportgeschichte hat ein Ende. Auch das letzte Verfahren gegen Lance Armstrong wird nun zu den Akten gelegt und es endet – perfider weise – mit einem Deal: Statt 100 Millionen Dollar, die von der US-Regierung als Schadensersatz nach Bekanntwerden seines umfassenden Dopingmissbrauchs gefordert wurden, zahlt Armstrong nun eine Strafe in Höhe von 5 Millionen Dollar und entgeht einem Prozess. Ein Kommentar.

Irgendwie stelle ich mir die Szene so vor: Armstrong sitzt mit Anwälten, Anzugträgern und ein paar ganz wichtigen Leuten der US-Regierung zusammen. Es wird gelacht, Armstrong erzählt nochmal von seinen sieben Tour-Siegen und alle lauschen gebannt dem Texaner, der schon immer das Sagen hatte. Der Abend geht zu Ende, die Runde löst sich auf und quasi zur Verabschiedung: „Ach Männer, fünf Millionen. Das passt doch, oder?“ Man schüttelt Hände, klopft sich auf die Schulter… „Na klar, Lance. Na klar.“

Klingt nach Verschwörungstheorie, mag sein. Aber in Sachen Armstrong ist mir der Glaube an Recht und Gutes verloren gegangen.

Versteht mich nicht falsch. Fünf Millionen Dollar ist viel Geld. Verdammt viel. Aber im Verhältnis zu 100 Millionen? Naja, da relativiert sich auch solch eine Summe wieder recht schnell. Nun gut, die Lösung steht fest und die Sache ist entschieden. Allerdings haben mich die News nochmal zum Nachdenken gebracht.

Von mir aus war Lance der Beste unter Gleichen. Wenn sie alle voll waren, dann wurde wenigstens mit gleichen Waffen gekämpft. Weil Armstrong aber quasi entschieden hat, wer wann welche Dopingmittel bekam und nehmen durfte und wer nicht, gilt ja sogar das nicht mal. Er war der Boss. Und rückblickend betrachte eigentlich eine bemitleidenswerte Wurst.

Fragen, die ich mir zu Lance Armstrong stelle:

  1. Wie viel Skrupellosigkeit kann ein Mensch in sich tragen?
  2. Wie viel moralische Last kann ein Mensch aushalten?
  3. Wie viel Druck kann ein Mensch an sich abprallen lassen?

Ich würde behaupten, dass ich in Sachen Dopingvergehen im Radsport abgestumpft bin. Achtung: Ich spreche über die Vergangenheit, nicht über die Gegenwart! Lance hat gedopt. Das haben seine Gegner auch. Manche haben mehr Reue gezeigt, andere weniger. Aber Armstrong war von allen Drecksäcken der dreckigste. Dass er seine Teamkollegen ausgenutzt, Menschen manipuliert und der Dirigent eines ganzen Lügenorchesters war – und all das so lange funktioniert hat – muss einem ja fast Respekt abringen. Aber auch darum geht es mir nicht.

Mir geht es vor allem um die moralische Komponente seines Betrugs. Das, worüber kaum noch einer in Verbindung mit Armstrong spricht, ist seine Stiftung, die er zu Gunsten von Krebspatienten gegründet hat. Diese Stiftung hat sicher Großartiges geleistet und dafür verdient Armstrong bis zu einem gewissen Punkt Anerkennung. Glücklicherweise existiert die Stiftung auch weiterhin und kann es sich erlauben auf den Namen Armstrong zu verzichten.

Dass Armstrong auch den Menschen etwas vorgemacht hat, die vom Leben ohnehin hart bestraft sind; dass er durch Lügengeschichten Mut machen wollte; dass er mit dem Signal „Schaut her, ich habe erst den Krebs besiegt und dann die Tour gewonnen! Ihr könnt das auch schaffen“ durch Krankenhäuser gelaufen ist und schwerkranken Menschen diese Geschichte weiß machen wollte, ist blanker Hohn und dafür finde ich nur ein Wort: abscheulich.

Mir ist egal ob Lance Armstrong fünf, zehn oder 100 Millionen Dollar Strafe zahlen muss. Mir ist auch egal, ob er mittlerweile sein Haus in Texas zum Verkauf anbietet. Mir sind sogar seine verlogenen sieben Tour-Titel egal. Jedoch nicht egal ist mir, dass Lance Armstrong sein moralisches Vergehen nicht mehr gut machen kann.

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