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Der alternde Sportler – Regeneration, Gesundheit und Leistung jenseits der 30 Lebensjahre

29. Januar 2020


Der alternde Sportler – Regeneration, Gesundheit und Leistung jenseits der 30 Lebensjahre

37 Jahre bin ich mittlerweile alt. Ja, ich gehe nun stark auf die 40 zu und merke: Über die letzten Jahre hat sich da schon ein bisschen was verändert. Es zwickt einfach schneller schon mal in Muskulatur, Gelenken und Knochen. Es ist wie es ist. Ich werde älter und stehe mit meinen Beobachtungen nicht alleine da. Aber ist tatsächlich schlicht und ergreifend das Altern der Auslöser dieser „Probleme“? Und wenn ja: Wie kann man clever damit umgehen und sogar etwas dagegen unternehmen?

Info: Wenn du dich vorab über die grundlegenden Wege der Energiebereitstellung im menschlichen Körper schlaumachen willst, dann schau‘ dazu gerne in unsere Beitragsreihe zu diesem Thema:

Der alternde Sportler – Ein Henne-Ei-Problem?

Mir stellt sich diese Frage: Werden die Menschen tatsächlich inaktiver und unfitter, weil sie altern oder altern sie, weil sie inaktiver und unfitter werden? 

Ich kann verstehen, wenn man den letzten Satz vielleicht eher zwei oder dreimal lesen muss. Doch ich denke, es ist eine wichtige Frage und ich bin natürlich nicht ansatzweise der erste Mensch, der sich diese Frage gestellt hat. Unzählige Wissenschaftler haben über die Jahrzehnte eine riesige Anzahl an Studien zu den Themen Altern, Regeneration, Leistungsfähigkeit und damit einhergehend Lebensqualität durchgeführt.

Welche Teile der Leistungsabnahme sind also tatsächlich altersbedingt und welche eher an Lifestyle-Faktoren gebunden? Sprich: Welche Einbußen muss man zähneknirschend hinnehmen und gegen welche Einbußen kann man trotz Alterung sehr gut etwas tun?

Ich widme mich diesem Thema nun, weil es mich selbst mehr und mehr betrifft und ich meinen „alternden“ Körper nicht so einfach hinnehmen will. Da muss doch was gehen!

Aufbau des Artikels – Der alternde Sportler:

  1. Veränderung von Körper-Zusammensetzung und Stoffwechselprozessen mit zunehmenden Alter
  2. Neue Rahmenbedingungen erfordern neue Zielsetzungen
  3. Effektive Wege und Möglichkeiten die Veränderungsprozesse zu verlangsamen und das biologischer Alter zu reduzieren

Veränderung der Körper-Zusammensetzung und Stoffwechselprozesse mit zunehmendem Alter

Mit dem zunehmenden Alter verändern sich unzählige Dinge im menschlichen Körper, die Einfluss auf unterschiedliche Aspekte der körperlichen Leistungsfähigkeit haben. Natürlich spielt immer auch die Konstitution und genetische Prädisposition des jeweiligen Individuums eine gewisse Rolle – Ausnahmen wird es daher immer mal wieder geben.

Veränderungen in der Muskulatur

Grundsätzlich ist es so, dass die Ausdauerleistung weniger stark mit dem Alter abnimmt, als die schiere Muskel- und Schnellkraft. Das erklärt unter anderem, warum vor allen in Ausdauersportarten wie Laufen, Radfahren und auch Triathlon, die besten Athleten das 30. Lebensjahr oft bereits deutlich überschritten haben.

In Sportarten bei denen es vor allem auf Schnell- und Maximalkraft ankommt, sieht die Welt anders aus. Da wird im Spitzenbereich für viele die Luft bereits dünn, sobald das 30. Lebensjahr in Sichtweite gerät.

Der Grund: Typ 2 Muskelfasern (fast-twitch) – die schnell und kräftig kontrahieren und somit hauptsächlich für unsere Maximal- und Schnellkraft verantwortlich sind  – nehmen mit dem Alter deutlich schneller ab, als Typ 1 Fasern (slow-twitch), welche langsamer und mit weniger Kraft, dafür aber über einen längeren Zeitraum in immer wiederkehrender Folge kontrahieren.

Das liegt in erster Linie daran, dass in Typ 2 Muskelfasern, die Anzahl der für Regeneration und Wachstum nötigen Satellitenzellen,  deutlich abnimmt und der Körper so schlicht weniger gut in der Lage ist, Typ 2 Fasern zu reparieren und am Leben zu halten. Im Unterschied dazu konnte dieser altersbedingte Verlust an Satellitenzellen bei Typ 1 Muskelfasern in diesem Maße nicht festgestellt werden.

VO2max sinkt um circa 10 % pro Dekade

Kommen wir zurück zur Ausdauerleistung. Denn auch wenn diese länger vom Altern verschont bleibt, so kommt irgendwann der Punkt, an dem auch die Ausdauer mit dem Alter abnimmt.

Beim durchschnittlichen Menschen sinkt die Ausdauerleistung in Form der VO2max um circa 10 Prozent pro Dekade. Ein Faktor dabei ist das altersbedingten Absinken der maximalen Herzfrequenz, welches zusätzlich für eine Reduktion der pro Zeiteinheit bewegten Blutmenge sorgt. Aber es gibt Hoffnung: Denn gezieltes Training kann die Reduktion der VO2max deutlich verlangsamen. Mehr dazu weiter unten.

VO2max declines at the rate of about 10% per decade beyond the age of 25 years. Masters athletes tend to have a decline in VO2max that is about half the rate of nonathletes.

RMR (Resting Metabolic Rate) – Der Grundumsatz sinkt

Das ist eine echt doofe Nachricht. Mit dem Alter sinkt unser Grundumsatz. Zum einen mag das daran liegen, das mit dem Altern bei vielen auch die fettfreie Körpermasse, hauptsächlich Muskulatur, durch mangelndes Training abnimmt. Weniger Muskulatur bedeutet weniger Energieverbrauch und somit ein niedrigerer Grundumsatz.

Das mag erklären, warum der ein oder andere im Alter gerne mal ein kleines oder auch größeres Bäuchlein entwickelt.

Doch das ist nur der eine Teil der Gleichung, denn nun ist es leider so, dass der Grundumsatz mit dem Alter in einem Maße sinkt, welches nicht ausschließlich mit dem Verlust von fettfreier Körpermasse erklärt werden kann. Das heißt egal wie „fit“ wir uns halten, der Grundumsatz wird sinken.

Reparaturprozesse benötigen mehr Zeit

Wahrscheinlich der Punkt, den man mit am direktesten am eigenen Leib zu spüren bekommt. Nach sportlich anspruchsvollen Aktivitäten braucht es länger, bis man sich wieder fit und regeneriert fühlt. Das ist nicht nur ein Gefühl, sondern ein Fakt. Mit dem Alter nimmt die Regenerationsfähigkeit des Körpers merklich ab. Die exakten biochemischen Ursachen sind bisher nicht in Gänze geklärt.

Klar ist allerdings, dass mit dem Altern die Anzahl und auch die Funktion der Stammzellen in der Muskulatur abnimmt. Daher ist es in diesem Fall eine einfache Gleichung: Weniger und schlechtere Stammzellen = Weniger und schlechtere Regeneration. Dennoch ist auch hier nicht alle Hoffnung verloren. Mehr dazu weiter unten.

Neue Rahmenbedingungen: Clever sein und die Zielsetzung anpassen

Irgendwann kommt man an den Punkt, da muss man sich von dem Gedanken an neue Bestzeiten verabschieden. Ich glaube sofort und kenne es teilweise bereits aus eigener Erfahrung, dass es stark demotivierend sein kann, wenn man an diesen Punkt gelangt. Hier sollte es helfen, sich vor Augen zu führen, warum man Sport treibt, sich gut ernährt und vielleicht auf die ein oder andere Versuchung verzichtet.

Trainiere nicht für Bestzeiten – und somit eher für das eigene Ego – sondern trainiere für Lebensqualität, Gesundheit und frag‘ dich, wie du dich gerne im Alter von 80, 90 oder sogar 100 Jahren noch durchs Leben bewegen möchtest?

DAFÜR lohnt es sich, auch jenseits der Bestzeitenjagd, aktiv zu bleiben. Dieser Gedanke setzt zumindest bei mir eine große Menge an Motivation frei.

Effektive Wege und Möglichkeiten die Veränderungsprozesse zu verlangsamen und das biologische Alter zu reduzieren

Ich will hier natürlich nicht einfach nur darlegen, dass wir alle mit der Zeit zwangsweise schlapper werden und irgendwann in unsere Bestandteile zerfallen. Denn es gibt diverse Möglichkeiten, um mit zunehmendem Alter weiterhin leistungsfähig zu sein oder sogar neu zu werden.

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1. Ausdauersport senkt das biologische Alter

Erstmal ganz grundlegend: Regelmäßiger Sport, vor allem Ausdauersport, hilft die Fitness hochzuhalten und kann die abnehmende Leistungsfähigkeit des Körpers deutlich verlangsamen. Man spricht hier von einem Unterschied von bis zu 10 Jahren beim biologischen Alter.

Das biologische Alter gibt den Gesundheitszustand im Vergleich zum Durchschnitt an.

Einfach gesagt: Man kann als 40-Jähriger somit einen körperlichen Zustand eines durchschnittlichen 30-Jährige erlangen. In meinem Fall würde ich sagen: Check!

Die dahinter steckenden Mechanismen sind sicher vielfältig. Allerdings konnte in unterschiedlichen Studien gezeigt werden, das regelmäßiges, intensives Ausdauertraining die Rate der VO2max-Reduktion, im Vergleich zu Nicht-Sportlern, halbiert. Gleichzeitig wird durch das Ausdauertraining die Rate der Reduktion der maximalen Herzfrequenz gesenkt. Kurz gesagt: Mit Ausdauersport bleibt man fitter und somit biologisch jünger. Liegt ja aber auch irgendwie auf der Hand und ist jetzt nicht verwunderlich.

2. Krafttraining – Die ultimative Waffe gegen das Alter

Das Naheliegende haben wir abgefrühstückt – Es folgt der aus meiner Sicht wichtigste Punkt: Das Krafttraining. Natürlich nicht nur im Alter wichtig, aber besonders dann! Denn es setzt diverse positive Prozesse in Gang, gerade für alternde Athleten! Außerdem konnte in Studien gezeigt werden, das selbst, wenn man erst im hohen Alter von deutlich über 60 Jahren mit dem Krafttraining beginnt, in kürzester Zeit positive Effekte festzumachen sind.

Das richtige Krafttraining erhält und stärkt die wichtigen Typ-2 (fast-twitch) Muskelfasern  und schützt und kräftigt auf diesem Weg zusätzlich Bänder und Sehnen. Außerdem erhöht Krafttraining die Knochendichte und beugt Osteoporose vor. Zusätzlich verlangsamt Krafttraining, durch den Erhalt oder das Wachstum der Muskelfasern, das Absinken des Grundumsatzes.

Ebenfalls fördert Krafttraining die Produktion von wichtigen Hormonen, wie Testosteron, welches für unzählige Aufbau-, Reparatur- und Regenerationsprozesse im Körper benötigt wird.

On top verbessert, vor allem das Training im Maximalkraftbereich,  die neuronale Ansteuerung der Muskulatur, sowie die intramuskuläre Koordination. Das heißt, dass die Muskulatur vom Gehirn effizienter und präziser gesteuert werden kann.

Für alternde Sportler ist Krafttraining, aus meiner Sicht, die wichtigste und beste Waffe, um langfristig leistungsfähig zu bleiben

Doch was ist überhaupt richtiges Krafttraining? Der geneigte Ausdauersportler mag‘ jetzt vielleicht mit „Ich mach‘ doch regelmäßig Stabi-Training“ um die Ecke kommen. Stabi-Training ist kein Krafttraining. Krafttraining fängt dann an, wenn man Gewichte in Hand nimmt. Am effektivsten ist die Arbeit mit freien Gewichten und komplexen Übungen, die sich dadurch kennzeichnen, dass sie das Zusammenspiel von verschiedenen Muskelgruppen voraussetzen. Bekannte Übungen aus dieser Kategorie sind beispielsweise Kreuzheben und Kniebeugen mit der Langhantel.

Ich selber bin außerdem ein großer Fan von Kettlebell-Training. ABER: Jetzt nicht direkt zur  nächsten und größtmöglichen Hantel laufen und einfach loslegen. Beim Training mit freien Gewichten kann man eine Menge falsch machen. Wenn das Thema also neu für dich ist, dann such‘ dir einen erfahrenen Trainer, der dir die enorm wichtigen Grundlagen in Sachen Bewegungsausführung beibringt und dich Schritt für Schritt an den richtigen Umgang mit freien Gewichten heranführt.

Weitere Artikel zum Thema Krafttraining:

3. Regeneration unterstützen: das richtige Timing und die richtige Ernährung

Abschließend will ich noch auf Möglichkeiten zur Unterstützung der Regeneration eingehen. Zuerst das Naheliegende: Wenn der Körper langsamer regeneriert, dann sollte man ihm schlicht die Zeit geben, die er braucht. Tut man das nicht, so wird man sich irgendwann zwangsweise mit Überlastungsverletzungen auseinandersetzen müssen. Also: Gönnt dem Körper die Zeit, die er braucht, um seine Regenerationsprozesse entsprechend abzuschließen.

ABER: Es gibt natürlich die Möglichkeit, auch mit zunehmendem Alter, die für die Regeneration benötigte Zeit zu verkürzen und die Rate der Abnahme der Regenerationsfähigkeit zu verringern.

Zu diesem Thema alleine erwartet euch demnächst eine ganze Artikelserie. An dieser Stelle beschränke ich es auf eine Liste an Möglichkeiten, mit denen man sich auseinandersetzen sollte:

  1. Dem Körper mehr Zeit zur Regeneration geben
  2. Enorm wichtig: Ausreichender und guter Schlaf
  3. Aktive Regeneration zur Förderung der Durchblutung und somit Nährstoffversorgung in das Training und den Alltag integrieren: Spazieren, lockeres Radfahren, Schwimmen, Yoga, etc…
  4. Die richtige Ernährung unterstützt die Regeneration und hilft bei der schnelleren Beseitigung von Entzündungsprozessen. Ein paar meiner Lieblinge: Kurkuma, Sauerkirsche, Ingwer, Omega-3-haltige Lebensmittel wie z.B. Lachs.
  5. Regelmäßiges Arbeiten mit der Faszienrolle
  6. Bewegung im Alltag (niedrige Intensität)

Weitere Artikel zum Thema Regeneration:

Für alle älter werdenden Sportler gilt: Train smarter, not harder!

Titelfoto: Christian Siedler

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3 Kommentare

  1. Sehr schöner Artikel. Danke!
    Dass Gebrauch der Muskeln auch im oberen Belastungsbereich (Kraft) Teil einer aktiven Maßnahme gegen das biologische Altern sein kann, leuchtet mit ein. Warum es unbedingt Training mit Gewichten sein muss, passt mir gar nicht 🙂
    Klar, die Ansteuerung der Muskeln und Kraftkoordination. Aber gibt es nicht auch genug Übungen ohne Gewichte? Ich hatte noch nie Lust auf Muckibude. Kann ein Training ohne Gewichte zuhause und unterwegs nicht auch den gewünschten Effekt haben?
    Und dann noch die Frage: Meine Muskeln reagieren auf richtiges Krafttraining auch noch mit 59 durch Wachstum. Eigentlich ja nett – das befriedigt meine Eitelkeit – stört das hohe Gewicht aber beim Triathlon. Gibt es da Tipps?

    Herzlichen Dank und ich bin gespannt auf die Serie
    Stefan

  2. Hi Stefan! Natürlich kann man einige Muskeln auch ohne Zusatzgewichte ordentlich belasten, vor allem natürlich den Oberkörper und Teile des Rückens. Aber gerade wenn es um Knochendichte-Zunahme und vor allem generell den Unterkörper geht, dann muss man schon ein paar Kilo dazu nehmen, um einen wirklichen Effekt zu erzielen. Kniebeugen ohne Gewicht sind zB zwar gut für die Kraftausdauer, haben aber darüber hinaus kaum Wirkung in den „wichtigen“ Bereichen. Das gleich gilt für’s Kreuzheben, meine absolute Lieblingsübung… aber ohne ordentlich Zusatzgewicht eher witzlos.

    Wenn du zuhause trainieren willst, dann kann ich nur empfehlen einfach ein paar Kettlebells zu kaufen. Das erste Workout haste dann schon, wenn du sie bei der Post abholen musst. 😀

    Ich denke bis man in Regionen kommt, wo die Muskulatur tatsächlich störend wird, vor allem als Hobbysportler… da muss man schon einiges an Muskelkilos zulegen und das geht nicht soooo schnell. On top wär’s mir selber ziemlich egal, da geht bei mir Fitness und Gesundheit vor Wettkampfergebnis.

    Beste Grüße,
    Jan